Neurechter „Zwischentag“ auf Sparflamme
Die vierte Auflage des Vernetzungstreffens „Zwischentag“ ist nur noch ein Schatten früherer „Messen“. Gab es bei der Premiere 2012 noch 40 Aussteller, benannte die auf der Veranstaltungsseite angegeben Liste zuletzt nur 14. 200 Besucher hätten Platz, es gäbe nur noch wenige Karten, versuchte Initiator Felix Menzel die Werbetrommel zu rühren. Eine Schätzung der Gesamtteilnehmerzahl ist schwierig. Einige Teilnehmer übernachteten im Haus der Burschenschaft. Bis zum Beginn um 11.00 Uhr passierten knapp 50 Personen die südliche Polizeiabsperrung, die als Zugang empfohlen worden war. Bis 18.30 Uhr verließen rund 80 Messeteilnehmer und Aussteller das Versammlungsgebäude. Zu dem Zeitpunkt hielten sich neben den dort wohnenden Burschenschaftern vermutlich noch weitere Personen im Haus auf. Deutlich mehr als 100 Interessierte wird der „Zwischentag“ wahrscheinlich nicht nach Erlangen gelockt haben. Der Oberbürgermeister der mittelfränkischen Stadt, Florian Janik (SPD), bezweifelte im Gespräch mit ENDSTATION RECHTS., dass überhaupt 200 Personen in dem Anwesen Platz finden könnten.
Ganz Bandbreite von neurechts bis extrem rechts
Die Organisatoren der Gegenveranstaltung behielten Recht: Der Teilnehmerkreis umfasste alle Schattierungen des rechten Randes, von der Neuen Rechten bis zur extremen Rechten. Zu Personen aus dem Pegida-Umfeld und Verbindungsstudenten gesellten sich tätowierte Teilnehmer mit teilweise Symbolen verschiedener Truppenteile der Waffen-SS. Für die Polizei aber kein Grund, genauer hinzusehen. Verspätet erschienen Politically Incorrect-Autor Michael Stürzenberger samt Ester Seitz (Widerstand Ost/West). Hassblogger Karl-Michael Merkle (Michael Mannheimer) verlief sich erst einmal in den Straßen Erlangens und fand das Haus nur durch Hinweise der Polizei. Deutlich mehr Ortskenntnis bewies NPD-Landesgeschäftsführer Axel Michaelis, der schon bei der Pirinçci-Lesung wie ein alter Bekannter der Hausherren wirkte. Zeitgleich erreichte der Kopf der nach ihm benannten Wehrsportgruppe, Karl Heinz Hoffmann, den Tagungsort. Hoffmanns Person könnte im Zuge der wieder aufgenommenen Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat erneut in den Fokus rücken. Ein vom früheren NPD-Landesvorsitzenden Ralf Ollert erlassenes Auftrittsverbot für Hoffmann sowie Rechtsterrorist Martin Wiese auf Veranstaltungen der rechtsextremen Partei hatte im Mai 2012 mit zum Austritt etlicher Kameradschaftsaktivisten geführt. Wie sich die Zeiten ändern: 2015 stehen Michaelis und der Ex-Wehrsportler gemeinsam an der Eingangspforte. Im Schlepptau haben sie jüngere Aktivisten, die schon an Aktionen der Neonazis vom Dritten Weg teilgenommen hatten.Auch Aussteller vom Verfassungsschutz beobachtet
Diskussionen gab es im Vorfeld um zwei Aussteller, die in Verfassungsschutzberichten aufgeführt sind. Menzel, Gründer der „Blauen Narzisse“, hatte sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung damit gerechtfertigt, beide Vereine würden gegen ihre Nennung klagen. Recherchen der Zeitung ergaben aber, dass dies nur für den Fall des Magazins „Umwelt und Aktiv“ gelte. Für den „Verein Gedächtnisstätte“ sei die Klage dagegen schon entschieden. Im Verfassungsschutzbericht zu stehen, sei ihm egal, zitiert die SZ den Vereinsvorsitzenden. Auf dem Grundstück des Vereins in Guthmannshausen will demnächst der NPD-Europaabgeordnete Udo Voigt ein Sommerfest feiern. Für Menzel steht der Verein dennoch auf dem Boden des Grundgesetzes, wie die Vorstellung des Ausstellers verrät.Zahlreiche Gegenveranstaltungen und Wohlfühlprogramm für Burschenschafter
Gegen den neurechten „Zwischentag“ engagierte sich die „Aktion Courage Erlangen“, die ein umfangreiches Gegenprogramm auf die Beine stellte. Bereits am Freitag gab es auf dem Schlossplatz ein großes kulturelles Programm und parallel einen von den Jusos organisierten Vortrag über Burschenschaften und die rechte Szene. In einer Stellungnahme distanzierte sich auch die in Erlangen sitzende Verbindung Germania vom „Zwischentag“. „Fremdenhass, Respektlosigkeit gegenüber der Würde jedes Menschen, die Verbreitung von Unwahrheiten und das Projizieren einer Utopie auf eine verklärte, menschenverachtende Vergangenheit“, seien nicht mit ihren Grundsätzen vereinbar.
Tätowierungen mit Divisionsabzeichen der Waffen-SS, Foto: Thomas Witzgall