AfD-Kandidat

Maximilian Krahs Verbindungen in das (neu-) rechte Spektrum

Am 12. Juni findet in der „Pegida-Hauptstadt“ Dresden die Wahl zum Oberbürgermeister statt. Unter den neun BewerberInnen ist auch der AfD-Europaparlamentarier Maximilian Krah.

Freitag, 13. Mai 2022
Anton Maegerle
Maximilian Krah, hier noch als Kandidat für die Europawahl, jetzt kandidiert er in Dresden. Foto: Thomas Witzgall
Maximilian Krah, hier noch als Kandidat für die Europawahl, jetzt kandidiert er in Dresden. Foto: Thomas Witzgall

Der Rechtsanwalt Maximilian Krah, zeitweilig Pressesprecher der CDU Dresden, wechselte 2016 zur AfD. Als Grund nannte Krah die Grenzöffnung 2015 und „die ihr folgende Masseneinwanderung“. Grund für ihn zur Erkenntnis, „dass die CDU den Konservatismus nicht repräsentiert, sondern neutralisiert.“

Krah ist seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der AfD Sachsen und seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Dort gehört er der Fraktion Identität und Demokratie (ID) an. Führende ID-Mitgliedsparteien sind die französische Rassemblement National (RN) (vormals Front National), die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und die italienische Lega Nord. Mit einem Leserbrief 2007 in der Jungen Freiheit machte Krah erstmals in extrem rechten Zusammenhängen auf sich aufmerksam.

 „Fleisch vom Fleische“

Am 1. Mai hielt Krah in Dresden seine erste öffentliche Rede als Bürgermeisterkandidat. Seinen Auftritt kommentierte das rechtsextreme Internetportal PI News mit den Worten: „Mit Maximilian Krah tritt ein gebürtiger Dresdner an, der nicht nur auf eine politische Vergangenheit in der CDU zurückblicken kann, sondern auch `Fleisch vom Fleische´ des ansässigen Bürgertums ist.“ Das islamfeindliche Blog weiter: „Die Familie ist christlich, konservativ, sächsisch. Kein Wunder also, dass auch die lokalen Freien Wähler seine Kandidatur unterstützen.“

Bei der Dresdner Stadtratswahl 2019 hatten die Freien Wähler, eine Melange aus Pegida-Recken, Neurechten und AfD-Sympathisanten, aus dem Stand heraus 5,3 Prozent und somit vier Sitze im Stadtrat erzielt. Stadträte der Freien Wähler sind unter anderem die landesweit bekannten Rechtsaußen Susanne Dagen und Frank Hannig.

Zu Gast beim „Institut für Staatspolitik“

Der katholische Fundamentalist Krah, der per Anzeige in der rechtsklerikalen Zeitschrift Cato Eigenwerbung betreibt, stand der April-Ausgabe des rechtsextremen Monatsmagazins „Zuerst!“ Rede und Antwort. Der Europaabgeordnete diffamierte die EU als „ein Anti-Europa. Das, was Europa im Kern ausmacht – kulturell, traditionell und in der Vielfalt seiner Völker -, ist das, was die EU zerstören möchte. Durch Einwanderung, durch die Umwertung aller Werte, durch Traditionszerstörung, durch Gleichmacherei.“ Verschwörungstheoretisch gibt Krah kund: „Das zentrale Projekt der Eliten in Brüssel, aber auch in Berlin ist es, die Migration auf hohem Niveau fortzusetzen. Das sagen sie ja auch ganz offen. Sie fahren nach Afrika und erzählen dort, wir brauchen mehr Migration aus Afrika.“

Über „Politik in Brüssel“ referierte Krah bei der 20. Sommerakademie des rechtsextremen „Instituts für Staatspolitik“ (IfS) im September 2019 im sachsen-anhaltinischen Schnellroda. Zuvor hatte er für die 90. Ausgabe des IfS-Sprachrohrs „Sezession“ zur Feder gegriffen. Im Juli 2021 wurde in Schnellroda ein Streitgespräch zwischen Krah und dem rheinland-pfälzischen AfD-Mitglied und Geschichtsrevisionisten Stefan Scheil veranstaltet. Hier erklärte Krah offen seine Feindschaft zum „Globalismus in den Farben des Regenbogens“.

Erwähnung im Verfassungsschutz-Gutachten

Dem IfS ist Krah treu verbunden. Regelmäßig lädt er „interessante und fachkundige Gäste“ zur Diskussion aktueller politischer Themen nach Dresden (Dresdner Gespräche) ein. Darunter waren auch IfS-Geschäftsführer Erik Lehnert und IfS-Gründungsmitglied Karlheinz Weißmann.

Mehrfach ist der Politiker im Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD (2019) erwähnt. So notierten die Verfassungsschützer, dass Krah „regelmäßig auf den Begriff `Umvolkung´“ zurückgreife. Demnach rechtfertigte er diesen Terminus ausdrücklich am 2. Oktober 2018 auf der Internetplattform „Deutschland-Kurier“. Erwähnt wird Krah auch im Kapitel „Verbindungen im Rahmen eines sogenannten neurechten bzw. rechtspopulistischen `Widerstandsmilieus´“. Demnach unterstützt Krah die rechtsextreme Initiative „Ein Prozent“ in sozialen Medien.

Umstrittener Mitarbeiter

Ebenfalls 2019 lieferte Krah bundesweite Schlagzeilen, als er einen Mitarbeiter im Europaparlament einstellte, den der französische „Rassemblement National“ zuvor wegen Antisemitismusvorwürfen gefeuert hatte. Ein Foto zeigte den späteren Krah-Mitarbeiter Guillaume Pradoura mit Schläfenlocken und Hut verkleidet als orthodoxen Juden, das Gesicht verzerrt, die Finger wie Krallen gekrümmt. Angeblich ein Scherz, der jedoch Assoziationen an antisemitische Propaganda aus dem Hause des NS-Propagandisten Julius Streicher hervorruft.

Krah leistete über Jahre hinweg juristischen Beistand für die reaktionäre Priesterbruderschaft St. Pius X., deren Anhänger die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils für Teufelszeug erachten. Zeitweilig wirkte er als Verteidiger des britischen Piusbruder-Bischofs Richard Williamson, der in einem Interview für das schwedische Fernsehen die Existenz von Gaskammern in NS-Konzentrationlagern angezweifelt hatte. 2005 bescheinigten die katholischen Traditionalisten dem „Bruderschafts-Anwalt“ (O-Ton Williamson) „paulinischen Mut“.

„God, Honor, Country“

Ein Foto zeigt Krah mit dem ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon, dessen Vision einer katholischen Populisten-Akademie im ehemaligen italienischen Kloster Trisulti zwischenzeitlich wie eine Seifenblase zerplatzt ist.

In der italienischen Hauptstadt Rom fand im Februar 2020 eine Tagung zum Thema „Nationalkonservatismus“ statt. An dem Kongress unter dem Motto „God, Honor, Country“ (Gott, Ehre, Vaterland) nahmen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten aus mehreren europäischen Staaten, Israel und den USA teil. Auch Mandatsträger der AfD, darunter Beatrix von Storch, Petr Bystron, und Krah, waren unter den rund 250 BesucherInnen.

Von Le Pen bis hin zu Orbán

Zu den Kongress-TeilnehmerInnen zählten Szene-Größen wie die Enkelin von Jean-Marie Le Pen, Marion Maréchal, vom französischen „Rassemblement National“, Giorgia Meloni, Vorsitzende der italienischen Partei Fratelli d’Italia, Santiago Abascal, Chef der spanischen Partei Vox, und der ungarische Regierungschef und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orbán. Kurzfristig an der Teilnahme verhindert war der ehemalige italienische Innenminister und Lega-Führer Matteo Salvini.

Organisiert wurde die Veranstaltung von der im Januar 2019 gegründeten „Edmund Burke Foundation“ (USA), die sich dem Nationalkonservatismus und der Vision der Rückkehr der Staaten zur Nationalstaaterei verschrieben hat. In der Ankündigung zum Kongress war entsprechend zu lesen: „Jeder heute weiß, dass Europa am Scheideweg steht. Der Aufstieg des Nationalismus in Europa, in den Vereinigten Staaten und der gesamten demokratischen Welt wird von vielen als Bedrohung für die liberale Nachkriegsordnung gesehen. Andere aber sehen in der erneuerten Betonung des Patriotismus und der Freiheit der Nationen die Weiterführung einer der besten politischen Traditionen des letzten Jahrhunderts. Ist der neue Nationalismus also tatsächlich eine Bedrohung oder – im Gegenteil – nicht eher ein Wert?"

Szene-Mitbewerber

40.000 Menschen demonstrierten am 20. November 2021 unter dem Motto „Demo für die Freiheit“ in der Wiener Innenstadt gegen den angekündigten landesweiten Corona-Lockdown. Auf Plakaten standen Sprüche wie „Nein zur Impfung“, „Genug ist genug“ und „Nieder mit der faschistischen Diktatur“. Zur Demonstrationsteilnahme wurde auch aus Kreisen der AfD, namentlich unter anderem Krah, aufgerufen. Dennoch steht die „Corona-Szene“ in Dresden nicht geschlossen hinter Krah. Mit Marcus Fuchs, Kopf der „Querdenken 351“-Initiative in Dresden, hat Krah einen Szene-Mitbewerber bei der OB-Wahl.

Wenige Tage vor der Demonstration in Wien hielt sich Krah gemeinsam mit Parteifreunden in der ukrainischen Hauptstadt Kiew auf. Krah notierte: „Die Ukraine ist ein wunderbares Land, das unter die Räuber gefallen ist. Derzeit ist es das größte Hindernis für eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland. Mit den Kollegen Petr Bystron und Uli Singer aus Bundestag und Bayrischem Landtag haben wir uns informiert: gestern als Wahlbeobachter in Charkow, heute bei einem bedrohten TV-Sender der Opposition und schließlich bei einem Solidaritätsbesuch des berühmtesten politischen Gefangenen des Landes, dem Oppositionsführer Medvechuk, der unter Hausarrest steht. EU und USA finanzieren ein repressives, korruptes Regime und seinen Krieg. Eine neue Ukraine-Politik ist notwendig!“

Ukraine-Krieg

Krah vergaß zu erwähnen, dass Medvedchuk ein guter Freund des russischen Autokraten Putin ist. Der AfD-Politiker vertritt die Auffassung, dass die Aufnahme der Ukraine in die EU „komplett absurd“ sei. Der russische Angriff auf die Ukraine führt seiner Ansicht nach „zu Reaktionen in der EU, die mir zunehmend mehr Angst machen als der Angriff selbst“. 2019 führte Krah in einem Interview mit dem rechtsextremen „Compact-Magazin“ aus: „Die Soros-Clinton-Truppe hat die Ukraine mit falschen Versprechungen gekapert und zu einem Spaltpilz gemacht.“

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