Kaderschmiede für Neue Rechte

Vom heutigen Freitag an tagt die „19. Sommerakademie” des neurechten Instituts für Staatspolitik über „Die Zukunft Europas“.

Freitag, 07. September 2018
Horst Freires

Das im Jahr 2000 ins Leben gerufene Institut für Staatspolitik (IfS) mit Sitz in Schnellroda (Saale-Kreis) war anfangs ein überschaubarer Zirkel. Als intellektuelle Denkfabrik der Neuen Rechten gegründet, dümpelte er viele Jahre aber nur vor sich hin, ehe der Zulauf im Zuge des gesellschaftlichen Rechtsrucks erst in den vergangenen Jahren größer wurde. Vom ersten Jahr an veranstaltete  das IfS eine so genannte Sommer- wie auch eine Winterakademie. Am Wochenende trifft man sich bereits zur 19. Sommerakademie-Runde.

Getagt wird vom 7. bis 9. September wie in den vorhergehenden Jahren in dem Gasthaus „Zum Schäfchen“ in Schnellroda, einem Ortsteil der Gemeinde Steigra. In dem beschaulichen Dorf hat auf einem alten Rittergut der Antaios-Verlag von Götz Kubitschek sein Domizil. Er gilt als Spiritus Rector der Neuen Rechten. Kubitschek verantwortet ebenfalls das Theorieorgan „Sezession“, das es mittlerweile auch bereits seit April 2003 gibt. Erst in den letzten Jahren hat das IfS die Akademiezielgruppe speziell auf die junge Generation fokussiert. Das Teilnahmealter ist auf 35 Jahre begrenzt. In diesem Jahr lautet das Motto der dreitägigen Zusammenkunft „Die Zukunft Europas“.

Jünger der „Konservativen Revolution“

Als „Ideologietankstelle der AfD“ titulierte die „Mitteldeutsche Zeitung „den 100-Seelen-Ort, der sich rund um Götz Kubitschek und seiner Frau Ellen Kositza als eine Art Kaderschmiede der Neuen Rechten herauskristallisiert hat. Die Akademie-Zusammenkünfte bilden jedes Jahr einen Dreiklang aus Information und Ideologie, Geselligkeit und Gemeinschaft sowie Sport und Spaß. In den vergangenen Jahren sind allerdings häufiger Gegendemonstranten vor Ort aufgetaucht, sodass das traditionelle Joggen oder ein internes Fußballspiel nur noch unter Polizeischutz stattfinden können.

Unter den Referenten sind in der Regel stets Autoren aus dem Antaios-Buchprogramm, so etwa bei der Sommerakademie im Vorjahr Frank Lisson. Und so wird das Meeting der Jünger der „Konservativen Revolution“ auch jeweils zu einem Verkaufswochenende für Kubitschek. Unter den Besuchern und Referenten in den Vorjahren gaben sich führende Kräfte der AfD die Klinke in die Hand, traten beziehungsweise treten als Redner oder Diskussionspartner auf. Nicht wenige der 130 bis 150 Teilnehmer entspringen der der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ entspringen. Als Teilnehmer wie Vortragende agieren auch Vertreter der neurechten „Identitären Bewegung“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Mediale Gesichter der „Identitären“

Das IfS ist mittlerweile so selbstbewusst, dass es eigene Videoclips vor und nach den Akademietagen ins Netz stellt. Einige Beiträge sind regelrechte Werbetrailer. Darin schildern „Identitäre“ wie der 29-jährige Martin Sellner, einer der Köpfe der grenzüberschreitend arbeitenden Gruppierung aus Österreich, die Vorzüge der Akademien, an denen er sich schon mehrfach beteiligt habe. Einer, der ebenfalls beim IfS ein und ausgeht, ist Martin Semlitsch, der öffentlich stets unter dem Namen Martin Lichtmesz auftritt.

Im Vorjahr war bei der Sommerakademie die gescheiterte „Defend Europe“-Aktion der „Identitären“ mit dem gecharterten Schiff C-Star im Mittelmeer ein Thema. Berichterstatter dazu waren Mario Müller aus Halle und Robert Timm aus Berlin. Melanie Schmitz, ebenso wie Müller Führungsfigur von „Kontrakultur Halle“, ist ein weiteres mediales Gesicht der „Identitären“. Seit 2015 ist sie Akademie-Besucherin.

Hochrangige AfD-Vertreter bei der Akademie

Akademie-Auftritte von AfD-Vertretern gab es unter anderem von dem Brandenburger Landes- und Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz, dem baden-württembergischen Landessprecher Marc Jongen und Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der „Patriotischen Plattform“. Götz Kubitschek wiederum war am vergangenen Samstag zum AfD-„Trauermarsch“ vergangenen Samstag in Chemnitz angereist. Sein Fazit in „Sezession“ über deren Verlauf fällt eher missmutig aus. Er rät der AfD, aus strategischen Gründen künftig nicht mehr in Verantwortung als Veranstalter von Großdemonstrationen aufzutreten.

Über die IfS-Sommerakademie berichtete im Vorjahr Luca Hart für das Magazin „Arcadi“, das wie auf neurechte Polit-„Bravo“ getrimmte Inhalte an junge Leser bringen will. Es ist übrigens gar nicht so viele Jahre her, da traf man Hart noch bei Veranstaltungen der NPD-Jugendorganisation. Ebenfalls tauchte ein Bericht zur vergangenen Sommerakademie in einem Portal namens „Gegenstrom“ auf. Dort ist Peter Steinborn ein Vielschreiber. Wie die erstmals im Mai erschienene Broschüre mit dem Titel „Europas Wege in die Zukunft“ gehört auch die Homepage zum MetaPol-Verlag & Medien. Im Impressum von „Gegenstrom“ ist Roy Graßmann aus Luckenwalde aufgeführt. Bei „Gegenstrom“ heißt es aktuell in einem Beitrag zu den Vorkommnissen in Chemnitz: „Die Rechte ist in den letzten Tagen wieder ein Stück vorangekommen.“

Vortrag von Jörg Meuthen eingeplant

Auf die anstehende IfS-Sommerakademie wurde in dem österreichischen Blatt „Tagesstimme“ hingewiesen, für das der in den Jahren zuvor immer wieder bei Aktionen der „Identitären Bewegung“ auftauchende Stefan Juritz verantwortlich zeichnet. Das ultranationale Blatt sieht sich als Medium der Rechten und veröffentlichte beispielsweise im Sommer einen Bericht zum Besuch der Jugendorganisation der belgischen extrem rechten Separatistenpartei „Vlaams Belang“ in Kärnten. Beim Akademikerball 2017 in Graz ließ sich Juritz mit Philip Stein vom Verlag Jungeuropa aus Dresden ablichten, der wie Kubitschek zu den verantwortlichen Kräften der neuechten „Ein Prozent“-Initiative zählt.

Bei der am heutigen Freitag startenden Sommerakademie ist auch ein Vortrag von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen eingeplant. Die Einführung in das Wochenende übernimmt laut veröffentlichter Programmfolge Erik Lehnert, seit zehn Jahren Geschäftsführer beim IfS und inzwischen auch einer der Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Harald Weyel. Letzterer taucht dann wohl deshalb auch nicht ganz überraschend auf der Referentenliste auf.

Das IfS sieht sich selbst als Gegenpol zu linksliberal kultureller Hegemonie und als patriotische Bildungseinrichtung, die wie auch beim diesmaligen Sommerakademie-Thema gern metapolitische Zusammenhänge abbildet und diskutiert. Zu den Sommer- und Winterakademien gesellen sich im IfS-Jahreskalender außerdem separate Kongresse.

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