Verfassunngsschutzbericht
NRW: Corona-Proteste einigt rechtes Spektrum
Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für 2021 hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hervorgehoben, dass thematisch die Proteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen das gesamte Jahr über die rechte Szene auf Trab gehalten hätten. Ob parteipolitisch aktiv, zur sogenannten Neuen Rechten gehörend oder bei den Reichsbürgern aktiv – das Thema vereinte das rechtsextreme Spektrum.

Mit der Absicht, in die bürgerliche Mitte vorzudringen, werde mit Verschwörungsmythen agiert, die staatliches Handeln diskreditieren. Dem Verfassungsschutzbericht ist daher auch ein 92-seitiger Sonderbericht zu Delegitimierungsstrategien von Staat und Demokratie beigefügt, eine Fortschreibung einer im Vorjahr erstmals vorgelegten Expertise.
Rein statistisch ist die Personenzahl der Rechtsextremisten leicht rückläufig, von 3.940 auf 3.875. Die Zahl der gewaltbereiten Aktivisten liegt hingegen unverändert bei 2.000. Angestiegen ist die Zahl von Reichsbürgern und Selbstverwaltern von 3.200 auf 3.400. Rückläufig ist in der Auflistung politisch motivierter Kriminalität die Rubrik „rechts“ mit 3.135 nach zuvor 3.389 registrierten Delikten.
Höcke: Corona nur „Inszenierung der Medien“
Größter Personenkreis sind unstrukturierte Rechtsextremisten, wozu auch eine subkulturelle Szene, die vor allem im Musikmilieu anzutreffen ist, gelistet mit über 1.500 Mitstreitern. Neu im Corona-bedingt heruntergefahrenen Musikbereich ist das Magazin „Rock-Hate“, das Ende des Vorjahres einen ersten eigenen Sampler veröffentlichte.
Im rechten Parteiensektor wird der radikalisierte AfD-Teil den „Sonstigen“ zugerechnet, addiert auf 950 Mitglieder. Inhaltlich wird auf den offiziell aufgelösten rechtslastig-völkischen „Flügel“ und eine September-Veranstaltung mit dem Thüringer Hauptredner Björn Höcke verwiesen, der in Paderborn Corona als eine „Inszenierung der Medien“ bezeichnete.
Stagnation bei rechtsextremen Parteien
Die NPD hat unter ihrem langjährigen Landesvorsitzenden Claus Cremer nur noch 375 Mitglieder, ein Minus von 25 Personen. 0,1 Prozent bei der Bundestagswahl unterstrichen die unbedeutende Rolle des Landesverbandes, der nur noch über eine Handvoll aktiver Kreisverbände verfügt. Die Splitterpartei Dritter Weg hat unter der Regie von Julian Bender, dem Vorsitzenden des „Landesverband West“, von 35 auf 40 Mitglieder „zugelegt“. Als Hauptaktionsfeld zeigte man sich mit seinem Stützpunkt Sauerland-Süd im Raum Siegen und Olpe.
Personell bewegt sich Die Rechte unverändert bei 290 Mitgliedern. Landeschef ist mit Alexander Deptolla der Hauptorganisator der rechten Kampfsportreihe „Kampf der Nibelungen“. NRW ist im Bundesverband tonangebend. Man kann auf neun Kreisverbände und drei Stützpunkte zurückgreifen. Mit Siegfried Borchardt ist eine überregional bekannte Szeneperson im vergangenen Herbst verstorben. Auf einer Gedenkkundgebung zu Ehren des Verstorbenen beteiligte sich auch NPD-Funktionär Claus Cremer als Fackelträger.
Neue Stärke dehnt sich Richtung NRW aus
NPD, Dritter Weg und Die Rechte zeigten sich mit dem Delegitimierungsziel vor Augen als angebliche „Kümmerer“ in den NRW-Hochwassergebieten. Auch andere Gruppierungen nahmen sich des Themas an. Einen Verlust an Bedeutung attestiert der Verfassungsschutz im größten Bundesland der Identitären Bewegung mit nur noch 20 Aktivisten und 30 Sympathisanten.
Für den Neonazibereich werden Tremonia Kollektiv (Dortmund), die Volksgemeinschaft Niederrhein (Kamp-Lintfort), die Autonomen Nationalisten Düsseldorf, die sich wahlweise auch Aktionsgruppe Düsseldorf nennt, der Freundeskreis Rhein-Sieg um den bundesweit umtriebigen Frank Kraemer und die Neue Stärke Westfalen als ein neuer Ableger der neugegründeten Kleinstpartei benannt.