Kriminelle Neonazi-Truppe

Mit 24 Festnahmen und mehr als 30 Hausdurchsuchungen ist die Staatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag gegen Mitglieder und Unterstützer des neonazistischen „Aktionsbüros Mittelrhein“ vorgegangen.

Dienstag, 13. März 2012
Tomas Sager

In zehn Städten in Rheinland-Pfalz, sieben Städten in Nordrhein-Westfalen sowie jeweils einer Stadt in Thüringen und Baden-Württemberg durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft seit dem Morgen insgesamt 33 Wohnungen. Die Beamten stellten dabei vor allem Computer, Datenträger und schriftliche Unterlagen sicher. Insgesamt 300 Einsatzkräfte waren an der Aktion beteiligt.

Bei dem „Aktionsbüro“ habe es sich spätestens seit dem Frühjahr 2011 um eine kriminelle Vereinigung gehandelt, erklärte die Staatsanwaltschaft am Nachmittag. Sie ermittelt gegen insgesamt 33 Beschuldigte: 28, darunter sechs Frauen, sollen Mitglieder dieser Vereinigung gewesen sein. Drei Beschuldigten wird die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Zwei weitere sollen gemeinsam mit Angehörigen des „Aktionsbüros Mittelrhein“ einen schweren Landfriedensbruch begangen haben.

Angriff auf linkes Wohnprojekt in Dresden

Ein Schwerpunkt des „Aktionsbüros“ sei die „Anti-Antifa-Arbeit“ gewesen, so die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. Die Neonazis hätten politische Gegner ausgespäht, um sie dann zu outen. Dabei seien teilweise auch „technische Mittel“ eingesetzt worden, um Wohnanschriften ausfindig zu machen. Die Neonazis seien aber auch offen gewalttätig geworden, berichteten Staatsanwaltschaft und Polizei.

Vier konkrete Ereignisse nannten die Ermittler: Im Januar 2011 seien in Wuppertal am Rande einer Flugblattverteilung linke Gegendemonstranten gewaltsam attackiert worden. Im Februar 2011 hätten Neonazis bei der Anreise zu einer Demonstration in Dresden Busse mit Gegendemonstranten angegriffen und dabei zwei Busfahrer verletzt; anschließend hätten sie ein linkes Wohnprojekt in der sächsischen Landeshauptstadt angegriffen. Daran seien allein 15 der nun Beschuldigten beteiligt gewesen. Im April 2011 wurde zudem eine Person verprügelt, weil sie in Bad Neuenahr ein Wahlplakat der NPD abgehängt haben soll. Im Mai 2011 seien dort linke Flugblattverteiler mit Schlägen und Tritten traktiert worden.

Beschuldigte aus dem „Braunen Haus“

19 der 24 Festgenommenen – darunter auch NPD-Mitglieder beziehungsweise -Funktionsträger – wohnen in Rheinland-Pfalz, davon allein fünf in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dort lebten mehrere der Beschuldigten als Mieter in einem rechten Wohnprojekt, dem von ihnen so titulierten „Braunen Haus“. Wie es mit dem Gebäude nun weitergeht, ist unklar. Im Moment gebe es keine Mieter, erklärte einer der beteiligten Polizeibeamten. „Das ist die gute Nachricht.“

In Nordrhein-Westfalen zählen nach Informationen von  bnr.de unter anderem Axel Reitz aus Pulheim, Paul Breuer aus Köln und Sebastian Z. aus Erftstadt zu den Festgenommenen. Breuer und Z. sollen an dem Angriff auf das Wohnprojekt in Dresden beteiligt gewesen sein.

Unklar ist noch, ob eine für den 24. November unter dem Motto „Für ein nationales Jugendzentrum! Frei und selbstverwaltet!“ angemeldete Neonazi-Demo in Bad Neuenahr stattfinden kann. Sie war vom „Aktionsbüro Mittelrhein“ am vorigen Samstag angekündigt worden.

 

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