Verschwörungsideologe

Oliver Janich auf den Philippinen verhaftet

Einer der reichweitenstärksten Verschwörungsideologen Deutschlands soll heute auf den Philippinen von den dortigen Behörden verhaftet worden sein. Die Hintergründe sind derweil noch unklar und Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Die rechte Telegram-Szene sieht die Verhaftung als Bestätigung für eine vermeintliche Verfolgung Andersdenkender.

Mittwoch, 17. August 2022
Florian Schäfer
Oliver Janich als Redner auf einer Montagsmahnwache im Jahr 2014, als er noch in Deutschland lebte, Foto: Alena Laqua, CC BY-NC-SA 2.0
Oliver Janich als Redner auf einer Montagsmahnwache im Jahr 2014, als er noch in Deutschland lebte, Foto: Alena Laqua, CC BY-NC-SA 2.0

Der 2015 auf die Philippinen ausgewanderte, reichweitenstarke Verschwörungsideologe Oliver Janich soll heute verhaftet worden sein. Dies gab heute Mittag Stefan Magnet, Chefredakteur der rechten österreichischen Online-Platform "AUF1", auf Telegram bekannt. Magnet und Janich wollten nach eigener Aussage im Zuge eines Interviews heute eigentlich „über neue Erkenntnisse zur Freimaurerei [und] über Geheimgesellschaften“ sprechen. Kurz vorher habe ihm der QAnon-Anhänger Janich jedoch mitgeteilt, dass er gerade verhaftet werde. Er soll auf einem Boot zum Flughafen in Manila gebracht und von dort angeblich nach Deutschland ausgeliefert werden. Die Auslieferung hätte ein deutsches Gericht beantragt.

Tatsächlich sind die Hintergründe der Verhaftung weiterhin unklar und Gegenstand diverser Spekulationen. So vermutet Magnet, „dass es sich um den Vorwurf eines privaten Strafdelikts  […] und nicht vordergründig um ein Meinungsdelikt“ handelt. Er habe laut eigener Aussage eine „erste inoffizielle Bestätigung“ erhalten, nach derer die Verhaftung im Kontext einer „Involvierung in ein Gewaltdelikt“ zu sehen sei. Kurz darauf wurde jedoch von Jan Walter, Betreiber des esoterisch-verschwörungsideologischen Online-Blogs „legitim.ch“, eine gegenteilige Darstellung der Situation präsentiert.

Meinungsverbrechen oder „private Angelegenheit“?

Nach dieser soll es zwar tatsächlich zu einer Verhaftung durch „rund 50 schwerbewaffnete NBI-Agenten“ gekommen sein. Grund dafür soll aber vielmehr „Hassrede auf sozialen Netzwerken“ sein. Die Agenten des philippinischen „National Bureau of Investigation“ hätten dabei „in Absprache mit der deutschen Botschaft gehandelt.“ Diese Darstellung wurde später auch in einem gemeinsamen Livestream mit den rechten und verschwörungsideologischen Video-Bloggern Oliver Flesch, Sebastian Verboket und Miró Wolsfeld auf der unter Rechten beliebten Plattform „GETTR“ verteidigt.

Walter, der die Verhaftung im Zusammenhang mit einem vermeintlichen „Krieg gegen die Wahrheitsbewegung“ sieht, gab an, seine Informationen von einem Freund Janichs bezogen zu haben, der direkt von Janich beauftragt wurde, die Verhaftung nach außen zu tragen. Die Spekulationen über die Ursache der Verhaftung konnte dies trotzdem nicht beruhigen. So wurde neben einem „Meinungsverbrechen“ auch die Möglichkeit einer „privaten Angelegenheit“ diskutiert: Laut Flesch soll Janich in Konflikt mit dem Ex-Freund seiner aktuellen Partnerin stehen. Aus Eifersucht soll ihn dieser mit „Falschbeschuldigungen aller Art“ überziehen.

Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen Janich

Auch wenn von Seiten der deutschen Behörden bislang noch keine Bestätigung über eine Auslieferung Janichs mit den Philippinen vorliegt, gab die Staatsanwaltschaft München gegenüber dem „Spiegel“ bekannt, dass derzeit Ermittlungen gegen den ehemaligen Wirtschaftsjournalisten geführt werden. Es bestehe der Verdacht, „dass der Beschuldigte im Jahr 2020 bzw. 2021 – jeweils öffentlich über Telegram – eine andere Person beleidigte, dazu aufrief, die Exekution einer prominenten Person durchzuführen und die Tötung damaliger Regierungsmitglieder von Bund und Ländern“ in Deutschland forderte. Ferner hätte der „Spiegel“ erfahren, dass die philippinischen Behörden tatsächlich „wegen des Verdachts einer Straftat gegen Janich“ ermitteln.

 

In der Tat wurde auf dem Telegram-Kanal Janichs, der im Zuge der Corona-Pandemie zu einem der radikalsten und einflussreichsten Verschwörungsideologen Deutschlands wurde, im Dezember des vergangenen Jahres die standrechtliche Erschießung aller Regierungsmitglieder gefordert. Außerdem gilt er als eines der ersten deutschen Sprachrohre für den antisemitischen US-amerikanischen QAnon-Mythos.

Die Bundesrepublik würde „ihre hässliche Diktatur-Fratze zeigen“

Auf Telegram machte die Nachricht von Janichs Verhaftung in den einschlägigen Kanälen schnell die Runde. Dabei dient sie den Akteuren vor allem zur Betonung des Narrativs einer vermeintlichen Verfolgung Andersdenkender in der Bundesrepublik Deutschland. Laut dem Identitären Martin Sellner würde der aktuelle Fall deutlich machen, dass man „nirgends auf der Welt vor dem Zugriff der deutschen Justiz sicher“ wäre. Die rechtsextreme Kleinstpartei der „Freien Sachsen“ schließt sich Sellners Einschätzung an: Die Bundesrepublik würde „sich politische Dissidenten weltweit“ holen. „Wer sich traut die Politik in diesem Land zu kritisieren“, wäre angeblich „an keinem Ort sicher vor den langen Fingern der Behörden.“

Typische Verharmlosungsstrategie der "Freien Sachsen", Foto: Screenshot
Typische Verharmlosungsstrategie der "Freien Sachsen", Foto: Screenshot

Dem rechtsextremen Video-Blogger Matthäus Westfal („Aktivist Mann“) zufolge würde die Bundesrepublik „ihre hässliche Diktatur-Fratze zeigen“. Auch stellt er die Sicherheit von weiteren ins Ausland abgetauchten rechten Aktivisten in Frage. Für Westfal steht derweil fest: „Sollte Oliver wegen politischer Verfolgung nach Deutschland kommen, werde ich vor seinem Gefängnis stehen.“ Und so scheint es, als hätte die Szene mit Janich eine neue Figur gefunden, die man zu einem politisch Verfolgten und Märtyrer stilisieren kann. In Anlehnung an den derzeit in Stuttgart inhaftierten Querdenker-Gründer Michael Ballweg schließt Westfal seine Sprachnachricht mit: „Free Oliver Janich“.

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