„Magida“ contra „Trauermarsch“
Lange Zeit stand nicht fest, ob auch 2016 rechtsextremer Aufzug zum Jahrestag der Bombardierung von Magdeburg im Jahr 1945 stattfindet. Nun hat der rassistische Pegida-Ableger „Magdeburger gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Magida) einen kurz zuvor angemeldeten Aufmarsch für den 16. Januar in der Elbestadt wieder abgemeldet.
Seit 1998 gehen Neonazis im Januar in Magdeburg auf die Straße, um den Jahrestag der Bombardierung der Stadt am 16. Januar 1945 für ihre Zwecke zu nutzen. Zeitweise zählte der geschichtsrevisionistische „Trauermarsch“ zu den bundesweit größten Aktionen, mit denen Neonazis die Bombardierung deutscher Städte durch die Alliierten instrumentalisieren wollten. Doch ähnlich wie in anderen Städten hat auch in Magdeburg das typische Mobilisierungsthema der Neonazis seit Ende der 1990er Jahre inzwischen seinen Zenit überschritten und an Anziehungskraft eingebüßt.
Nach dem Höhepunkt des Aufmarsches im Januar 2012 sank die Teilnehmerzahl kontinuierlich, bis im vergangenen Jahr nur noch knapp 300 Neonazis den Weg nach Magdeburg fanden. Die Zahl der Neonazi-Gegner hingegen stieg an, zeitweise protestierten mehrere tausend Personen in Magdeburg gegen den braunen Spuk. Offenbar genervt von ihrem Misserfolg erklärten die Organisatoren von der neonazistischen „Initiative gegen das Vergessen“ im August 2015, sie würden die Arbeit zum „jährlich stattfindenden Gedenken in Magdeburg auf Weiteres einstellen“. Stattdessen sollten Arbeit und Organisation in die Hände einer „nachfolgenden Generation“ abgegeben werden.
Querverbindungen unübersehbar
Die schien zwischenzeitlich gefunden, Ende Dezember 2015 meldete die Gruppierung „Magdeburger gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Magida) einen Aufmarsch für den 16. Januar an. Seit November 2014 macht „Magida“ von sich reden, im Januar 2015 fanden die ersten zwei Kundgebungen mit bis zu 800 Personen in Magdeburg statt. Die Organisatoren und Ordner „rekrutierten sich mehrheitlich aus der rechten Fußball- und Hooliganszene. Viele von ihnen weisen eine starke inhaltliche Rezeption jugendkultureller Inhalte der extremen Rechten auf“, analysierte der zivilgesellschaftliche Verein „Miteinander e.V. Dem Verein zufolge waren die „Magida“-Anmelder bei den Republikanern oder in der rechten Hooligan-Szene aktiv, die Redner auf den Kundgebungen gehörten zum „rechtspopulistischen Umfeld der AfD oder dem Umfeld der Neonazi-Szene“. Mit rassistischen und demokratiefeindlichen Ressentiments hetzten sie „insbesondere gegen Migranten, Moslems sowie Sinti und Roma, aber auch gegen Journalisten und ‚die Politik‘“, heißt es seitens Miteinander e.V.
Die Querverbindungen zwischen „Magida“ und dem braunen „Trauermarsch“ sind unübersehbar. So trat beispielsweise der AfD-Anhänger Michael A. bei „Magida“ auf. Er soll an der Finanzierung eines Flugzeuges beteiligt gewesen sein, das 2014 bei dem Neonazi-Aufmarsch in Magdeburg rechtsextreme Geschichtspropaganda verbreitete. Mit ihrer Teilnahme unterstützten die Organisatoren des bisherigen Aufmarsches um Andy Knape und Sascha Braumann ebenfalls die „Magida“-Kundgebungen. Am 26. Januar vergangenen Jahres versuchten Neonazis mit einem eigenen Block die Kundgebung zu dominieren. Nach einer „Magida“-Veranstaltung im Dezember ermittelt die Polizei wegen Mordaufrufen gegenüber Politiker der Grünen und der Linken. Auch das Bundesinnenministerium kommt zu dem Schluss, dass bei „Magida“-Veranstaltungen „eine rechtsextremistische Steuerung oder Einflussnahme festgestellt werden“ konnte. Laut Ministerium gelten sie als „rechtsextremistisch bewertete GIDA-Veranstaltungen“, die „durch die rechtsextremistischen Parteien“ unterstützt werden. (bnr.de berichtete)
Anfang Januar wurde nun bekannt, dass „Magida“ die Anmeldung für den 16. Januar ohne Angabe von Gründen zurückgezogen hat. Das Bündnis „Magdeburg nazifrei“ will hingegen noch keine Entwarnung geben und erklärt: „Die Nazis mobilisieren intensiv für den 16.01. nach Magdeburg“. Bereits im vergangenen Jahr war die Anmeldung der Neonazis für ihren Aufmarsch erst kurz vor dem eigentlichen Datum eingetroffen. „Magdeburg nazifrei“ ruft derweil zu „Blockaden und einem aktivistischen Protestgeschehen“ gegen einen möglichen Aufmarsch in der Elbestadt auf. Für den 16. Januar liegen insgesamt elf Anmeldungen für Proteste gegen den Neonazi-Aufzug in Magdeburg vor.