Neonazis attackieren politische Gegner
Aachen – Die Polizei ermittelt gegen zwei 17 und 20 Jahre alte Aktivisten der Neonazi-Gruppe „Syndikat 52“ (S52), weil sie in der Aachener Innenstadt zwei Personen mit einem Messer bedroht und verfolgt haben sollen.
Zugetragen hat sich der Vorfall vor wenigen Tagen am frühen Sonntagmorgen. Ein 21-jähriger Mann und eine 20-jährige Frau waren von zwei Personen gegen 3.00 Uhr in der Nähe des Hauptbahnhofes und des benachbarten „Autonomen Zentrums“ (AZ) mit einem Messer bedroht worden. Als das Paar sich entfernen wollte, verfolgten beide sie noch mit gezücktem Messer, bevor man von ihnen abließ. Kurz darauf sahen sie die beiden im Hauptbahnhof wieder und informierten Bundespolizisten. Bei der Durchsuchung der Tatverdächtigen aus Aachen und Gangelt (Kreis Heinsberg) fanden die Polizisten ein Klappmesser, ein Reizstoffspray sowie Flyer und Aufkleber von S52.
Hetzplakate im Umfeld der Wohnungen von „Feinden“
Überwiegend minderjährige Aktivisten von S52 haben in der Vergangenheit mehrfach im Umfeld von Hauptbahnhof und AZ Aufkleber verklebt, Hakenkreuze gesprüht und die Konfrontation mit Personen gesucht, die sie optisch dem linken politischen Spektrum zuordneten. Möglicherweise rechneten sie auch die nun attackierten jungen Leute optisch als Linke ein. Nach bnr.de-Recherchen wurden mutmaßlich in derselben Nacht zudem erneut eine nahe gelegene Schule und benachbarte Straßen mit Aufklebern von S52 beklebt.
Im Wahlkampf haben minderjährige S52-Aktivisten in Aachen für die neonazistische Partei „Die Rechte“ (DR) plakatiert. Weil aufgebrachte Anwohner in einem an den Hauptbahnhof angrenzenden Viertel keine antisemitischen und israelfeindlichen Plakate vor der Haustür hängen haben wollten, musste einmal sogar die Polizei eingreifen, damit die Neonazis doch noch ihre Plakate aufhängen konnten. In anderen Fällen wurden gezielt solche Plakate aufgehängt im Umfeld der Wohnungen von „Feinden“. Betroffen davon war auch ein Lokalpolitiker der dem Beirat der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft Aachen e.V.“ angehört.
Israelfeindliche Aufkleber an der Synagoge
Im Januar hatten Gefährderansprachen von Polizei und Staatsschutz bei den Minderjährigen im Beisein der Eltern stattgefunden. Anlass war ein seit Monaten andauernder Psychoterror gegen als „Feinde“ deklarierte Menschen sowie eine Reihe weiterer Straftaten und Aktionen. S52 ist die indirekte Nachfolgeorganisation der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), rechtlich jedoch abgesichert als „Projekt“ des regionalen Kreisverbandes der DR. Dieser sowie S52 teilten zu den Gefährderansprachen mit, es seien „vor allem junge Aktivisten unter Druck“ gesetzt worden – wegen ihrer „Freizeitaktivitäten“.
Mitte März hat S52 Beiträge in den sozialen Medien publiziert, wonach Mitglieder im Rahmen des „Die Rechte“-Europawahlkampfs unmittelbar an der Synagoge und am Synagogenplatz in Aachen Flyer für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel verteilt sowie israelfeindliche Aufkleber verklebt hätten. Nach bnr.de-Recherchen richtet sich der Verdacht, am Wochenende das Messer gezückt zu haben, gegen einen 17-Jährigen, der an den Aktionen an der Synagoge beteiligt war und für die DR plakatiert hat. (mik)