„Kraft der Nationalisten“

Führende NPD-Kader und Neonazis huldigen der Varus-Schlacht vor 2000 Jahren.

Donnerstag, 19. März 2009
Andrea Röpke

Als sich 180 „Nationalisten“ aus Norddeutschland am Samstag, den 7. März 2009 um 11.00 Uhr in Osnabrück am Hauptbahnhof versammelten, um der siegreichen Varus-Schlacht vor 2000 Jahren über die Römer zu gedenken, schien ununterbrochen die Sonne. Die Organisation oblag strammen HDJ-Anhängern wie Christian Fischer, Christian von Velsen sowie Alf und Manfred Börm, die Ordnertruppe war eingespielt, unter anderem war auch Gerd Ulrich von der HDJ-Einheit „Hermannland“ in Detmold beteiligt. Als Redner standen scheinbar einträchtig Udo Pastörs, Andreas Molau und Peter Naumann bereit. Die Neonazis gaben sich locker und selbstbewusst. Die meisten der Teilnehmer entstammten dem völkisch-nationalen Lager und traten sehr diszipliniert auf. Alte NPD-Parteisoldaten wie Ulrich Eigenfeld und seine Anhänger aus Oldenburg hielten sich im Hintergrund und überließen den ehrgeizigen jungen Kameraden um Fischer den Vortritt. Aggressive NPD-kritische Kameradschafts-Aktivisten aus Bremen, Hamburg oder Hildesheim waren nicht erst erschienen.

Matthias Behrens von den „Snevern Jungs“ begrüßte zwei Staatsschützer freundschaftlich per Handschlag, man unterhielt sich. Florian Cordes, der gerade an einer Restrukturierung der Jungen Nationaldemokraten in Niedersachsen bastelt, spielte noch den aggressivsten Einpeitscher und Vorsprecher im schwarzgekleideten JN-Block. Aus Nordrhein-Westfalen waren Kameraden aus Hamm, Solingen oder Warendorf angereist, die brav mit schwarz-rot-goldenen Fahnen wedelten. Die NPD-freundlichen Kameradschaften aus Schneverdingen, Celle und Wilhelmshaven waren vertreten, ebenso wie einige Burschenschafter und NPDler aus dem Harz um Patrick Kallweit.

Zum Einsatz kam auch ein leuchtend rotes ausgemustertes Feuerwehrfahrzeug. Am Wagen hingen zwei Transparente mit den wenig freundlichen Aufschriften: „2000 Jahre Kampf gegen Unterdrückung für nationale Selbstbestimmung“ und „Multikultur ist Völkermord im Frieden“.

Als erster Redner trat Christian Fischer ans Mikrophon. Er huldigte mehrfach dem Sieg der Cherusker über die römischen „Eindringlinge“ und zog zeitgeschichtliche Parallelen: „Im letzten Jahrhundert musste dieses Deutsche Reich mit zwei Weltkriegen gegen seine Feinde verteidigt werden“, verklärte er auf gefährliche Weise die Geschichte und fuhr fort: „Die Namen der Kriegshelden und deren Vorgesetzten, deutsche Freiheitskämpfer, müssen hier nicht erwähnt werden, die kennen wir alle!“ Kein Beamter schritt ein, als er in typischer HDJ-Manier NS-Größen zu Helden stilisierte und mit „Heil Euch!“ seine Rede beendete. Aber Polizisten am Rand der Veranstaltung hörten aufmerksam zu, ein Beamter filmte.

Der nächste Redner, Udo Pastörs, schwadronierte gegen die Demokratie als „dieses Gebilde“, gegen den Parteienstaat, den es „mit politischen Mitteln radikal zu bekämpfen“ gilt. Er sagte auch in vorgeblicher Anspielung auf die Varus-Schlacht: „Es ist klassisch, dass nach jeder militärischen großen Niederlage die Siegermacht zunächst einmal beginnt, die Schaltstellen der Macht mit Verrätern aus dem besiegten Volk zu besetzen.“ Pastörs beschwörte die „Kraft der Nationalisten“ und den Untergang des verhassten „Parteienstaates“, orakelte: „Wir brauchen nur zu warten und so zu handeln wie der große Philosoph Nietzsche es gesagt hat: Was fallen will, das soll man stoßen!“ Für den aufstrebenden NPD-Kader ist es demnach nur eine „Frage der Zeit, wann es soweit ist, dass es sich lohnt, die politische Kaste in diesem System vom Sockel zu stoßen ...“. „Das dauert keine zehn Jahre mehr!“, setzte er nach. Der NPD-Schulungsreferent Peter Naumann, der in der Vergangenheit Waffenverstecke anlegte und Bomben bastelte, wurde von Börm mit „und jetzt der NPD-Bundestagskandidat aus Mittelsachsen Peter Naumann“ angekündigt.

Später hatte dann der neu ernannte NPD-Unterbezirksvorsitzende für Braunschweig Andreas Molau seinen Auftritt. Im Eingang zur „Islamischen Gemeinde“ am Bahnhof parkte ein Polizeiauto. Die Neonazis formierten sich im Halbkreis. Ordner stellten sich vor Kameraobjektive, versperrten Beobachtern den Blick. Molau rief: „Wir ehren nicht nur unsere Opfer, wir definieren uns positiv aus 2000 Jahre Freiheitskampf.“ Schließlich durfte der offizielle NPD-Chef von Osnabrück, Dirk Heimsoth noch zwei abschließende Sätze sagen, danach wurde das „Lied der Deutschen“ angestimmt.

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