Neonazi-Bands mit Reiseverboten ausgebremst
Gleich drei deutsche Rechtsrockbands wurden zuletzt durch Ausreise-Verbotsverfügungen daran gehindert, ihre nationalsozialistische und rassistische Musik auf Bühnen des europäischen Auslands vorzutragen. Die Anwendung dieses rechtlichen Instruments ist verbreitete Praxis zur Gefahrenabwehr gegenüber gewaltbereiten Fußball-Hooligans.
Nun greift die Maßnahme gemäß Passgesetz offensichtlich auch immer öfter gegen Akteure aus der rechten Szene. Als Begründung wird dabei angeführt, dass die mit dem Bann belegten Personen das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland durch ihr avisiertes Auftreten schädigen würden.
Zuletzt betroffen war die Gruppe „True Aggression“ aus dem Raum Riesa (Landkreis Meißen), die Anfang September neben anderen Rechtsrockbands beim viertägigen Neonazi-Happening „Ritorno a Camelot“ in der Nähe von Verona aufspielen sollte – eine Großveranstaltung der Gruppierung Veneto Fronte Skinheads, die ein gleichgesinntes Publikum aus ganz Europa anlocken und dem Netzwerk von „Blood & Honour“ zuzuordnen ist. Im Programmangebot dort fanden sich neben Musik auch Sport sowie Vorträge und Diskussionen.
Sleipnir und Endstufe betroffen
Einem Reiseverbot mussten sich auch die 1993 gegründeten „Sleipnir“ um Marco Bartsch aus Nordrhein-Westfalen unterwerfen, die zunächst für den 13. August vom Blood & Honour-Netzwerkableger Nordic Sun Records neben anderen Bands für einen Auftritt beworben wurden. Anlass war der anstehende 65-jährige Geburtstag des in der rechten Szene glorifizierten und 1993 verstorbenen „Skrewdriver“-Sängers Ian Stuart Donaldson.
Und auch ein Live-Konzert einer der ältesten Rechtsrockbands aus dem rechten Musikmilieu wurde entsprechend verhindert. Die betroffenen Musiker von „Endstufe“ um Jens Brandt aus Bremen, die es seit 1981 gibt, teilten dazu bezüglich des ursprünglich vorgesehenen Gigs am 18. Juni im tschechischen Brno selbst mit: „Hallo Leute, leider müssen wir euch mitteilen das wir ein weiteres Mal Deutschland nicht verlassen dürfen um an einem genehmigten Konzert teil zu nehmen. (...) Leider sind wir auch mit einer eil Klage gescheitet.“ (Fehler im Original).
In zweieinhalb Jahren über 50 Ausreiseuntersagungen
In der Antwort auf eine Parlamentsanfrage durch die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Die Linke) teilte das Innenministerium erst im Juli mit, dass seit November 2019 insgesamt 55 Ausreiseuntersagungen für 49 deutsche Rechtsextremisten angeordnet worden sind, etwa zu gezielten Besuchen von Events in Bulgarien („Lukov“-Marsch) bzw. Ungarn (“Tag der Ehre“). Einige Personen traf es also mehr als einmal. Das Ministerium musste aber auch einräumen, dass aktuelle Ausreisen aus diesem Personenkreis in die Ukraine oder nach Russland quasi nicht unterbunden werden können.
Es gibt im Übrigen auch den umgekehrten Fall, dass unliebsamen Personen Einreiseverbote erteilt werden. Prominentes Beispiel dafür ist Denis Kapustin, unter dem Alias-Namen Denis Nikitin Gründer des Markenlabels „White Rex“ und eine der führenden Figuren der internationalen rechtsextremen Kampfsportszene. Nordrhein-westfälische Sicherheitsbehörden haben 2019 gegen ihn ein Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum erwirkt.