"Remigrations"-Demonstration der Identitären Bewegung
Neurechtes Milieu will (wieder) Millionen Menschen loswerden
Am Samstag mobilisierte die Identitäre Bewegung zu einer Demonstration nach Wien. Angespornt von guten Umfragewerten für AfD und FPÖ in ihren jeweiligen Ländern und durch die Regierungsbeteiligungen extrem rechter Parteien in einigen Ländern Europas. Basierend auf diesem emotionalen Hoch wurde offener als sonst das zentrale politische Ziel verkündet: die Vertreibung von Millionen Menschen.
Diese Parole mit der Größenordnung gab gestern in Wien Martin Sellner, Wortführer der Identitären Bewegung (IB), bei einer „Remigrations“-Demonstration aus. Gernot Schmidt, Sellners "Kronprinz" in der österreichischen Hauptstadt, malte den Anwesenden die angeblichen sozialen Vorteile der Vertreibungen aus: größere Wohnungen für alle und niedrige Steuern. Beim am Wochenende stattfindenden AfD-Europaparteitag in Magdeburg warb Irmhild Boßdorf mit der gleichen Forderung und bekam Platz 9 auf der Liste.
Erstmals trat bei einer Demo aus dem Dunstkreis der IB mit Silvio Hemmelmayr ein ranghoher Funktionär der FPÖ-Jugendorganisation "Ring Freiheitlicher Jugend" (RFJ) auf, Landesjugendobmann in Oberösterreich. Mit dabei waren Funktionäre auch schon zuvor.
Anna Leisten aus dem Bundesvorstand der Jungen Alternative wurde zwar in der Kampagne zur Demo als erste Rednerin beworben und war am Fronttransparent, gesprochen hat sie jedoch nicht.
Zwei Mal auf die Bühne durfte der Schweizer Nicolas Rimoldi, Nationalratskandidat der aus den Corona-Protesten hervorgegangen Gruppe „Mass-voll!“. Für ihn war alles, ob Migration oder Corona ein böser Plan von den gleichen Leuten.
Letztendlich war es eine Demo "aus der Konserve". Zentrale Farben waren wieder Schwarz und Gelb, allerdings ohne das nach dem Zeichengesetz verbotene Lambda, wogegen noch geklagt wird. Am Ende gab es Pyrotechnik und Sellner versprach, in einem Jahr würde die Forderung nach „Remigration“ so bekannt sein wie das Logo von Coca-Cola. Gleiches hatte er vor etlichen Jahren auch mal der Marke „Identitäre Bewegung“ prophezeit. Eingetreten ist das bekanntlich nicht. Die Klimabewegung kopierend sprach man von sich als „Letzte Generation“, die noch gegen den „menschengemachten Bevölkerungsaustausch“ vorgehen könne.
Einige Rechtsterroristen hatten ihre mörderischen Taten bekanntlich mit dem angeblichen Kampf gegen den „Großen Austausch“ „begründet“.
Insgesamt berauschten sich die Kader an der für eine europaweite Kampagne von zwischen 350 bis 500 Teilnehmenden, darunter auch eine niedrige dreistellige Zahl aus dem Corona-Protestspektrum. Eine Teilnehmerin trug ein Shirt der Neonazi-Band „Erschießungskommando“, die dem Blood & Honour / Combat18-Spektrum zugerechnet wird.
Während der Schlusskundgebung und nach Ende der Veranstaltung kam es noch zu Auseinandersetzungen zwischen Identitären, Gegendemonstranten und der Polizei
Als Treffpunkt suchten sich die Identitären erneut den Platz vor der Albertina aus. Dort steht ein dem Kampf gegen Krieg und Faschismus gewidmetes Anti-NS-Denkmal. Benannt ist der Platz nach dem verstorbenen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk. Der hatte durch eine Briefbombe des Rechtsterroristen Franz Fuchs eine Hand verloren. Auch Fuchs hatte schon von „Umvolkung“ gesprochen, was die Identitären heute „Bevölkerungsaustausch“ nennen.
Eine Blockade macht eine Änderung der Route erforderlich.
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