Neonazis machen „Wahlkampf“
Aufmarsch der Worch-Partei am Samstag in Hamm mit verbalen Drohungen und militanten Parolen – gegen mehrere Teilnehmer wurde Strafanzeige gestellt.
„Die Rechte“-Chef Christian Worch gab sich Ende Juni fast schon handzahm. „Durchaus moderat“ seien die Themen, die man im Bundestagswahlkampf aufgreifen werde, orientiert am früheren DVU-Programm. Seine Partei werde „fast schon jede Radikalität missen lassen“, sagte er in einem Interview mit einem Internetradio der Szene. Soweit die Theorie. Die Praxis seiner Partei war jetzt am Samstag bei einer „Wahlkampfdemo“ in Hamm zu besichtigen.
„Alles für Volk, Rasse und Nation“, grölen die Neonazis, die am 20. Juli durch Hamm ziehen. „Für die Rasse in den Tod“, skandieren sie und: „Rotes Gezeter – neun Millimeter!“ Ein paar Meter vor ihrem braunen Fußvolk laufen Worch und Sascha Krolzig, Bundesvorstandsmitglied von „Die Rechte“ (DR), Kreisvorsitzender in Hamm und Anmelder der Veranstaltung, an der Spitze des Demonstrationszuges. An den Parolen scheinen sie sich nicht zu stören. Nur wenn die „Kameraden“ wieder einmal nicht mehr nur die verbale Konfrontation mit Gegendemonstranten suchen und aggressiv auf sie losstürmen, gehen sie dazwischen. Prügelnde Neonazis unter den Augen von Medienvertretern und Polizei machen sich nicht so gut.
„Gerechte Strafe für Volksverräter“
Ansonsten schreiten der Vorsitzende der angeblich „durchaus moderat“ argumentierenden Partei und sein Vorstandskollege weiter voran. „Palästina hilf uns doch – Israel gibt’s immer noch“, wird hinter ihnen gerufen und: „Wir putzen unsere Stiefel mit dem Blut der Antifa!“ Rund 150 „Kameraden“ sind erschienen, darunter – eigentlich eher ungewöhnlich bei einer „Wahlkampfdemonstration“ der Konkurrenz – mit Hans-Jochen Voß sogar ein Mitglied des NPD-Landesvorstands. Er gehört regelmäßig zu den Teilnehmern von DR-Veranstaltungen.
Den Ton hat an diesem Tag ein Vertreter des gastgebenden „Die Rechte“-Kreisverbands vorgegeben. Als erster Redner fordert er mit sich überschlagender Stimme ein „nationales und sozialistisches Deutschland“. Demokratische Politiker sind für ihn „Volksverräter“, die „ihre gerechte Strafe erhalten“ sollten. Man müsse, schreit er, in die Parlamente gehen, um „jene Ratten zu verjagen, die unser Volk immer tiefer in den Abgrund stürzen“. Neonazis der DR-Kreisverbände Dortmund, Wuppertal und Rhein-Erft-Kreis treten später ans Mikrofon, Worch sowie die notorische Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Krolzig stellt sie als „unermüdliche Kämpferin für Deutschlands Freiheit und große Dame des deutschen Nationalismus“ vor.
Der „Freund aus der Reichshauptstadt“
Auch Oliver Kulik darf sprechen. Bei der DR-Gründung war der Berliner Neonazi, dessen Auftritte und Äußerungen zuweilen etwas skurril wirken, zum „Vorsitzenden Richter des Parteischiedsgerichts“ gewählt worden. Wenige Wochen später ließ er wissen, er habe „Die Rechte“ verlassen (bnr.de berichtete) Inzwischen scheint er wieder auf Worch-Linie zu schwimmen. In Hamm begrüßt er zu Beginn neben den „nationalen Frauen“ und „nationalen Männern“ auch die Gegendemonstranten hinter den Absperrungen der Polizei. Sie würden sich „eines Tages an vielleicht meterhohe Zäune gewöhnen müssen“, höhnt Kulik, der, so Krolzig, „gute Kamerad und Freund aus der Reichshauptstadt“.
Nach dem zweieinhalbstündigen Neonazi-Spuk zieht die Polizei Bilanz. Im Zusammenhang mit dem Aufmarsch wurden acht Strafanzeigen erstattet. Wegen Körperverletzung wird gegen eine Ordnerin ermittelt. Anderen Neonazis wird vorgeworfen, ausländerfeindliche Parolen gerufen zu haben. Einer soll ein Tattoo mit verfassungsfeindlichen Symbolen präsentiert haben. „Die Veranstaltung ist nunmehr zum erfolgreichen Abschluss gekommen“, heißt es dennoch am Ende beim „Live-Ticker“ von Christian Worchs Partei.