Demo für Janich und Ballweg

Markus Haintz bläst Demozug am 9. November kurzfristig ab

Die innerhalb der verschwörungsideologischen Szene geführte Debatte um die Person Markus Haintz ist seit gestern um eine bedeutende Episode reicher. Der Baurechtsanwalt hatte für den geschichtsträchtigen 9. November eine Demo in München angezeigt. Es sollte um die aus seiner Sicht „politischen Gefangenen“ Michael Ballweg und Oliver Janich gehen.

Samstag, 12. November 2022
Thomas Witzgall
Markus Haintz im Gespräch mit Gegenprotest
Markus Haintz im Gespräch mit Gegenprotest

Der Schenkungsunternehmer Ballweg wurde bekanntlich wegen diverser Vorwürfe um den Umgang mit eingeworbenen Geldern angeklagt. Er sitzt wegen Fluchtgefahr momentan in der JVA Stammheim in Stuttgart ein. Der antisemitische Verschwörungserzählungen und den QAnon-Kult verbreitende Oliver Janich ist dagegen in seiner Wahlheimat auf den Philippinen in Auslieferungshaft. Er soll besonders auf Telegram die Erhängung Prominenter und demokratischer Politiker gefordert haben.

Haintz gab an, es fühle sich nicht mehr richtig an, an einem 9. November auf die Straße zu gehen. Er hatte nach der Eröffnung länger an der Absperrung mit einem Gegendemonstranten jüdischer Abstammung gesprochen. Die Absage kam dann überraschend, hatte es die gleichen Bedenken schon im Vorfeld der Demo geben.

Besonders die SZ hatte darauf hingewiesen, wofür Markus Haintz sie auf Telegram scharf angriffen hatte, sogar noch in seiner ersten Rede am Abend. Zudem hatte er die Bedenken von Charlotte Knobloch, der Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, zurückgewiesen.In dieser Rede ging er auf problematische Äußerungen ein, die er etwa im öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder von jetzt nicht gerade so bekannten "Promis" ausgemacht haben wollte. Dem Eindruck nach sollte so die Problematik der Äußerungen und Aufforderungen, wegen der Janich in Deutschland der Prozess gemacht werden soll, vermindert und relativiert werden.

Zuspruch blieb weiter hinter Erwartungen zurück

Mit der Rolle rückwärts ließ er die rund 350 Anhänger vor Ort, darunter rechte Medienaktivisten wie Oliver Flesch, und viele Anhänger im Netz einigermaßen ratlos zurück.

Teilnehmer mit einem Plakat zum Great Reset des rechten Projektes Auf1
Teilnehmer mit einem Plakat zum Great Reset des rechten Projektes Auf1

Haintz hatte für 800 Teilnehmende angemeldet, was etwa im oberen Bereich dessen lag, was die lokale verschwörungsideologische Szene um „München steht auf“ momentan wöchentlich mobilisieren kann. Gekommen war nicht mal die Hälfte. Der antisemitische Videoblogger Nikolai Nerling, der sich wohl unabgesprochen mit der Forderung nach der Freilassung von Schoa-Leugnern in die Mobi eingeklinkt hatte, war nicht erschienen. Nerling hat allerdings unter den Anwesenden einiges Fans Zudem trugen Teilnehmende ein Plakatmotiv des verschwörungsideologischen Medienprojekts AUF1 bei der Versammlung, dass den jüdischen Philanthropen George Soros zeigt als Teil einer angeblichen Verschwörung mächtiger Eliten zu einem "Great Reset". Die Darstellung spielt recht offen mit der antisemitischen Erzählung einer "jüdischen Weltverschwörung", wobei Soros in dem Baukastensystem, mit dem sich Verschwörungsgläubige ihre Weltsicht basteln, für den "Großen Austausch" stehen soll. Oliver Janich, dessen Freilassung mit der Demo gefordert werden sollte, war laut Tagesspiegel auch mit der Parole aufgefallen, Soros solle gehängt werden.

Dem sehr kurzfristig angezeigten Gegenprotest von München ist bunt hatten sich immerhin rund 250 Personen angeschlossen, darunter der Kabarettist Christian Springer, der aus der Gerichtsshow "Richter Alexander Holt" bekannte Jurist und SPD-Stadtrat in München, Christian Vorländer, sowie sein Stadtratskollege, der Musiker Roland Hefter.

Auf der Seite der Haintz-Demo wurden zudem einige AfD-Funktionäre gesichtet, darunter der Landtagsabgeordnete Ferdinand Mang, weiter mindestens eine Person in Kleidung der Identitären Bewegung, sowie ein bekannter bekennender Neonazi aus dem Raum Rosenheim.

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