Mörderische Brandstifter
Am Sonntag jähren sich zum 22. Mal die Brandanschläge auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Mölln.
Anfang der 90er Jahre erschütterte eine fremdenfeindliche Gewaltwelle die Bundesrepublik Deutschland. Höhepunkte bildeten die tagelangen fremdenfeindlichen Ausschreitungen im September 1991 im sächsischen Hoyerswerda und im August 1992 in Rostock‐Lichtenhagen, gefolgt von den rechtsextrem motivierten Brandanschlägen am 23. November 1992 in Mölln.
Bei den Anschlägen in Mölln schleuderten die Neonazis Michael P. (damals 25), zeitweilig NPD-Mitglied, und Lars C. (19), Anhänger der 1995 wegen Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verbotenen Neonazi-Truppe „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), zwei Brandsätze in ein von sechs türkischen Familien bewohntes Haus. Bei dem Anschlag wurden mehrere Menschen schwer verletzt. Als das Haus in Flammen stand, riefen die Neonazis bei der Polizei an und brüsteten sich mit den Worten: „In der Ratzeburger Straße brennt es. Heil Hitler!“ Vom Tatort aus brausten die Neonazis weiter zur Mühlenstraße 9, dem Wohnhaus der Familie Arslan. Dort gossen sie Benzin in den Hausflur und warfen zwei brennende Molotow-Cocktails. Bei dem Anschlag wurden drei Mitglieder der Familie Arslan, Bahide (51), Ayse (14), Yelz (10) getötet, und neun zum Teil schwer verletzt. Erneut riefen die Neonazis bei der Polizei an meldeten: „In der Mühlenstraße brennt es. Heil Hitler!“
Vor den mörderischen Brandanschlägen waren P. und C. bereits einschlägig aufgefallen. Am 5. September 1992 zogen sie mit 30 anderen Vermummten zum Asylbewerberheim in Pritzier im Kreis Hagenow (Mecklenburg-Vorpommern) und wollten es stürmen. Weil aber zuviel Polizei vor Ort war, schleuderten sie zwei Brandsätze in Richtung der Beamten.
Täter wieder auf freiem Fuß
Am 8. November 1993 erklärte der II. Strafsenats am Oberlandesgericht Schleswig P. und C. des dreifachen Mordes, des 39-fachen Mordversuchs und der besonders schweren Brandstiftung für schuldig. P. wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, C. zehn Jahre Jugendstrafe, er wurde im Juni 2000 nach siebeneinhalb Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. P. kam im November 2007 frei. Die Täter leben heute mit neuen Identitäten.
Dieser Brandanschlag war schon fast verdrängt und als Einzelfall abgetan worden, als erneut ein von Menschen mit Migrationshintergrund bewohntes Haus in Flammen aufging. Am 29. Mai 1993 steckten Rechtsextremisten im nordrhein-westfälischen Solingen das Wohnhaus der türkischen Familie Genc in Brand. Die Familie war vor 23 Jahren in die Bundesrepublik gekommen. In deren Haus in der Unteren Wernerstraße 81 in Solingen starben fünf Frauen und Kinder: Gülüstan Öztürk (12) und Gürsün Ince (27) sowie Saime Genc (4), Hülya Genc (9) und Hatice Genc (18). Die vier rechtsextremen Täter, zum Tatzeitpunkt zwischen 16 und 23 Jahre alt, wurden vom Oberlandesgericht Düsseldorf im Oktober 1995 wegen fünffachen Mordes, 14-fachen Mordversuchs und besonders schwerer Brandstiftung zu Jugend- und Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt. Mittlerweile befinden sie sich allesamt wieder auf freien Fuß.