Neonazi strebt in die Politik

Der umtriebige Südthüringer Gastwirt und Konzert-Veranstalter Tommy Frenck will Landrat werden.

Mittwoch, 21. Februar 2018
Horst Freires

Tommy Frenck ist mittlerweile einer der durch seine Veranstaltungen und seinen Onlineversand bekanntesten Neonazis weit über die Grenzen Thüringens hinaus. Der 30-Jährige, der im südthüringischen Kloster Veßra das Gasthaus „Goldener Löwe“ betreibt, will am 15. April bei den Landratswahlen im Landkreis Hildburghausen kandidieren.

Der frühere Gewichtheber geht dabei als Vertreter für das „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ (BZH) ins Rennen. Für besagtes Bündnis, in dem viele eine Tarnorganisation der NPD sehen, sitzt Frenck bereits seit einigen Jahren im Kreistag – zunächst von 2009 bis 2011 und nunmehr seit 2014. Der tätowierte, untersetzte Muskelprotz strebt nach eigenen Worten ein zweistelliges Ergebnis an und beteuert: „Jede Stimme für mich ist eine Schweißperle auf der Stirn der etablierten Politiker.“ Bei der Thüringer Landtagswahl trat er 2014 als Kandidat für die NPD an. Vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr bekundete er, dass er aus taktischen und strategischen Überlegungen der AfD seine Stimme geben wollte. Das Bekenntnis löste in der Folge rege und kontroverse Diskussionen aus.

Buchvorstellung mit Udo Voigt im Frenck-Gasthof

Der frühere NPD-Vorsitzende Günther Deckert beispielsweise kündigte ihm daraufhin die Freundschaft auf. Mit anderen führenden NPD-Kadern und -Funktionären wie etwa Sebastian Schmidtke oder dem NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt pflegt der geltungssüchtige Frenck, der in der rechten Szene bestens vernetzt ist, allerdings weiterhin enge Kontakte. Sonst würde Voigt wohl auch nicht am 10. März mit einem Vortrag sein Ende Januar erschienenes Buch „Einer für Deutschland“ im Frenck-Gasthof vorstellen. Als Herausgeber fungiert die von rechtsextremen Parteien gebildete und 2015 in Berlin gegründete europäische politische Stiftung Europa Terra Nostra (ETN), die bereits eine weitere Veröffentlichung eines NPD-Spitzenkaders ankündigt. So soll demnächst ein Buch von Sascha Roßmüller, der dem NPD-Bundesvorstand angehört, erscheinen. Der Inhalt der Publikation widme sich laut ETN der Thematik „Europa contra EU“.

Die Mobile Beratung in Thüringen (Mobit) hat im vergangenen Jahr allein 13 Events bei Frenck in Kloster Veßra gezählt. Konzerte und Vorträge werden dabei stets als politische Veranstaltungen angemeldet. Auch in diesem Jahr fand solch ein Meeting bereits statt. (bnr.de berichtete) www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/braune-versammlung-mit-liedermacher  Außerdem hat sich Frenck längerfristig die Nutzung einer Weide im benachbarten Ort Themar gesichert. Dort organisierte er zusammen mit Patrick Schröder, Betreiber des Internet-Streamingkanals „FSN-TV“ und des Versandhandels Ansgar Aryan, im vergangenen Juli das braune Spektakel „Rock gegen Überfremdung“, zu dem mehr als 6000 Besucher anreisten. Auch andere Veranstaltungen finden seither auf dem von Frenck genutzten Areal am unmittelbaren Ortsrand von Themar statt.

Hegemonialer Hotspot für die Neonazi-Szene?

Dazu passt, dass sich auf Facebook inzwischen eine Gruppe „Thing-Kreis Themar“ initiiert hat. Von dieser wird für den 2. März auf der „Konzertwiese am Ortseingang“ zu einem Treffen unter dem Motto „Sicherheitsrisiko Einwanderung“ eingeladen. Als musikalische Begleitung ist Axel Schlimper angekündigt, der auch bereits mehrfach im Gasthof „Goldener Löwe“ auftrat und zwischenzeitlich als regionaler Gebietsleiter der „Europäischen Aktion“ gelistet war. Beobachter vermuten, dass rund um Themar und Kloster Veßra ein hegemonialer Hotspot für die Neonazi-Szene aufgebaut werden soll, weil der zivilgesellschaftliche Protest dagegen vor Ort bisher doch ziemlich bescheiden ausfiel.

Unterdessen geriert sich Frenck als Kümmerer, hat  in seinem Gasthof eine Weihnachtsfeier angeboten, sammelt Spenden für mittellose deutsche Familien, spendet selbst für gute Zwecke und bietet in seiner Kneipe Praktikanten eine Arbeitsmöglichkeit. Dazu verhökert er mit seinem Online-Shop „Druck 18“ in nicht unerheblichem Umfang Bücher, Tonträger, T-Shirts und andere Produkte, für die sich Neonazis interessieren. Genau wie auf seiner Speisekarte verlangt er dabei für zahlreiche Angebote und Menüs Preise, die neben Euros in unterschiedlicher Höhe auch 88 Cent einfordern. In der rechten Szene gilt die 88 als Code für eine Hommage an Adolf Hitler und stellt die verkappte Grußformel „Heil Hitler“ dar.

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