Mit der „Erfurter Resolution“ auf Rechtskurs

Die AfD in Thüringen gehört zu den drei Landesverbänden, die mit ihrer Positionierung am rechten Rand bei Landtagswahlen 2014 Ergebnisse um zehn Prozent eingefahren hat. Nun will man auch auf Bundesebene die Partei stärker nach rechts rücken.

Montag, 16. März 2015
Kai Budler

Björn Höcke ist das Gesicht und das Aushängeschild der „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Thüringen. Mit ihm als Spitzenkandidaten erhielt die Partei bei den Landtagswahlen im vergangenen September 10,6 Prozent der abgegebenen Stimmen und sitzt seitdem mit elf Abgeordneten im Erfurter Landtag. Nach anfänglichen Streitereien im Landesverband war der Vorstand zuvor im Juni 2014 komplett zurück getreten und hatte den Weg für Höckes Wahl zum Landessprecher freigemacht. Kurz darauf veröffentlichte der Gymnasiallehrer seine rechtspopulistischen „10 Thesen für den Freistaat Thüringen“ und bezeichnete die AfD als „identitäre Kraft“, „die letzte evolutionäre Chance für unser Land“. Er witterte eine „Zeit der Gleichschaltungstendenzen“ und forderte eine „Aussetzung des Schengener Abkommens“ sowie eine „Einschränkung des Asylrechts“. Mit der Äußerung, Moscheen seien ein „Symbol der Landnahme“ stieß Höcke weit in den rechten Rand hinein, denn bislang war der Moscheenbau nur Thema in den Programmen der NPD und „pro“-Parteien.

Nun aber sei die AfD in Gefahr, heißt es in der „Erfurter Resolution“, die Höcke mit André Poggeburg von der AfD Sachsen-Anhalt am Wochenende beim Landesparteitag in Arnstadt vorgestellt hat und die gleich vier weitere AfD-Landtagsabgeordnete als Erstunterzeichner namentlich unterstützen. Auch Alexander Gauland, AfD-Fraktionsvorsitzender im brandenburgischen Landtag, unterzeichnete die Resolution noch am Tag ihrer Veröffentlichung. Er hatte seine Parteimitglieder in einer E-Mail erst im vergangenen Monat zur Stärkung des „rechten Flügels“ der Partei aufgerufen. Die Resolutionsunterzeichner kritisieren, statt der versprochenen Alternative passe sich die Partei „dem Technokratentum, der Feigheit und dem Verrat an den Interessen unseres Landes an“. Damit verliere sie „genau das, was unsere Daseinsberechtigung ausgemacht hat“.

„Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität“

Besondere Erwähnung finden die Aufmärsche von Pegida und ihren Ablegern, die in der Resolution „bürgerliche Protestbewegungen“ genannt werden. Die Partei habe sich davon fern gehalten oder sich distanziert, obwohl sich „tausende AfD-Mitglieder als Mitdemonstranten oder Sympathisanten an diesen Aufbrüchen“ beteiligt hätten. Immer wieder blitzen in der Resolution Diktum und Inhalte von Björn Höcke auf. Dies zeigt sich, wenn Multikulturalismus und Gender Mainstreaming als „Gesellschaftsexperimente“ bezeichnet werden und aus der AfD eine „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität“ wird. Mit der mehrheitlichen Billigung auf dem Landesparteitag beteiligt sich die Thüringer AfD nun am weiteren Rechtsruck der Partei auf Bundesebene, wie er in einem Strategiepapier deutlich wurde, das im Januar vor dem Bundesparteitag in Bremen öffentlich wurde. Unter den ersten drei politisch-strategischen Schwerpunkten waren dort die Positionen zu Islamismus, Asylpolitik und zur inneren Sicherheit aufgezählt worden.

Als Reaktion auf die „Erfurter Resolution“ und die „ultrakonservative Ausrichtung“ ist nach Angaben der „Thüringer Allgemeine“ der Landtagsabgeordnete Jens Krumpe aus dem AfD-Landesvorstand zurückgetreten. Auf positive Resonanz stößt das Papier hingegen bei Götz Kubitschek, Verleger und Herausgeber der neurechten Zeitschrift „Sezession“. Dort hatte Höcke ein langes Interview gegeben und war von Kubitschek mit den freundlichen Worten begrüßt worden „Björn, wir kennen uns nicht erst seit gestern“. Der 42-Jährige gehört laut Kubitschek zu denen „die wir im Verlauf unserer langjährigen Verlagsarbeit, im Wandervogel, beim Militär oder auf einer der mittlerweile zahllosen Veranstaltungen des Instituts für Staatspolitik (IfS) kennengelernt haben“. Erst kürzlich war ein Antrag des neurechten Publizisten auf Aufnahme in den AfD-Landesverband in Sachsen-Anhalt von der Bundesspitze abgelehnt worden. Der Landesverband hatte mit der Person Kubitschek, der auch als Redner bei Pegida und Legida aufgetreten war, offenbar keine Probleme, AfD-Landeschef Poggenberg sprach gar von einer „Bevormundung“ der Bundesspitze. In einer ersten Bewertung der „Erfurter Resolution“ lobt Kubitschek das Papier für die Bereitschaft, mit gezieltem Tabubruch den Handlungsspielraum „außerhalb des Parteienrechts und der Rechtsordnung des Staates“ auszuweiten.

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