NPD schaltet in Flüchtlingsdebatte auf Angriff

Es schien, als habe die NPD auf die Gelegenheit gewartet. Übte sich ihr Fraktionschef Udo Pastörs bei der Aktuellen Stunde in verhältnismäßiger Leisetreterei, polterte er beim NPD-eigenen Antrag mit zuletzt selten gesehener Phrasendrescherei los. Den demokratischen Abgeordneten empfahl der vorbestrafte 63-Jährige einen „Spaziergang durch Neukölln mit dem Neonazi in SPD-Uniform, Thilo Sarrazin“.

Freitag, 25. September 2015
Redaktion
Feuerte aus allen Rohren: Udo Pastörs
Feuerte aus allen Rohren: Udo Pastörs
Die NPD wittert Morgenluft. Die steigenden Flüchtlingszahlen bescherten der dahin siechenden extrem rechten Partei ein Thema, das nicht nur geeignet scheint, die Fußtruppen aus der Lethargie zu reißen, sondern auch, Anschluss an bestimmte gesellschaftliche Kreise zu finden. In Sachsen führt die Partei in diesen Tagen zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen durch, ihre Umfragewerte kletterten erstmals wieder über die Fünf-Prozent-Hürde. Hierzulande reiht sich die NPD und ihre Führungskader in die Aufmärsche der verschiedenen rassistischen „Bürgerinitiativen“ ein, in Boizenburg gab sie am Montag sogar den Takt komplett vor. Parolen-Bingo Die aktuelle Landtagssitzung nutzte die rechtsextremistische Fraktion, um Vorurteile gegen Asylbewerber zu schüren und ihren Anhängern die eigenen, radikalen Positionen zu verdeutlichen. Dafür hatte sie eigens den Antrag „Konkrete und wirksame Maßnahmen gegen die Asylflut einleiten – der Umvolkung in unserer Heimat konsequent begegnen“ auf die Tagesordnung setzen lassen. Bevor er ans Rednerpult trat, hatte ihr Frontmann Udo Pastörs offensichtlich ausgiebig Parolen-Bingo gespielt: Egal ob er US-Präsident Barack Obama einen „schwarzen Messias“ nannte, von „Kulturbereichern“ schwadronierte oder der „politische Klasse“ unterstellte, sie verfolge das Ziel, „billige Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen“ – der Auftritt des wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Tateinheit mit Verleumdung vorbestraften Kaders glich einer Rede vor „Kameraden“. Der 63-Jährige unterstellte der „noch-Kopftuch-losen Bundeskanzlerin“, sie „rufe den Islam nach Deutschland“. Die „politische Klasse“ treibe „die Überfremdung“, so Pastörs bereits in der Debatte zur von der SPD eingebrachten Aktuellen Stunde „Zur Lage der Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern“, mit „krimineller Energie voran“. Und da er gerade dabei war, bekam auch die Europäische Union ihr Fett weg. „Es ist der EU-Faschismus, an dem die anderen Länder leidern“, stellte er fest ohne mit der Wimper zu zucken. In seiner bekannten Oberlehrer-Pose legte er den Abgeordneten der demokratischen Fraktionen einen Ausflug nach Berlin-Neukölln mit dem „Neonazi in SPD-Uniform, Thilo Sarrazin,“ ans Herz. Stefanie Drese von der SPD verteidigte in ihrer Gegenrede die Bereitschaft der Bundesregierung, Flüchtlinge aufzunehmen als „humanitäre Entscheidung“. Mit ihrer rückwärtsgewandten, menschenverachtenden Haltung zeige die NPD, sie sei nicht im Jahre 2015 angekommen. Pastörs solle stattdessen zu seiner Herkunft stehen, schließlich lege sein Name eine Migrationshintergrund nahe. Wichtige Erkenntnisse für den Verfassungsschutzbericht Was gab es sonst noch? Innenminister Lorenz Caffier strich in der Debatte zum neuen Verfassungsschutz-Gesetz die Unverzichtbarkeit von V-Leuten heraus. Diese Personen sollen nach dem Willen der Landesregierung Straftaten in engen Grenzen begehen dürfen, wenn dadurch schwere Verbrechen verhindert werden könnten. Schließlich hätten sie wichtige Erkenntnisse für den Verfassungsschutzbericht geliefert – kaum zu glauben, denn die Zusammenfassung fiel in diesem Jahr nicht nur wesentlich dünner aus als in den Vorjahren, sondern lieferte abermals keine neuen Ergebnisse. Auch das plötzliche geheuchelte Interesse der NPD am Schicksal von obdachlosen (deutschen) Menschen überraschte ebenfalls den ein oder anderen Beobachter. Denn zwei der fünf offiziellen Todesopfer rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern hatten kein Dach über dem Kopf. Im Jahre 2000 fielen Jürgen Seifert und Norbert Plath in Wismar bzw. Ahlbeck dem Menschenhass von Neonazis zum Opfer. Altes als Neu verkauft Natürlich brachte die NPD in persona Michael Andrejewski ihren obligatorischen „Hartz IV“-Antrag ein. Torsten Renz (CDU) machte darauf aufmerksam, dass der Bundestag sich bereits seit mehr als einem Jahr mit einer ähnlich lautenden Initiative der Opposition befasse. Das Thema sei obsolet. Zumal der NPD-Antrag nur aus wenigen Zeile bestehe und daher vermutich in die Kategorie „Soll noch nicht erfüllt, deshalb schnell etwas zusammengeschrieben“ einzuordnen sei.
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