"Nacht und Nebel"
Das "Arcana Europa"-Festival bietet ein Forum für braune Bands der schwarzen Szene. Im vergangenen Jahr hat die Europäische Union die Veranstaltung mit Fördergeldern in Höhe von 22 700 EURO unterstützt.
Auch in diesem Jahr luden die Macher des "Arcana Europa"-Festivals einige rechtslastige Bands der Dark-Wave/Neo-Folk-Szene nach Spanien ein. Das Line-Up bestand diesmal unter anderem aus "Camerata Mediolanense", "In Gowan Ring" und "Hekate". Für die Konzerte auf Schloss San Servando, das für das passende mittelalterliche Ambiente sorgen sollte, waren somit Musikprojekte angekündigt, die in der Vergangenheit einschlägig in rechtsextremen oder gar neonazistischen Zusammenhängen in Erscheinung getreten sind. Eingefunden hatten sich zu dem Konzertwochenende, das von der Kulturvereinigung Los Cantos de Maldoror Mitte September im südlich von Madrid gelegenen Toledo organisiert wurde, zwischen 500 und 600 Besucher. Bereits im vergangenen Jahr tummelte sich das rechte Spektrum der Gothic-Szene (unter anderem "Allerseelen", "Sol Invictus") auf dem Festival. Besonders bemerkenswert dabei: es stellte sich heraus, dass die Europäische Union die Veranstaltung mit Fördergeldern in Höhe von stattlichen 22 070 EURO unterstützt hatte.
"Camerata Mediolanense" stammen aus dem italienischen Mailand und scharen sich um die Sängerin Elena Previdi. Die Band sorgte im vergangenen Jahr für Aufsehen, als sie dem "Blood&Honour Magazin Deutschland" (Nr. 9) ein Interview gab. Darüber hinaus spielten die Mailänder im Juli 2000 in Varese (Italien), wo die Europäischen Synergien ihre Sommeruniversität abhielten. Ein Jahr später traf sich dort in der Lombardei die italienische Sektion des neurechten Netzwerkes und auch sie wollte auf den trommellastigen Sound der braunen Grufties nicht verzichten. Außerdem buchten die Veranstalter des Leipziger Wave-Gotik-Treffens die Band für ihr diesjähriges Pfingstfestival, auf dem in schöner Regelmäßigkeit neben harmlosen Gothicbands rechtslastige Vertreter des Genres auftreten. Mark Schenke setzte in der Wochenzeitung "Junge Freiheit" (Nr. 25/01) in einer Festival-Nachlese große Hoffnungen auf die Mailänder Band: "Schlagwerk und eine geschulte Frauenstimme wachsen zu einem Ganzen: Schwermut mit südlicher Lebensart gepaart. Trotz mäßiger Bühnengestaltung und -inszenierung zeigt sich ein ungeheures Potenzial (...) Im Publikum massenweise gescheitelte, hagere Männer in Flecktarnjacken, ein Stil, wie er von ‘Death in June’, einer Gruppe mit Kultstatus, geprägt wurde."
Die Koblenzer Neofolk-Band "Hekate" gastierte zu Pfingsten ebenso in Leipzig. Im Juli 2000 waren einige Bandmitglieder in Tarancon, dem Schauplatz des letztjährigen "Arcana Europa"-Festivals. Dabei griffen sie "Allerseelen" – ein Projekt hinter dem sich der Wiener Gerhard Petak alias Kadmon verbirgt – bei dessen Auftritt unter die Arme. Petak schwärmt in seinen Pamphleten von den SS-Esoterikern Karl Maria Wiligut und Otto Rahn, huldigt dem rumänischen Faschistenführer Corneliu Zelea Codreanu, dem Faschismus-Vordenker Julius Evola und Leni Riefenstahl. Als Gastautor tauchte der Österreicher in der "Jungen Freiheit", den "Staatsbriefen" und in "Opposition" auf. Arne Thau von "Hekate" mag Gerhard Petak. In einem englischsprachigen Interview, das auf der offiziellen Homepage der Band nachzulesen ist, sagt Thau: "Ich kenne Kadmon jetzt schon länger als fünf Jahre und schätze seine ausgeprägte Persönlichkeit sehr – auch wenn ich seine Ansichten nicht immer teile – ,deswegen war es selbstverständlich, dass ich zusagte, als er fragte, ob ich bei ‘Allerseelen’ trommeln könnte (...)" (Übers.d.Verf.).
"In Gowan Ring" ist ein Projekt, das sich aus Musikern der US-amerikanischen Band "Blood Axis" zusammensetzt. Deren Galeonsfigur Michael Moynihan gilt als eine der schillerndsten Figuren der braunen Dark-Wave-Szene. Auch er hat ein Faible für die Nazi-Esoterik, preist die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten und stellt die Zahl der Holocaust-Opfer in Frage. "In Gowan Ring"-Mitglied B´eirth blies auf einem Album von Markus Wolffs Projekt "Waldteufel" die Flöte. Im Black-Metal-Magazin "Germanenmacht" (Ausgabe 2/97) gab Markus Wolff, der in Deutschland aufwuchs und momentan im amerikanischen Portland residiert, folgendes zum Besten: "Mein Stolz als Deutscher ist mehr ein völkischer Stolz als Glied einer langen Blutskette, die bis in die goldene Vorzeit reicht".
Für den 19. September lud die Münchner "Pagan Organization" zu einer "Nacht und Nebel Tanz und Konzertnacht" ins Ulmer "Cat". Special Act des Abends war "In Gowan Ring":"Magischer Elfenfolk aus dem Blood Axis/Waldteufel-Umfeld!" hieß es in der Ankündigung.
Als Veranstalter des "Arcana Europa"-Festivals fungiert die Asociación Cultural Los Cantos de Maldoror. Der Kulturverein aus Madrid besteht seit 1997 und sieht sich als Plattform für Künstler, wobei man vor allem mit Musikern zusammenarbeitet. Dabei wollen es die Spanier freilich nicht bewenden lassen. Sie haben ins Auge gefasst, zusammen mit Gleichgesinnten ein internationales Netzwerk zu schaffen und haben dabei schon erste Erfolge gezielt. Die Zahl der Mitglieder ist von anfangs neun auf mittlerweile etwa hundert angewachsen. Im "Arcana Europa Magazine", das vergangenes Jahr erschien, kritisierte der Vereinspräsident Alberto Monreal Losa die Moderne und war der Ansicht, dass "die Welt ein Konzentrationslager mit dem Erscheinungsbild eines Verbrauchermarktes wurde."
"Völkischer Stolz als Glied einer langen Blutskette"
Im Vorfeld des letztjährigen Festivals hatte die Europaparlamentarierin der Grünen Elisabeth Schroedter auf den Internetseiten des Veranstalters das Logo der EU entdeckt. Daraufhin machte sie die Europäische Kommission auf das Konzertwochenende aufmerksam und erkundigte sich, inwieweit es mit EU-Fördergeldern unterstützt worden sei. Da eine Antwort trotz mehrmaligen Nachfragens ausblieb, wandte sich Schroedter im November 2000 mit einer parlamentarischen Anfrage an die Kommission. Erst im März kam die Antwort und die hatte es in sich: die Konzertveranstalter von Los Cantos de Maldoror wurden aus den Töpfen der Initiative "Jugend für Europa" mit einem Betrag in Höhe von 22 070 EURO gefördert. Das Pikante dabei: eigentlich sollen mit diesen Mitteln Jugendgruppen unterstützt werden, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren. Da die Kommission nicht beabsichtigt, das Geld zurückzufordern und gerichtlich gegen die Festivalveranstalter vorzugehen, hat Elisabeth Schroedter den Europäischen Rechnungshof und den Ombudsman eingeschaltet. Momentan prüft die unabhängige Betrugsbekämpfungseinheit OLAF, ob Kommissionsbediensteten möglicherweise Betrug oder Fehlverhalten zur Last gelegt werden kann.
Roland Lory