NSU: Urlaub mit Terrorplanung?
Offiziell machte das Rechtsterror-Trio aus Zwickau jahrelang nur Urlaub in Schleswig-Holstein. Neue Hinweise werfen Fragen auf.
Die Fotos zeigen Beate Zschäpe und ihre Urlaubsfreundinnen reitend auf einem Esel. Entstanden sein sollen sie 2011 im Eselpark nahe Lütjenburg bei Kiel. Während die Ermittler des Bundeskriminalamts den Fotos nachgingen, erreichte die Polizei in Schleswig-Holstein ein anonymes Schreiben mit dem Hinweis, dass der ehemalige Besitzer des Eselparks Eckart A. vor zwei, drei Jahren damit geprahlt habe, zwei „gute Freunde aus Sachsen“, die Urlaub auf Fehmarn machen würden, ihn besucht hätten. Bei den beiden würde es sich um „zwei junge Kämpfer“ handeln. Konfrontiert mit den Zschäpe-Fotos in seinem Eselpark, bestritt A., sie zu kennen und wollte auch von den beiden Sachsen nichts wissen.
Allerdings räumte A. seine NPD-Vergangenheit ein. So gehörte er in den 90er Jahren dem Kreisvorstand der NPD an und nahm Ende 2004 auch an der Wahlveranstaltung in Steinburg teil, die mit Steinewürfen und gefährlichen Angriffen endete. Szenekennern zufolge soll A. ein großzügiger Geldgeber und enger Kamerad von Heino Förster gewesen sein.
Terrorhelfer G. bei Konzert im „Club 88“ in Neumünster
Der ehemalige NPD-Funktionär wurde bereits 1994 zu vier Jahren Haft wegen eines Anschlags auf ein Asylbewerberheim in Boizenburg verurteilt. Ein „nationaler Märtyrer“ ganz im Sinne von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, die sich bereits in frühen Jahren sehr für inhaftierte Kameraden interessierten.
Das „Schleswig-Holstein-Magazin“ des NDR in Kiel berichtete am Donnerstagabend über die zahlreichen Aufenthalte der NSU-Terroristen in dem nördlichen Bundesland. Bereits Mitte der 90er Jahre lernte Uwe Mundlos bei der Bundeswehr eine Person aus Quickborn kennen und führte diese in seiner 1998 beschlagnahmten Telefonliste auf. Im Jahr 2002 machten Böhnhard, Zschäpe und Mundlos gemeinsam mit ihrem Unterstützer Holger G. aus Hannover Urlaub in der Nähe von Flensburg. Ein Jahr später beteiligte sich Neonazi Holger G. gemeinsam mit Kameraden aus Hannover an einem Aufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung und anschließend an einem Konzert im „Club 88“-Umfeld in Neumünster. Zu den „Club 88“-Unterstützern gehörten damals auch Aktivisten von „Blood&Honour“ und „Combat 18“, die wiederum beste Kontakte zum niedersächsischen Kreis um G. hatten.
Waffen für Anschlag in Kiel gekauft?
2004 verbrachte Terrorhelfer Holger G. wieder ein paar Tage mit dem Trio an der Ostsee, diesmal in Lübeck. Nicht weit entfernt davon war im selben Jahr Mehmet Turgut in Rostock erschossen worden. Aus dem Jahr 2005 fanden sich dann Sequenzen von einem Neonazi-Aufmarsch in Schweden im Bekennervideo der NSU. 2006 und 2007 sollen Mundlos und Böhnhard in Stralsund eine Bank zwei Mal überfallen haben.
Ab 2007 verbrachte das Terror-Trio dann seine Urlaube auf Fehmarn oder in der Nähe von Neustadt in Holstein. 2009 wurden die drei Neonazis im Nachhinein von einem Rocker-Aussteiger beschuldigt, Waffen für einen Anschlag auf ein linkes Zentrum in Kiel bei ihm gekauft zu haben. Die Generalbundesanwaltschaft schenkt dem langjährigen Rechten und ehemaligem „Hells Angels“-Freund keinen Glauben. Tatsächlich aber war das Trio 2009 in Schleswig-Holstein unterwegs, besuchte Zeugenaussagen zufolge unter anderem den Hansa-Park.
2010 kaufte sich Mundlos Surfausrüstung auf Fehmarn, rund sechs Wochen Urlaub verbrachten die drei in Holstein. Im selben Jahr wurde mit der Waffe des damaligen „Hells Angel“-Unterstützers dann auf die alternative Alte Meierei in Kiel geschossen.
Geprägte Eselpark-Münze im Gesellschaftsspiel
Im letzten Sommer vor dem Tod von Mundlos und Böhnhardt im November 2011 soll das Trio noch „Freunde“ aus Hannover abgeholt haben, um wieder in Richtung Ostsee zu starten. Auch der Eselpark wurde besucht. Campingfreunde wunderten sich dabei, dass Beate Zschäpe angab, noch nie dort gewesen zu sein. Dabei lag eine geprägte Eselpark-Münze wohl bereits vorher in einem von ihren Gesellschaftsspielen.
Alles nur Zufälle? Der NDR geht auch der Spur nach, dass ausgerechnet Holger G.s Name in den Polizeilisten des Konzertes 2003 in Neumünster mehrmals auftauchte. Der Sender stellt die Frage, ob es nicht möglich sein könnte, dass auch Böhnhardt, der sich „Gerri“ nannte und jahrelang den Namen von G. illegal benutzte, unter den Besuchern befand?
Nicht zuletzt die vielen Stadtpläne unter anderem auch aus Lübeck, Kiel, Gelting und Flensburg, die im Schutt des Brandhauses in Zwickau gefunden wurden und mit teilweise aufgeführten Listen und Markierungen von Migranteneinrichtungen oder der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes gekennzeichnet waren, hätten die Ermittler argwöhnischer machen können, als sie es anscheinend waren.