NPD hofft auf die „Ruhrachse“

Bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen dürfte die NPD einiger Mandate verlustig gehen – auch für „Die Rechte“ sehen die Erfolgsaussichten nicht rosig aus. Im Wählerreservoir der „pro“-Gruppierungen könnte diesmal die AfD wildern.

Freitag, 25. April 2014
Tomas Sager

Für Nordrhein-Westfalens NPD-Landeschef Claus Cremer war es kein guter Tag. Als der Landeswahlausschuss in Düsseldorf am Donnerstagnachmittag auch die letzten Beschwerden in Sachen Kommunalwahl abgearbeitet hatte, stand fest, dass seine Kandidatenliste für den heimischen Bochumer Stadtrat arg zerrupft wirkt. Fünf angebliche Kandidaten für die Wahl am 25. Mai hatten wissen lassen, dass sie eigentlich gar keine seien: Gegen ihren Willen seien sie vorgeschlagen worden, nie hätten sie für die NPD antreten wollen und auch nie eine Bereitschaftserklärung unterschrieben. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Wahlfälschung.

Und Cremers Liste weist Lücken auf: In einem Sechstel des Bochumer Stadtgebiets wird sie überhaupt nicht auf den Stimmzetteln stehen. Entsprechend zornig ist der NPD-Landeschef. Gegen die fünf Personen hat die NPD ihrerseits nun unter anderem wegen Falschaussage und des Vortäuschens einer Straftat Anzeige erstattet: Sehr wohl seien sie bereit gewesen, für die NPD anzutreten; sie hätten sich aber einschüchtern lassen.

NPD-Abtrünnige beim „Bündnis Zukunft Ennepe-Ruhr“

Nicht nur auf heimischem Bochumer Terrain hat Cremer Schwierigkeiten. In ganzen Landstrichen ist seine Partei von der Bildfläche verschwunden. In Wuppertal, in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Düren, wo die NPD 2009 noch Mandate gewann, herrscht nun Funkstille. Im Ennepe-Ruhr-Kreis, wo die rechtsextreme Partei vor fünf Jahren die meisten Rats- und Kreistagssitze überhaupt einsammelte, kandidieren NPD-Abtrünnige rund um Ex-Landesvorstandsmitglied Thorsten Crämer nun unter dem Label „Bündnis Zukunft Ennepe-Ruhr“. Der NPD-Kreisverband in Unna, dessen Vorsitzender Hans-Jochen Voß seiner Partei für gewöhnlich auf allen für ihn erreichbaren virtuellen Kanälen schulmeisternd den rechten Weg zu weisen versucht, hat seine vollmundig angekündigten Kommunalwahlpläne stillschweigend begraben.

Lediglich in einer Großstadt steht die NPD neu auf den Stimmzettel für die Ratswahl: in Duisburg – bei der Bundestagswahl 2013 die Stadt im Westen mit den höchsten NPD-Ergebnissen. Mit Duisburg will die Partei ihre so genannte „Ruhrachse“, die Zusammenarbeit der Ratsmitglieder in Dortmund, Bochum und Essen, ergänzen. Für den 1. Mai 2014 plant die NPD eine Demonstration in der Stadt. Das Motto: „Arbeitsplätze schaffen – statt Asylflut fördern“. Man werde, kündigte die NPD an, „mit allen heimattreuen Deutschen den Protest gegen den Überfremdungswahn auf die Straße tragen“. Auch der amtierende Parteichef Udo Pastörs hat sich angesagt. Trotz Duisburg: Unterm Strich dürfte die NPD am 25. Mai schwächer abschneiden als 2009. Damals errang sie zwölf Mandate in den 54 Großstädten und Landkreisen.

Wahlpolitische Abstinenz bei der „Rechten“

Besser sieht es auch für die Konkurrenz von „Die Rechte“ in ihrer angeblichen „Hochburg“ Nordrhein-Westfalen nicht aus. Die Kreisverbände in Aachen, Düsseldorf, Mülheim oder Soest üben gleich ganz wahlpolitische Abstinenz. In Wuppertal gelang es der Partei lediglich, zwei Kandidaten für Stadtteilvertretungen auf die Stimmzettel zu bringen. In Hamm blieben 16 von 29 Wahlbezirken unbesetzt, was einen Einzug in den Rat praktisch ausschließt. Bleibt die Hoffnung auf Dortmund, wo „Die Rechte“ tatsächlich alle 41 Wahlbezirke besetzen konnte und wo sie insbesondere den verhassten NPD-Ratsmitgliedern Matthias Wächter und Axel Thieme ihre Mandate streitig machen will.

Dortmunds „Rechte“ kündigte zu Jahresbeginn an, die „Masseneinwanderung aus Osteuropa“ werde im Wahlkampf für die Kommunalwahl „ein Kernthema bilden“. Diverse Infostandaktionen, bei denen insbesondere die Ablehnung der Arbeitnehmerfreizügigkeit das wichtigste Thema war, fanden vor der Dortmunder Zentrale der Agentur für Arbeit statt. Um die Freizügigkeit in Europa soll es auch bei der Demonstration gehen, die „Die Rechte“ am 1. Mai in der Ruhrgebietsstadt plant.

„Pro NRW“ plant provokative Kundgebungen

Ihren landesweiten Anspruch aufgegeben haben offenbar die Republikaner. Abgesehen von einigen Kleinstädten werden sie nur in Düsseldorf, Essen, Wuppertal und der Städteregion Aachen auf den Stimmzetteln stehen. Sieben der neun Kommunalvertreter in den Großstädten und Landkreisen haben ihre Partei im Laufe der aktuellen Wahlperiode verlassen.

Vom Niedergang der Republikaner profitieren wollen die Rechtspopulisten von „pro NRW“ und „pro Köln“. Sie kandidieren für zwei Kreistage (Oberbergischer Kreis und Rhein-Erft-Kreis) sowie in 13 Großstädten mit Schwerpunkten im Rheinland, im Bergischen Land und im Ruhrgebiet. „Pro NRW“ plant vom 1. Mai bis zum 23. Mai 2014 wie in vorhergehenden Wahlkämpfen eine Serie von Kundgebungen und Demonstrationen, die möglichst provokativ ausfallen sollen. Vorgestellt wurde die Kampagne unter dem Titel „Lichterketten gegen Armutszuwanderung, Asylmissbrauch und Überfremdung“.

Die Zahl ihrer Mandatsträger wollen die „pro“-Gruppierungen auf „150 bis 200“ steigern. Das erscheint freilich illusorisch. 2009 hatten „pro NRW“ und „pro Köln“ 17 Mandate in den Räten der Großstädte und in Kreistagen errungen, außerdem neun Sitze in den Räten kleinerer Kommunen. Bedrohlich wildern könnte im Wählerreservoir der angeblichen „Bürgerbewegung“ diesmal die „Alternative für Deutschland“, die nach eigenen Angaben in 31 der 54 Großstädte und Landkreise auf den Stimmzetteln stehen wird.

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