Online-Propaganda für angeklagten Neonazi

Der militante russische Neonazi Maxim Martsinkewisch muss bis 10. April in Untersuchungshaft bleiben – über soziale Netzwerke mobilisieren seine Anhänger um Unterstützung.

Donnerstag, 13. Februar 2014
Rudolf Kleinschmidt

Nach einer Anhörung vor einem Moskauer Gericht wurde die Untersuchungshaft für den militanten russischen Neonazi Maxim Martsinkewisch jetzt bis zum 10. April verlängert. Damit wurde auch der Antrag der Anwälte Martsinkewischs abgewiesen, den angeklagten Neonazi auf Kaution freizulassen oder die Haft in Hausarrest umzuwandeln. Als Grund wurde die offensichtlichen Fluchtgefahr und das drohenden Unter-Druck-Setzen von Zeugen angeführt. Vor einem Moskauer Gericht war der Neonazi am 13. Dezember 2013 in Abwesenheit wegen Aufwiegelung zum Hass gegen soziale und ethnische Gruppen angeklagt. Ende vergangenen Jahres versuchte Martsinkewisch, sich diesem Verfahren durch Flucht zuerst in die Ukraine, dann über Frankfurt nach Kuba zu entziehen. Dort wurde er im Januar abgeschoben und in Moskau bei seiner Ankunft verhaftet. (bnr.de berichtete)

Martsinkewisch ist bereits als Kopf der militanten Neonazigruppe „Format 18“ vorbestraft – schon diese Gruppe filmte ihre brutalen Übergriffe und Misshandlungen und stellte die Filme, oft mit Neonazi-Musik hinterlegt, ins Internet. Nach einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe begann Martsinkewisch unter dem Namen „Occupy pedofilyay“ eine Terrorkampagne gegen Homosexuelle, Betrunkene oder Drogensüchtige. Diese werden von ihm und seinen Anhängern zum Teil stundenlang erniedrigt, misshandelt und gefoltert. Mittlerweile ist daraus eine brutale Neonazi-Bewegung geworden, die unter diesem und ähnlichen Namen in zahlreichen Gruppen in Russland und angrenzenden Staaten aktiv ist. Wie zuvor bei „Format 18“ werden die Übergriffe gefilmt und Videos der Torturen über das Internet verbreitet. Dort kursieren mittlerweile hunderte dieser menschenverachtenden Gewaltvideos. Die russischen Behörden ermitteln seit dem vergangenen Jahr gegen Martsinkewisch – nach Anzeigen gegen ihn, aber auch wegen des internationalen Protests aufgrund der Misshandlungen ausländischer Opfer durch seine Bewegung.

„Occupy pedofilyay“-Bewegung wirbt um Spenden

Für Martsinkewisch und seine Anhänger ist das Internet maßgebliches Propagandamittel. So startete er mit seiner Flucht eine Online-Petition gegen seine Strafverfolgung, die mittlerweile von knapp 70 000 Internet-Usern aus verschiedenen Ländern unterzeichnet wurde, darunter mindestens 30 aus Deutschland. Über die integrierten Social Share-Funktionen wurde diese Petition auf 7000 Profilen verschiedener sozialer Netzwerke, darunter auch Facebook, geteilt und weiterverbreitet. Unterstützung sollen seine Anhänger auch durch direktes Anschreiben von Behörden zeigen. Entsprechende Vorlagen, die die Freilassung Martsinkewischs und ein Ende des Verfahrens fordern, werden in mehreren Varianten zum Download angeboten. Zudem wird über Profile der „Occupy pedofilyay“-Bewegung immer wieder um Spenden geworben, mit denen angeblich die Anwaltskosten et cetera gedeckt werden sollen, oder zu Solidaritätsbekundungen in Wort, Bild oder Video aufgerufen, die dann über die zahlreichen Profile der Gruppen weiterverbreitet werden. Und nach wie vor veröffentlichen seine Anhänger Videos brutaler Übergriffe und brüsten sich mit ihren brutalen „Safaris“.

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