Mit Schweinemützen
Pegida Nürnberg feiert Jahrestag nur in kleiner Runde
Rund hundert Teilnehmer erschienen zum ersten Geburtstag von Pegida Nürnberg. Der Versammlungsleiter distanzierte sich von den anwesenden Neonazis. Die folgenden Redner belegten dann allerdings eindrucksvoll, warum sich auch der Ableger aus Mittelfranken im nächsten Verfassungsschutzbericht wiederfinden wird.
Im kleinen und überschaubaren Rahmen beging Pegida Nürnberg sein einjähriges Bestehen. Nach den Querelen um den von Neonazis gesteuerten Ableger Nügida, in dem Rainer Biller und Dan Eising von der Partei Die Rechte die Fäden zogen, wurde ein neues Organisationsteam gegründet, das unter dem neuen Namen zu "Spaziergängen" mobilisierte. Zwar nicht sonderlich erfolgreich, aber dennoch größer als Nügida, die bald darauf ihre Aktivitäten einstellten. Aber auch der Ableger um den früheren Funktionär der Partei Die Freiheit demonstriert nur noch ein Mal pro Monat und unterstützte zwischendurch die rechte Initiative „Sichere Heimat“, die von Russlanddeutschen getragen wird.
Zu jeder Feier gehören auch uneingeladene Gäste. Eising ließ es sich nicht nehmen, in kleiner Gruppe, verstärkt aus Oberfranken, vorbeizuschauen. Tegetmeyer distanzierte sich explizit von den anwesenden Neonazis, zum Gehen ließen sie sich nicht bewegen. Kleiner Blick nach München: dort ist Eising bei Pegida willkommen. Auch nicht speziell eingeladen waren die laut Polizei rund 200 (nach eigenen Angaben ca. 350) Gegendemonstranten, die zeigten, dass sie mit dem Programm und den Inhalten nicht einverstanden waren.
Pegida liebt Schweine
Auch ein Motto hatte die Feier. Sie stand unter dem Schwerpunkt "Sauerei". Mehrere Aktivisten, darunter Tegetmeyer selbst und Redner Michael Stürzenberger trugen rosa Schweinemützen. Es war eine Solidaritätsaktion für den ebenfalls anwesenden Niederländer Edwin Wagensveld, der in der letzten Zeit in Holland deswegen Schwierigkeiten mit der holländischen Polizei hatte. Auch Dort sind die Behörden offenbar nicht gewillt, sich das gesellschaftliche Klima durch Hetzer und gezielte Provokationen vergiften zu lassen.
Analog zur in Schleswig-Holstein von der CDU angestoßenen Debatte um den Genuss von Schweinefleisch, die Muslime nicht zum Verzehr zwingen wolle, ging es auch bei Pegida Nürnberg häufiger ums Schwein. Als eine Sauerei", also geflügelt im Wortsinn, empfand es Stürzenberger, dass auch die Mittelfranken seit Dezember vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Der 51jährige mit der Schweinemütze tat so, als läge dies an der Beteiligung anfangs erwähnter Neonazis.
Dabei dürfte es keine große Überraschung sein, wo Tegetmeyer & Co im nächsten Bericht eingruppiert werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit in der eigens für Stürzenberger erschaffenen Kategorie der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit. Mehrfach haben ihm Gerichte bestätigt, dass er mit seinen Thesen in eklatanter Weise gegen die im Grundgesetz festgeschriebene Religionsfreiheit agiert und Pegida Nürnberg steht ihm da in nichts nach.
Stürzenberger wollte erneut höchstens Christen aus dem Nahen Osten als Flüchtlinge aufnehmen. Muslime könnten sich ja in die Obhut Assads begeben. Den Islam bändige man nicht mit Demokraten, verniedlichte er den syrischen Diktator. Ob die aufzunehmenden Juden und Jesiden dann gemäß ihren religiösen Vorschriften auch Schweinefleisch meiden dürften, kam dagegen nicht zur Sprache.
Alles faschistisch, sogar die Kirche
Für den wegen seiner Pegida-Auftritte ins Abseits geratenen Trauerredner Ernst Cran war alles außer Pegida faschistisch. Die Gegendemonstranten sowieso, mit Bezug auf Hamed Abdel-Samad auch der Islam und neuerdings die katholische Kirche. In seiner Beschreibung des Faschismus, die zunächst wie eine Zusammenfassung der Aussagen Stürzenbergers klang, schien es aber eher um eine Abrechnung mit der Kirche zu gehen, die in der Flüchtlingsfrage und des religiösen Miteinanders einen fundamental anderen Weg eingeschlagen hat, als Pegida ihn gerne hätte.
Bekannt wurde die Woche, dass auch der Bamberger Erzbischof Schick, der mehrmals gegen die Islamhasser Stellung bezogen hatte, ebenfalls schon Morddrohungen erhalten hatte.
Extrem rechte Konsensthemen
Zu Wort kam auch eine Rednerin aus Öhringen, die für eine dortige „wacht auf“-Initiative sprach. In ihren Ausführungen ließ sie kaum ein extrem rechtes Konsensthema aus: Antiamerikanismus, Antifeminismus und homophobe Gedankenspiele, aufbereitet als „Diskussion um Volker Beck“. Ihre Erklärung, in welcher Gesellschaft sie leben wolle, klang stark nach den Rechtfertigungen, die auch die NPD-Spitze vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe präsentierte. Gemischt wurde das mit Antikapitalismus, ein Seitenhieb auf die „Internationale Hochfinanz“, von manchen als antisemitische Chiffre gebraucht, durfte da nicht fehlen. Der Rest war Pegida-Alltag. Ein „Matthias aus der Pfalz“ präsentierte die üblichen Untergangsszenarien, am „Spaziergang“ nahm laut Stürzenberger auch ein Vertreter des Front National teil.