Krawall und Hetze im Südwesten

Neonazis haben auf einer NPD-Demonstration zum 1. Mai in Mannheim randaliert und mit Hetzreden gezeigt, was hinter der fast schon bürgerlich anmutenden Fassade der Partei im Südwesten steckt.

Mittwoch, 02. Mai 2012
Julian Feldmann

„Süddeutschland – Naziland“ skandierte der „Schwarze Block“, der vor allem aus Rechts-„Autonomen“ aus Hessen bestand, bei der Demonstration in Baden-Württembergs zweitgrößter Stadt. Mit Lederhandschuhen, Basecaps, Sonnenbrillen und Halstüchern ausgestattet, setzten sie sich an die Spitze des Aufzugs. „Linkes Gezeter – neun Millimeter“ und „Ein Hammer, ein Stein – ins Arbeitslager rein“ riefen sie in Richtung der Gegendemonstranten, die am Rande des Aufmarschs im Mannheimer Süden ihren Unmut über die Rechtsextremisten zum Ausdruck brachten. Die Neonazi-Demo war nach einem juristischen Tauziehen am Montag genehmigt worden.

Letztlich blockierten etwa 2500 Menschen, darunter Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), die NPD-Veranstaltung, sodass die 250 Rechtsextremen nach einigem Verharren in der prallen Sonne wieder umkehren mussten. Insgesamt beteiligten sich Tausende Bürger/innen an den Protesten gegen die Neonazis.

„Die Bombe fürs System!“

Vor dem Aufmarsch in Mannheim zogen die Rechtsextremisten bereits am späten Vormittag durch das nahe gelegene Speyer in Rheinland-Pfalz. Die Demonstration unter dem Motto „Zeitarbeit ist moderne Sklaverei – Soziale Ausbeutung stoppen!“ durch den Westen der Domstadt wurde von Rechtsextremisten aus dem Kameradschafts-Spektrum dominiert – die NPD stellte sich hinten an. Die Ordner kamen vorwiegend aus Rheinland-Pfalz und Südhessen.

Mit rund zweieinhalb Stunden Verspätung trafen die Rechten dann im Mannheimer Stadtteil Neckarau ein. Auf dem Weg vom 20 Kilometer entfernten Speyer blieb einer der Busse an einer Mauer hängen. An den Lautsprechern, die auf einem Wagen aus Pirmasens befestigt wurden, prangte das Emblem der „Kameradschaft Zweibrücken“: Ein Adler mit einer Bombe, die die Farben des Deutschen Reiches trägt, und der Slogan „Die Bombe fürs System!“.

Zumindest in der Außendarstellung trafen bei dem Mannheimer Aufmarsch zwei Fronten aufeinander. Als Jan Jaeschke (Jg. 1990), Kreisvorsitzender der NPD Rhein-Neckar, seine Partei als den wahren Verteidiger von Demokratie und Toleranz darstellte, erntete er dafür aus den Reihen der „Autonomen Nationalisten“, die mit antidemokratischen Parolen auffielen, naturgemäß wenig Applaus. Die Reden der anderen NPD-Funktionäre, die sich ebenfalls thematisch an der Anti-Euro-Kampagne der NPD orientierten, kamen jedoch aufgrund ihrer Radikalität auch bei den „Freien Kräften“ an.

„Entscheidender Kampf um das Überleben unseres Volkes“

Markus Walter (Jg. 1975), stellvertretender NPD-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz, prophezeite, dass der „brodelnde Volkszorn“ das „internationale Weltgaunertum, welches die Völker der Welt unter dem Deckmantel der Globalisierung (…) geknechtet, entrechtet und versklavt hat“, niederwerfen werde. Er hetzte gegen die „Besatzermedien“ und stellte die NPD als einzige Opposition zu den „Volksverräterparteien“ dar. In seiner Rede griff Walter auf antisemitische Stereotype zurück: Das Zerbrechen des Euro werde durch die Finanzkatastrophen beschleunigt, die „von Globalisierungsprofiteuren verursacht werden, die ihren Hals nicht voll genug kriegen können und sich mit einer krummen Nase nicht zufrieden geben, sondern sich diese auch noch vergolden wollen“.

In dieselbe Kerbe schlug Daniel Knebel (Jg. 1984), der in Richtung der etablierten Politiker meinte: „Ihr seid nichts anderes als die Helfershelfer eurer Herren, ihr dient fremden Interessen und erhaltet dafür euren schäbigen Judaslohn.“ Knebel, der jüngst zum Landesvorsitzender der NPD in Hessen gewählt worden war, wog sich dabei im „entscheidenden Kampf um das Überleben unseres Volk“.

„Nationaler Sozialismus statt EU-Diktatur“

Als prominentestes Mitglied der NPD marschierte der stellvertretende Bundesvorsitzende Frank Schwerdt (Jg. 1944) mit. Edda Schmidt (Jg. 1948), die bis Februar den „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) geleitet hatte, trug mit anderen Neonazi-Aktivistinnen ein RNF-Transparent. „1. Mai – seit ’33 arbeitsfrei“ prangte auf einem Banner der „Freien Nationalisten Kraichgau“, „Raus aus dem Euro“ auf NPD-Spruchbändern. Auch Parteimitglieder aus dem hessischen Lahn-Dill-Kreis waren angereist. Die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ warben auf ihrem Transparent für die „nationale und sozialistische Revolution“. Und die „Aktionsgemeinschaft Rems-Murr“ forderte „Nationalen Sozialismus statt EU-Diktatur“. Die Anhänger der „Sturmdivision Saar“ kamen einheitlich in T-Shirts mit Triskele, einem dreizackigem Hakenkreuz.

Den aggressiv auftretenden „Schwarzen Block“ bildeten vor allem Aktivisten des „Freien Netzes Hessen“ (FNH), auf dessen Fronttransparent „Ein Block, ein Weg“ zu lesen war. Die „Autonomen Nationalisten Wetzlar“ forderten auf ihrem Banner: „Kapitalismus zerschlagen!“ Der Mob, der auf Polizisten losging, brüllte dann auch: „BRD, Bullenstaat – wir haben dich zum Kotzen satt!“

Nachdem die „Autonomen Nationalisten“ gegen Ende des Aufmarschs zwei Lieder der als kriminelle Vereinigung eingestuften Rechtsrock-Band „Landser“ grölten und Böller auf Polizeibeamte warfen, griffen die Ordnungshüter durch. Der erste Block der Demo wurde eingekesselt und trotz heftiger Gegenwehr durchsuchten die Beamten die 44 Verdächtigen und stellten die Personalien der Rechten fest. Zuvor hatten die Neonazis bereits versucht, die Polizeikette zu durchbrechen und dabei auf Einsatzkräfte eingeschlagen. Ihre Gesinnung brachten die Vermummten unmissverständlich zum Ausdruck, als sie riefen: „Damals wie heute – Hitler-Leute!“

 

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