Nach neun Jahren: Ursula Haverbeck zu nächster Haftstrafe verurteilt
Ein Jahr und vier Monate Haft lautet das Urteil im Berufungsprozess gegen die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Da die beiden Interviews, in denen sie Auschwitz als Arbeitslager bezeichnete, schon neun Jahre zurückliegen, gelten vier Monate bereits als vollstreckt. Gleich mehrere Sympathisanten störten die heutige Gerichtsverhandlung.
Wegen Volksverhetzung wurde die 95-jährige Ursula Haverbeck am Landgericht Hamburg zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Da das erstinstanzliche Urteil jedoch schon knapp neun Jahre zurückliegt, gelten vier Monate der Strafe bereits als vollstreckt. Zudem wurde in die heutige Entscheidung auch das Urteil am Landgericht Berlin mit einbezogen – dort wurde die Angeklagte im April 2022 ebenfalls wegen Volksverhetzung zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Damit bleibt es faktisch bei derselben Strafhöhe, wie auch die Richterin betonte.
Auschwitz sei kein Vernichtungslager gewesen, es habe sich ausschließlich um ein Arbeitslager gehandelt, hatte die bekannte Holocaustleugnerin in einem im Frühjahr 2015 ausgestrahlten Panorama-Interview gesagt. Am Rande eines Prozesses gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning hatte sie sich ähnlich geäußert und war für die beiden Aussagen im November 2015 vom Amtsgericht Hamburg zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt worden.
Schuld hätten die Medien
Die beiden damaligen Aussagen waren zum Großteil unstrittig, im Laufe der Verhandlung wurden Videos mit den entsprechenden Aussagen Haverbecks gezeigt, die dies auch nicht abstritt. Dementsprechend konnte die Beweisaufnahme relativ zügig geschlossen werden. Am letzten Verhandlungstag wurden lediglich die Plädoyers von Verteidigung sowie Staatsanwaltschaft gehört und anschließend das Urteils verkündet.
Das Verfahren hätte ausschließlich dem „Nutzen der öffentlichen Medien“ gedient, begann Szeneanwalt Wolfram Nahrath, der Haverbeck bereits mehrfach juristisch vertreten hat, sein Plädoyer. Die Schuld, dass die Aussagen seiner Mandantin an die Öffentlichkeit gelangten, lägen ausschließlich bei den Medien, denen Haverbecks Interview gegeben hatte. Nahrath sei von der Unschuld seiner Mandantin überzeugt und forderte einen Freispruch.
„Verhöhnung der Opfer“
„Pseudowissenschaftliche Theorien“ hingegen attestierte die Staatsanwaltschaft Ursula Haverbeck, sie sei nicht an Fakten interessiert, wolle nur ihre eigene „Wahrheit“ verbreiten und sei „nicht unwissend, sondern unbelehrbar.“ Zudem warf sie der Angeklagten vor, die Hauptverhandlung zu nutzen, um ihre Thesen zu verbreiten. Dass Öfen für das Brotbacken genutzt worden seien, bezeichnete die Staatsanwältin als eine „Verhöhnung der Opfer“ des Nationalsozialismus. Ein Jahr und sechs Monate betrachtete die Vertreterin der Strafverfolgungsbehörde als strafangemessen und sah aufgrund der nahezu neun Jahre seit dem Urteil am Amtsgericht vier Monate Haft als bereits vollstreckt an.
Das anschließende letzte Wort nutzte die Angeklagte – wenig überraschend – erneut, um ihr krudes Weltbild zu verbreiten. Die Wahrheit müsse im Zuge des Prozesses herausgearbeitet werden, schließlich sei „völlig unbekannt, was stimmt.“ Immer wieder hat Haverbeck im Laufe der drei Verhandlungstage ihre Sicht auf die Dinge verbreitet und beruft sich auf verschiedene vermeintlich seriöse Wissenschaftlicher, Historiker und Richter. „Ich flehe sie an, auch in ihrem Interesse“, so die im nordrhein-westfälischen Vlotho wohnhafte Holocaustleugnerin an die Richterin gewandt, „hören sie auf mit den Lügen.“ Nach Ende ihrer Aussagen brach frenetischer Applaus im Zuhörerbereich des Gerichtssaals aus. Rund 50 Anhänger waren zur Verhandlung gekommen, denen Haverbeck freundlich zuwinkte, als sie in den Saal gebracht wurde. Die Richterin unterbrach die Sitzung und forderte, die Personen, die applaudiert hätten, aus dem Verhandlungsaal zu werfen. Unter den Zuhörern waren auch mehrere bekannte Szene-Aktivisten, u.a. Nikolai Nerling oder Thomas „Steiner“ Wulff.
Nächster Antrag auf angebliche Haftunfähigkeit
Es sei „gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung“, gab die Richterin Haverbeck mit auf den Weg, dass Überlebende des Holocausts durch die Aussagen der Angeklagten „nicht erneut gedemütigt werden.“ Sie habe vorsätzlich gehandelt, auch gebe es keine positive Sozialprognose, die Angeklagte würde ihre Aussagen vermutlich auch in Zukunft wiederholen, so wie sie es unzählige Male in der Vergangenheit getan hat und deswegen bereits vierfach vorbestraft ist.
Haverbeck bleibt noch das Mittel der Revision, das sie gegen das Urteil einlegen kann. Doch selbst wenn diese verworfen werden sollte, bleibt ein Haftantritt ungewiss. Auch über zwei Jahre nach dem Urteil am Landgericht Berlin dauert die juristische Auseinandersetzung um ihre Haftfähigkeit weiter an. Zwischenzeitlich wurde diese der Holocaustleugnerin attestiert und es erging eine Aufforderung zum Haftantritt in einem Justizkrankenhaus. Dieser kam Haverbeck jedoch nicht nach – und mittlerweile gibt es den nächsten Antrag ihrer Verteidigung, eine angebliche Haftunfähigkeit feststellen zu lassen.