Pegada statt Pegida

Obskure Gruppe wettert gegen angebliche Amerikanisierung – für Samstag ist eine vierstündige Kundgebung in Erfurt angemeldet.

Donnerstag, 22. Januar 2015
Horst Freires

Seit etwas mehr als vier Wochen existiert virtuell im Internet eine Gruppe die sich „Pegada“ nennt und ihre Abkürzung mit „Patriotische Europäer gegen Amerikanisierung des Abendlandes“ erklärt. Hinter der Organisation, die für den 24. Januar vor dem Hauptbahnhof in Erfurt eine vierstündige Kundgebung angemeldet hat, stecken Aktivisten aus der bundesweit verstreuten Mahnwachen-Bewegung, die sich als Friedensbotschafter verstehen, dabei aber einen argumentativen Mix aus Verschwörungstheorien und reichsideologischen Phantasien mit klaren Feindbildern auftischen.

Neben den USA sind dies vornehmlich Israel und die Juden. Dazu geht man mit pauschaler Medienkritik und einer Ablehnung des internationalen Geld- und Finanzsystems an die Öffentlichkeit. Das anstehende Treffen steht unter dem Motto „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“ (Endgame). Beworben wird die Zusammenkunft unter anderem mit einem Interview beim russischen Netzportal „news-front“, für das Konstantin Stößel (Mahnwache Erfurt) zur Verfügung steht. Er rechnet nach eigenen Angaben mit rund 1000 Teilnehmern. Stößel selbst gehört zu den angekündigten Rednern. Ferner sollen bei der Kundgebung Frank Geppert (Mahnwache Halle), Viktor Seibel (Mahnwache Kassel), Robert Spitzner und Stephane Simon sprechen. Letzterer war 2013 aktiv bei einer von der NPD gesteuerten Anti-Moscheebau-Initiative in Leipzig und trat im Vorjahr zweimal als Redner bei Pegida in Dresden auf.

„Rücktritt der BRD-Schandregierung“

Pegada grenzt sich von Pegida ab und sieht nicht die „Islamisierung sondern die allvorherrschende Amerikanisierung“  als Problem an. Inhaltlich gibt es bei der Medienschelte und Kritik am politischen System allerdings Schnittmengen. Genau wie die Dresdener Initiative, die auf große öffentliche Aufmerksamkeit gestoßen ist, hat Pegada sich ein 16-Punkte-Programm auf seine Fahnen geschrieben. Das Vokabular von Forderungen ist da keineswegs verräterisch zweideutig. Vorrangig für den Frieden werbend, werden eine „Beendigung der Besatzung der BRD“ artikuliert, dazu die „Wiederherstellung der Souveränität Deutschlands“ und Friedensverträge angemahnt. Ferner wirbt man unter anderem für einen „sofortigen Austritt aus der Nato“, für eine Aufhebung der Russland-Sanktionen, gegen die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens wie CETA und TTIP, für die Beendigung einer Medienmanipulation und eine freie Presse, für Reformen im Wirtschafts-, Zins- und Finanzsystem sowie gipfelnd in der Aufforderung nach einem „Rücktritt der BRD-Schandregierung“. Internetbeiträge bei Pegada nehmen unter anderem Bezug oder weisen auf Verschwörungsikonen wie Andreas Popp oder Holger Strohm hin. Mit einer vermeintlich sozialen Ausrichtung und antiimperialistischem Duktus will man offenbar auch im politisch linksalternativen Spektrum „fischen“.

Für eine Teilnahme an der Kundgebung in Erfurt und die Inhalte von „Pegada“ wird unter anderem aus dem Umfeld der Rechtsrock-Band „Sonderkommando Dirlewanger“ (SKD) geworben. Neuerdings bekennt sich auch die Hool-Truppe „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) zu der neuen Gruppierung, indem sie sich gleichzeitig von „Pegida“ abwendet. Sie versichert den Anti-Amerikanern ihre Solidarität, „weil wir diese Bewegung für authentisch und ungesteuert halten.“ Die HoGeSa-Abspaltung „Gemeinsam stark“ kündigt unterdessen ein erstes eigenes Auftreten in Ostdeutschland am 15. März an – ebenfalls in Erfurt.

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