Kampfsportevent
„Kampf der Nibelungen“ - Klage um Aufhebung des Verbotes abgewiesen
Die Klage gegen das Verbot des Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ wurde am Mittwoch vom Verwaltungsgericht Dresden abgewiesen. Die Versuche, den politischen Charakter der Veranstaltung zu entkräften, konnten die Kammer nicht überzeugen. Die Entscheidung wird voraussichtlich großen Einfluss auf die Möglichkeit der Durchführung ähnlich rechtsextremer Veranstaltungen haben.
Heute wurde am Verwaltungsgericht Dresden über die Rechtmäßigkeit des Verbotes des rechtsextremen Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ verhandelt. Der Funktionär der rechtsextremen Kleinstpartei „Die Rechte“, Alexander Deptolla, klagte im Zuge einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Stadt Ostritz, die die Durchführung der Veranstaltung im Oktober 2019 untersagte.
Wie das Gericht am Mittwochnachmittag bekannt gab, war das Verbot zulässig – die Klage Deptollas wurde abgewiesen, er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Laut Kammer des Gerichts sei die Klage zwar prinzipiell zulässig, „jedoch nicht begründet“ gewesen. So teilt man die Prognose der Stadt Ostritz, nach welcher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestanden habe: „Eine Gefährdung habe vorgelegen, weil die Veranstaltung darauf abgezielt habe, dem Besucherkreis Gewaltkompetenzen zur Überwindung des politischen Systems zu vermitteln.“
KdN vermittle „Grundlagen des Straßenkampfes“
In der Pressemitteilung des Gerichts wird zudem darauf verwiesen, dass bei vorherigen Veranstaltungen „die offene Ablehnung des demokratischen Systems thematisiert und zum Ausdruck gebracht worden“ sei. Im Zuge dessen sollen die Kampfsportler zu Vorbildern stilisiert worden sein, die sich "vom herrschenden politischen System der Heuchler, Versager und Schwächlinge" absetzten und unterschieden.
Die Veranstaltung habe sich laut Gericht „an rechtsextremistische Hooligans, Rocker und junge sportaffine Rechtsextremisten gerichtet“ und zudem den Zweck verfolgt, das europäische Kampfsportnetzwerk zu stärken. Auch sei die politische Ausrichtung des Events, insbesondere das Ziel, „sich auf einen gewaltsamen Umsturz vorzubereiten“, evident: Schließlich sollen bei einer anderen Veranstaltung des „Kampf der Nibelungen“ ausdrücklich die „Grundlagen des Straßenkampfes“ vermittelt worden sein. Insgesamt gesehen kam das Gericht zu der Überzeugung, dass im Zuge der Veranstaltung Bestrebungen verfolgt werden, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu gefährden.
Erfolglose Versuche der Entkräftigung
Deptolla wurde vor Gericht durch den Dresdner Rechtsanwalt Jens Lorek unterstützt, welcher unter anderem mit der rechtsextremen Kleinstpartei der "Freien Sachsen" in Verbindung steht. Gemeinsam versuchten sie wiederholt erfolglos, die Vorwürfe um den rechtsextremen Charakter des "Kampf der Nibelungen" zu entkräften. So sollte die Formulierung "Straßenkampf“ etwa als "Selbstverteidigung bei Angriffen auf der Straße" entpolitisiert werden. Gleichzeitig wurde von Seiten des Klägers sogar das Argument bemüht, körperliche Angriffe auf Andersdenkende seien vor allem ein Zeichen linker Milieus.
Neben der hohen Bedeutung für die (internationale) Vernetzung der rechtsextremen Szene, profitiert man auch finanziell von der Durchführung derartiger Veranstaltungen – durch Verkauf von Tickets und Merchandise-Produkten werden hohe Summen eingenommen. Deptolla versuchte weiter, das Kampfsportevent als normal und professionell darzustellen. Die entsprechenden Kämpfer seien „sportlich ausgebildet“, es gibt ihm zufolge ein angemessenes Regelwerk. Dass auf vergangenen Veranstaltungen im Zuge von Redebeiträgen zum „Rassenkrieg“ aufgerufen und öffentlich ein Hitlergruß gezeigt wurde – wie aus der Verbotsbegründung der Stadt Ostritz hervorgeht – hat er dabei bewusst übergangen.
Angebliches Verbot durch Sicherheitsbehörden
Stattdessen präsentierte sich der Rechtsextremist als Opfer eines „tiefgreifenden Grundrechtseingriffs“, er sei "wegen seiner politischen Anschauungen gleichheitswidrig behandelt worden". Es sei legal, eine rechte Gesinnung zu besitzen, argumentierte Deptolla. Weiterhin bestehe bei ihm ein Rehabilitationsinteresse, "weil er bezichtigt worden sei, den Umsturz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung befördern zu wollen.“
Darüber hinaus versuchte Lorek, die Entscheidungskompetenz der Stadt Ostritz zu diskreditieren. Dabei verwies er auf eine in den Prozessunterlagen vermerkte Besprechung zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz und der Polizeidirektion Görlitz. Der rechte Szene-Anwalt insinuierte dabei, dass diese in Wirklichkeit die Entscheidung des Verbots trafen und die Gemeinde diese Anordnung lediglich umsetzte. Dabei konnte er freilich keine Beweise für seine These vorlegen.
Mögliche Konsequenzen für andere Neonazi-Events
Die Auswirkungen der Gerichtsentscheidung, die Klage abzuweisen und die Rechtmäßigkeit des Verbotes ein weiteres Mal zu bekräftigen, werden vermutlich nicht nur auf Sachsen und den „Kampf der Nibelungen“ beschränkt bleiben. Wie Robert Claus, Autor und Experte für die rechte Kampfsportszene, auf Twitter schrieb, könnten sich bundesweit Kommunen, Behörden und Gerichte am aktuellen Fall orientieren: „Die Zukunft rein neonazistischer Kampfsportevents in Deutschland sieht schlecht aus.“
Auf dem Kanal des „Kampf der Nibelungen“ heißt es derweil zur Entscheidung, dass man Rechtsmittel einlegen wolle. „Bereits zu Verhandlungsbeginn wurde deutlich, dass die Richter der übersteigerten Gefahrenprognose der Stadt (...) glauben schenkten und nicht verstehen wollten (oder konnten), dass auch Patrioten ein Interesse am sportlichen Kräftemessen in einem fairen Turnier haben“, schreiben die Organisatoren.