Ohrfeige für „wehrhafte Demokratie“
Erfurt/Weimar – Der Aufruf zu Protesten gegen den Landesparteitag der NPD von Thüringens amtierender Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit, Heike Taubert, war nicht rechtens. Das hat jetzt der Thüringer Verfassungsgerichtshof (VGH) in Weimar entschieden.
Mit Blick auf den bevorstehenden Parteitag der NPD im März 2014 hatte Heike Taubert (SPD) in einer Medieninformation auf der Homepage ihres Ministeriums die Thüringer aufgerufen „Zeigen Sie Rassismus und Intoleranz die rote Karte!“ und erklärt: „Wenn die Demokratie gefährdet, Toleranz missachtet und unsere Weltoffenheit aufs Spiel gesetzt werden, dann müssen wir dagegen gemeinsam etwas tun.“ Mit ihren Äußerungen habe sich die Ministerin zu Lasten der NPD in den Wahlkampf eingemischt, die Chancengleichheit der Parteien missachtet und ihre Neutralitätspflicht verletzt, hieß es in der Organklage der NPD, die im Oktober vor dem VGH in Weimar verhandelt wurde. (bnr.de berichtete) Mit der Klage wollte die NPD mit ihrem Anwalt Peter Richter feststellen lassen, dass Taubert die in der Verfassung verbrieften Grundrechte der NPD verletzt habe.
In ihrem Urteil berufen sich die Richter des VGH auf die Chancengleichheit der NPD „als nicht verbotene Partei“, die der öffentlichen Gewalt eine unterschiedliche Behandlung der Parteien untersage. In dieses Recht aber habe Taubert mit ihrem Protestaufruf eingegriffen. Weil sie als Ministerin und nicht als Privatperson gehandelt habe, könne sie sich auch nicht auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit berufen. Der Aufruf sei zudem keine rechtlich zulässige Öffentlichkeitsarbeit, sondern ergreife Partei zu Lasten der NPD, was wiederum zu einer Schmälerung ihrer Wahlchancen führen könne. Auch Tauberts Verweis auf das Prinzip der wehrhaften Demokratie wiesen die Richter zurück. Die SPD-Politikerin hatte vor Gericht erklärt, bei einer verfassungsfeindlichen Ideologie und ihrer Inhalte dürfe sie sehr wohl Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Bürger zum Protest gegen rechtes Gedankengut aufrufen. Dies rechtfertige nicht, dass „dass der Staat unmittelbar parteiergreifend tätig wird und seine neutrale Rolle aufgibt“, heißt es in dem Urteil. Die Entscheidung des VGH erging mit sieben Stimmen, zwei der neun Richter hielten den Antrag der NPD für unbegründet. (kb)