Mittelfranken

Nur 60 Teilnehmer bei Pegida-Einheitsfeier in Nürnberg

Schwach besucht blieb trotz überregionaler Mobilisierung eine Veranstaltung des Pegida-„Mutterschiffs“ mit dem Nürnberger Ableger zum Tag der deutschen Einheit. Versammlungsleiter Tegetmeyer will sich zukünftig um AfD-Redner bemühen.

Mittwoch, 04. Oktober 2017
Thomas Witzgall
Blick auf die Pegida-Feier am Jakobsplatz
Blick auf die Pegida-Feier am Jakobsplatz

Weder der Feiertag noch die Wahlergebnisse der AfD konnten die Beteiligung an Pegida Nürnberg signifikant erhöhen. Der versammelten 60 Teilnehmer wirkten auf dem großen Jakobsplatz nicht minder verloren, als die 15 Anhänger, die dort vor wenigen Wochen zum „Gastspiel“ des Münchner Ablegers um Heinz Meyer erschienen waren.

Siegfried Däbritz und Wolfgang Taufkirch vom zentralen Organisationsteam aus Sachsen bekamen erneut zu sehen, wie wenig Pegida außerhalb Dresdens auf die Straße bekommt. Sie machten gute Miene zum bösen Spiel, bedankten sich für die Einladung und luden zum Gegenbesuch ein. Was der Nürnberger Ableger nach Dresden schicken könnte, dürfte dort kaum auffallen.

Wolfgang Taufkirch und Siegfreid Däbritz von Pegida Dresden
Wolfgang Taufkirch und Siegfreid Däbritz von Pegida Dresden

Wobei auch die Sachsen wieder mal einen Mobilisierungserfolg bräuchten. Dort wird alles auf den nächsten Geburtstag gesetzt. Dafür sei die Veranstaltung extra auf den größeren Platz verlegt worden.

„Ludendorfferin“ auf der Bühne

Erste Rednerin war die Schwäbin Sonnhild Sawallisch. Die junge Frau, die schon mehrfach in Nürnberg sprach, konterkarierte die Aussagen Tegetmeyers und Stürzenbergers, extreme Rechte auszuschließen. Meist wird die Aussage auf die ehemaligen Funktionäre der Partei Die Rechte, Rainer Biller und Dan Eising, verengt, die seit geraumer Zeit nicht mehr erschienen sind. Sawallisch wird der Ludendorff-Bewegung zugerechnet, die als antisemitisch eingestuft wird.

Gernot Tegetmeyer und Sonnhild Sawallisch
Gernot Tegetmeyer und Sonnhild Sawallisch

Die Aktivistin griff den Debattenbeitrag zur Leitkulturdebatte auf, den die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die Hamburger Politikerin Aydan Özuguz im Tagesspiegel veröffentlicht hatte. Allerdings ebenfalls nur in der verkürzten Gauland-Fassung. Özuguz hatte mit Blick auf die Thesen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière geschrieben:

„Deutschland ist vielfältig und das ist manchen zu kompliziert. Im Wechsel der Jahreszeiten wird deshalb eine Leitkultur eingefordert, die für Ordnung und Orientierung sorgen soll. Sobald diese Leitkultur aber inhaltlich gefüllt wird, gleitet die Debatte ins Lächerliche und Absurde, die Vorschläge verkommen zum Klischee des Deutschsein.

Kein Wunder, denn eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar. Schon historisch haben eher regionale Kulturen, haben Einwanderung und Vielfalt unsere Geschichte geprägt. Globalisierung und Pluralisierung von Lebenswelten führen zu einer weiteren Vervielfältigung von Vielfalt.“

Leitkultur bestimmt durch musikalisches Raten?

Um die Aussagen Özoguz´, beziehungsweise dem, was sie daraus machte, zu „kontern“, ließ Sawallisch von „DJ Gernot“ verschiedene klassische Musikstücke einspielen und Griff am Ende selbst zur Gitarre. Die Neue Rechte verwendet Kultur bekanntlich als ein dem Menschen anhaftendes Merkmal, ähnlich der Konstruktion aus den „Rasse-Theorien“, um dann danach mehr oder minder die Zugehörigkeit zu „Völkern“ zu zementieren.

Sollte Sawallisch mit ihrer Vorführung von Mozart oder Beethoven ähnliches im Sinn gehabt haben, so konterkarierte sie diese Ansinnen sogleich, als sie in die Runde fragte, wer die Stücke erkannt habe. Welchen Bezug dieses Musik vorspielen und raten zur Leitkultur-Debatte haben sollte, blieb fraglich.

Rednerin bedauert „Schuldkomplex“

Zuletzt wandelte sie die Özoguz-Aussagen dann noch so, als ob damit jede künstlerische Leistung klein geredet werden sollte. Empörend, aber auch ein Stück ihre Geisteshaltung verratend, fragte sie, ob den Deutschen nach einem „Schuldkomplex“ nun auch noch ein „Minderwertigkeitskomplex“ eingeredet werden sollte. Stürzenberger, der sich selbst für einen Kämpfer gegen Nazis hält, griff nicht ein.

Während der Rede Stürzenbergers: unsäglicher Vergleich - Schild soll in Nürnberg bleiben
Während der Rede Stürzenbergers: unsäglicher Vergleich - Schild soll in Nürnberg bleiben

Nicht verwunderlich, blickte er doch bereits bei Höcke über dessen Geschichtsbild hinweg. Im Grunde stellt der demokratische Konsens, mit dem Grundgesetz ein politisches System in bewusster Abkehr vom Nationalsozialismus zu schaffen, die größte Gemeinsamkeit der demokratischen Parteien dar. Es wäre das einzige, was im pluralistischen Staatswesen der BRD mit Recht als „Leitkultur“ bezeichnet werden könnte.

Pegida sucht seine Rolle im Verhältnis zur AfD

Andere Reden widmeten sich dem Wahlergebnis der Bundestagswahl. Es scheint, als sei Pegida auf der weiteren Sinnsuche. Einerseits wurde versucht, die AfD als „starker parlamentarischer Arm [der eigenen Bewegung] im Reichstag“ zu vereinnahmen. Andererseits wurde beschworen, die Partei brauche den Druck von der Straße als Antreiber. Däbritz sah mit Blick auf die sächsischen Ergebnisse schon eigene Leute auf Bürgermeisterposten.

Das AfD-Ergebnis  in Sachsen war größer Thema bei der Versammlung
Das AfD-Ergebnis in Sachsen war größer Thema bei der Versammlung

„Das Volk“ dürfte aber insgesamt ernüchtert gewesen sein, angesichts von 13 Prozent bei der zur „Volksabstimmung“ deklarierten Bundestagswahl mit einer Zustimmung deutlich hinter den Brexit-, Trump-, oder Hofer-Ergebnissen.

Wie in Dresden: AfD soll auch in Nürnberg auf die Bühne

Der Regensburger Tauchlehrer Erhard Brucker konnte so auch nicht verstehen, wie immer noch etwa zehn Prozent der Bevölkerung die Grünen wählten konnten, nur knapp hinter der AfD. Ihm war ebenso wie Tegetmeyer der auch am 3. Oktober begangene „Tag der offenen Moschee“ ein Dorn im Auge. Er hoffe, er könne auch noch den Tag der geschlossenen Moschee begehen, zumindest der salafistischen, schob er noch nach, was am Verstoß gegen die Religionsfreiheit nichts ändert.

Für Tegetmeyer sei der Tag ein Tag „der Deutschen“ und da sollten die Muslime nicht stören. Ein typischer fingierter Gegensatz für den als Islamfeind im Verfassungsschutzbericht geführten Pegida Nürnberg-Kopf. Einen neuen Termin hatte er für seine Anhänger noch nicht. Er wolle sich aber verstärkt um Redner aus den Reihen der AfD bemühen. Sie seien bisher immer eingeladen worden, würden sich aber noch zieren. Teilnehmer, die auch für die Partei aktiv sind, gibt es allerdings bei Pegida Nürnberg schon.

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