Landtagswahlen
Landtagswahlen: Zugewinne für AfD bei jungen Wählern
Die AfD konnte bei den letzten Landtagswahlen erneut eine steigende Zustimmung verbuchen. Blickt man auf die Daten der Wahlforschung, so lassen sich zwar meist Kontinuitäten bei der Sozialstruktur der Wähler ausmachen. Es gibt aber auch neuere Entwicklungen, welche bei der Ursachenanalyse stärker berücksichtigt werden sollten.

Die AfD konnte bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen erneut eine hohe Wählerzustimmung für sich verbuchen: Einmal waren es 14,6 (mit einem Plus von 4,4 Prozent) und einmal 18,4 Prozent (mit einem Plus von 5,3) der Stimmen. Somit erreichte man zweistellige Resultate auch im Westen, das Ergebnis in Hessen steht sogar für die bislang höchsten Stimmenanteile im Westen.
Blickt man auf die Daten, die von der Forschungsgruppe Wahlen und infratest dimap ermittelt wurden, dann lassen sich weitgehend Kontinuitäten bei der Sozialstruktur der Wähler ausmachen: Insbesondere den mittleren Altersgruppen angehörende Männer, die Arbeiter sind und über eine mittlere oder niedrige Bildung verfügen, votierten für die Partei. Gleichwohl konnte die AfD auch Wähler gewinnen, welche andere soziale Besonderheiten aufwiesen, dann aber eher in einem unterdurchschnittlichen Sinne. Blickt man auf die Ergebnisse der letzten Jahre gibt es in vielerlei Hinsicht zwar Kontinuitäten, aber auch einige Auffälligkeiten und Brüche, welche besondere Aufmerksamkeit mit längerfristiger Perspektive verdienen.
Auch Jungwähler überdurchschnittlich präsent
Mit Blick auf die AfD waren bei den Altersgruppen bislang die älteren und jüngeren Wähler nur unterdurchschnittlich stark vertreten. Diese Auffälligkeit gilt für die Erstgenannten weiterhin, aber nicht mehr für die Jüngeren. In Bayern votierten 17 und in Hessen 18,5 Prozent von ihnen für die Partei. Demnach hat sich in dieser Altersgruppe eine Änderung vollzogen, von einer unterdurchschnittlichen hin zu einer leicht überdurchschnittlichen Zustimmung. Die Einsicht ist vor folgendem Hintergrund interessant: Bei den früheren Erfolgen der NPD, die sie in den 2000er Jahren verbuchen konnte, war noch die Gruppe der Jungwähler überdurchschnittlich präsent.
Bei den AfD-Erfolgen seit Mitte der 2010er Jahre verhielt es sich anders, votierte diese Altersgruppe doch unterdurchschnittlich für die Partei. Hier könnte sich eine Änderung abzeichnen, welche längerfristig bis in die Zukunft wirkt. Denn nicht selten behalten etwa Erstwähler ihr Wahlverhalten bei. Insofern bedarf es einer besonderen Aufmerksamkeit für den Bereich der jüngeren Wähler. Die in dieser Altersgruppe mitunter sehr erfolgreichen Grünen verloren ebendort an Zustimmung.
Mobilisierung auch von früheren Grünen-Wählern
Auffällig ist bezogen auf die Grünen noch ein anderes Spezifikum bei den aktuellen Wahlen. Dazu muss zunächst aus dem vergleichenden Blick darauf hingewiesen werden, dass sich die Anhänger der AfD sozialstrukturell von denen der Grünen sehr stark unterscheiden. Bei keiner anderen Partei gibt es diesbezüglich so starke Unterschiede. Insofern konnte es hinsichtlich der AfD bezogen auf die Herkünfte neuer Wähler nicht verwundern, dass sie kaum von ehemaligen Grünen-Wählern für sich Stimmen mobilisieren konnte.
Dies war sowohl in Bayern wie in Hessen anders: Einmal votierten 20.000 und einmal 9.000 frühere Grünen-Wähler für die Partei. Dies sind zwar mit vergleichendem Blick nach wie vor die geringsten Werte, kamen doch weitaus mehr von der CDU bzw. CSU (in Bayern 80.000, in Hessen 17.000) und der SPD (in Bayern 20.000, in Hessen 29.000). Gleichwohl gelang es der AfD zumindest in Ansätzen, in einem bislang noch nicht ansprechbaren Wählersegment erstmals größere Zustimmung zu mobilisieren. Auch diese Detailerkenntnis lässt einen neuen Trend erkennen, welcher größere Beachtung in der Zukunft verdient.
„Enttäuschung“ oder „Überzeugung“ als Wahlmotiv
Und dann sind noch die Daten zur Frage interessant, ob die AfD eher aus Enttäuschung oder Überzeugung gewählt wurde. Diesbezügliche Angaben können für die Diskussion darüber, ob die AfD eher als Protestpartei zu verstehen ist, von größerer Relevanz sein. Die Daten präsentieren dazu kein eindeutiges Ergebnis, vermitteln aber einen Trend: In Bayern nannten 46 Prozent „Enttäuschung“ als Motiv, 47 Prozent waren es bei „Überzeugung“. In Hessen gab es ein 44 zu 53 Prozent-Verhältnis. Demnach lässt sich eine leichte Mehrheit für die politische Überzeugung konstatieren.
Blickt man dann noch auf die Angaben für 2018, so zeigt sich eine eindeutige Veränderung. Seinerzeit gab es in Bayern ein 56 zu 38 Prozent- und in Hessen ein 62 zu 32 Prozent-Verhältnis. Die AfD wird nach diesen Daten immer weniger aus Protest und immer mehr aus Überzeugung gewählt. Es gibt demnach eine kontinuierliche Entwicklung in diesem Sinne, welche eben für eine Verfestigung bezüglich des zukünftigen Wahlverhaltens spricht. Man muss insofern Abschied von einer ohnehin eindimensionalen, simplen und unterkomplexen Protestwähler-These nehmen.