Oberfranken im Fokus der Nazis

Mittwoch, 03. Oktober 2012
Rüdiger Löster
Nazis demonstrieren am 30. Juli 2011 in Wunsiedel
Nazis demonstrieren am 30. Juli 2011 in Wunsiedel

Gleich zwei Naziaufmärsche sollen in den nächsten Wochen in Oberfranken stattfinden. Die NPD und ihre Jugendorganisation mobilisieren unter dem Motto „Wir oder Scharia“für den 20. Oktober nach Coburg und das „Freie Netz Süd“ (FNS) will am 17. November unter dem Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ in Wunsiedel demonstrieren.

Wunsiedel war bereits seit 1988 der Ort der jährlichen „Heß-Gedenkmärsche“, zu denen Nazis aus ganz Europa kamen. 2004 marschierten ca. 4000 Nazis durch Wunsiedel. Nach dem Verbot dieser Aufmärsche 2005 wurden sie– wenn auch mit weniger Teilnehmerzahlen - ersetzt durch „Jürgen-Rieger-Gedenkmärsche“. Jürgen Rieger, Organisator der „Heß-Gedenkmärsche“ verstarb 2009. In seinen letzten Jahren versuchte er intensiv, im Fichtelgebirge „nationale Zentren“ zu errichten und die dafür nötigen Immobilien zu erwerben. Die Stadt Warmensteinach vereitelte diesen Versuch, indem sie das Lokal „Puchtlerhof“ selbst erwarb.

Vor einem Jahr wurde in Absprache zwischen der Gemeinde Wunsiedel, der Kirche und der Familie Heß das Grab des Hitler-Stellvertreters aufgelöst. Die Hoffnung, dass damit Wunsiedel nicht mehr Wallfahrtsort der Nazis sein würde, hat sich bisher nicht erfüllt.

Bei der diesjährigen, anscheinend vom Nürnberger FNS-Funktionär Norman Kempken angemeldeten „Heldenverehrung“ der Nazis bietet das „Freie Netz Süd“ eine Reihe von prominenten Rednern auf: Uwe Meenen (Bund Frankenland, NPD Berlin), Thomas Wulff (Hamburg) und der FNS-Aktivist Matthias Fischer aus Fürth sollen dort Reden halten. Mobilisiert wird dazu mit einem altertümlich anmutenden Bild: ein Soldat kniet mit Marschgepäck betend vor einem Soldatengrab des ersten Weltkriegs. Das Soldatenbild ist eingerahmt von Eichenlaub.

Die Stadt Wunsiedel prüft derzeit die Möglichkeiten, den Aufmarsch zu verbieten.

In Coburg findet nun innerhalb kurzer Zeit die zweite Veranstaltung der NPD und ihrer Jugendorganisation statt. Erst am 8. September führte die NPD in der Nähe Coburgs ein Sommerfest durch. Gegen diese NPD-Veranstaltung fand nur ein Friedensgebet in der St. Matthäuskirche in Rottenbach statt, vor Ort bei der Nazi-Veranstaltung gab es keine Demonstrationen gegen die NPD. Dadurch offensichtlich ermutigt und unterstützt durch aktive örtliche Nazi-Gruppierungen wie dem „Fränkischen Heimatschutz“ soll jetzt eine antiislamische Demonstration durchgeführt werden. Die NPD gab lt. den uns vorliegenden Informationen bei der Anmeldung die Zahl von 200 erwarteten Teilnehmern an. In dem auf Facebook von der NPD-Jugendorganisation veröffentlichten Aufruf wird das Bild an die Wand gemalt, dass man „morgens nicht mehr von sanften Glockentürmen geweckt (wird), sondern ein muslimischer Prediger (..) vom Minarett unseren wohlverdienten Schlaf“ störe.

Auch hier ist die Rednerliste zahlreich mit NPD-Prominenz versehen: Michael Schäfer (Bundesvorsitzender der JN), Karl Richter (stellv. Bundesvorsitzende der NPD, Stadtrat der rechtsextremen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in München), Maik Scheffler (stellv. Landesvorsitzender der NPD Sachsen, Stadtrat von Delitzsch), Martin Krämer (Landesvorsitzender der JN Baden-Württemberg) sowie der „Stützpunktleiter“ der JN Franken/Oberpfalz Sven Diem.

Endstation Rechts.Bayern wird über geplante Gegendemonstrationen informieren, sobald uns darüber Informationen vorliegen.

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