Neue Rechte

„kaplaken“-Veröffentlichungen: „Kulturkampf von rechts“ der Neuen Rechten

Der Verlag Antaios veröffentlicht eine neue „kaplaken“-Staffel zum ideologischen Selbstverständnis. Darin geht es mal um geschichtsrevisionistische Deutungen zur Schuldfrage am Ersten Weltkrieg, mal um die fortgesetzte Klage über „Bevölkerungsaustausch“ und „Great Reset“, mal um die Forderung nach einer „Mosaik-Rechten“ für die AfD und deren Vorfeld.

Freitag, 10. Juni 2022
Armin Pfahl-Traughber
Geschichtsrevisionistische und verschwörungsideologische Deutungen finden sich regelmäßig in den Publikationen des Antaios-Verlags
Geschichtsrevisionistische und verschwörungsideologische Deutungen finden sich regelmäßig in den Publikationen des Antaios-Verlags

Dem Komplex um das „Institut für Staatspolitik“ lässt sich nicht nur das Publikationsorgan „Sezession“, sondern auch der „Verlag Antaios“ zurechnen. In ihm erscheinen kontinuierlich Bücher von Repräsentanten der Neuen Rechten oder ideologisch verwandten Richtungen. Dazu gehören auch Nachdrucke literarischer Werke, sofern sie in den Diskursrahmen des Instituts passen. Eine Besonderheit stellt die Schriftenreihe „kaplaken“ dar, wo mittlerweile über 80 Bände erschienen sind.

Es handelt sich jeweils um gebundene Bücher mit einem Umfang von rund 100 Seiten. Damit hat das Institut ein Publikationsforum gefunden, worin in knapper Form einige Grundpositionen zum politischen Selbstverständnis vorgetragen werden können. In den letzten Jahren veröffentlichte man meist gleich drei Bände zusammen und bot sie als „Staffel“ an. Die letzten Bände, die als „26. Staffel“ mit den Nummern 79, 80 und 81 herauskamen, sollen hier kommentiert werden.

Frankreich und Russland als eigentlich Schuldige am Ersten Weltkrieg

Als „kaplaken“-Band 79 erschien „Der deutsche Donner. Deutschlands Kampf mit sich und der Welt - 1796 bis 1946“ von Stefan Scheil, der durch diverse Bücher zur deutschen Geschichte mit allerdings ideologischer Schlagseite bekannt geworden ist. Der erwähnte Band soll eine inhaltliche Bilanz dieser Publikationen sein. Dabei sind dem Autor wohl zwei Botschaften wichtig: Es gebe eine „Legende deutscher Kriegsschuld“, da „es Rußland und Frankreich waren, die 1914 den Krieg gesucht haben“. Das Chaos auf der deutschen militärischen und politischen Führungsebene spreche gegen einen eigenen Kriegsplan.

Und es sei zu einer intensiven „Förderung der NSDAP durch die internationalen Rüstungskonzerne“ gekommen, womit sich deren politischer Aufstieg zwar nicht allein, aber primär erkläre. Selbst wenn man die beiden Aussagen für sich allein akzeptiert, ergibt sich aber daraus nicht die postulierte Schuldignoranz. Erneut wird die Darstellung von Geschichte durch Scheil aus ideologischen Zielsetzungen zurechtgebogen.

Zwei Identitäre über „Bevölkerungsaustausch“ und „Great Reset“

Als „kaplaken“-Band 80 erschien „Bevölkerungsaustausch und Great Reset. Eine Justierung“ von Martin Lichtmesz und Martin Sellner, beide Akteure und Denker der Identitären Bewegung. In den fünf Beiträgen artikuliert sich gar eine Differenz: Während der Erstgenannte die größte Gefahr im „Great Reset“ sieht, wird sie mit dem „Bevölkerungsaustausch“ von Sellner auf die gleiche Stufe gestellt. Indessen handelt es sich nur um randständige Unterschiede.

Beide Autoren gehen mit verschwörungsideologischen Implikationen davon aus, dass ein „linksliberal-totalitärer Charakter der globalen Biomacht“ immer dominanter in der Welt werde. Die Corona-Entwicklung wird als ein Teil derartigen Wirkens gesehen. Dagegen rufen sie zur Gegenwehr gegen die „Globalisten“ auf, zeigen sich aber diesbezüglich auch enttäuscht von einem „Großteil meiner Volksgenossen“ (sic!), die allzu sehr dem Abstandhalten und Maskentragen und damit letztendlich der „globalistischen Spinne“ gefolgt seien.

Die „Mosaik-Rechte“ als strategische Übernahme von links

Und als „kaplaken“-Band 81 erschien „Die Partei und ihr Vorfeld“ von Benedikt Kaiser, der bereits mehrfach Bände in der Reihe veröffentlichte und ein „Sezession“-Stammautor ist. Hier wirbt er erneut für seine Idee der „Mosaik-Rechten“, also einer zwischen der AfD und ihrem gesellschaftspolitischen Umfeld erhofften Verzahnung. Die diesbezüglichen Auffassungen übernahm Kaiser, was für ihn typisch ist, von der politischen Linken. Denn das Bild von einer „Mosaik-Linken“ stammt von Hans-Jürgen Urban und damit aus gewerkschaftlichen Zusammenhängen: „Vom linken ‚Original‘-Mosaik kann man … lernen – und zwar von seinen Fehlern und Vorzügen gleichermaßen“.

Mit dieser Aufforderung geht zunächst einher, dass die AfD stärker mit nahestehenden Bewegungen und Organisationen kooperieren solle. Dies würde sie auch vor Anbiederungsversuchen gegenüber dem Establishment wie System immunisieren. Demnach wird nicht nur für eine ausgeweitete Bündnispolitik, sondern für die Partei auch für einen fundamentaloppositionellen Weg plädiert.

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