Jurist klagt für preußische Staatsangehörigkeit
Aachen/Heinsberg – Ein Rechtsanwalt aus dem Kreis Heinsberg ist mit dem Ansinnen gescheitert, dass die Kreisverwaltung ihm bestätigen solle, Staatsangehöriger des „Bundesstaates Königreich Preußen“ zu sein.
Die 9. Kammer am Verwaltungsgericht Aachen hat am Freitag die Klage von Wilfried S. abgewiesen, der durch den Kreis Heinsberg festgestellt haben wollte, dass er Angehöriger des „Bundesstaates Königreich Preußen“ sei. Der Kläger aus dem Kreis Heinsberg habe keinen Anspruch auf Feststellung der preußischen Staatsangehörigkeit. Dieser Nachweis könne zudem auch gar keine deutsche Behörde erbringen. So könne etwa auch die brasilianische Staatsangehörigkeit nicht durch eine deutsche Behörde festgestellt werden. Ergo müsse der Jurist eine Behörde oder ein Gericht des „Bundesstaates Königreich Preußen“ bemühen, ihm diese Staatsangehörigkeit zu bestätigen, riet der Richter dem Anwalt nicht ohne Ironie.
Hilfsweise hatte S. (Jg. 1969) beantragt, dass der Kreis Heinsberg ihm die deutsche Staatsangehörigkeit bestätigen und ergo einen Staatsangehörigkeitsausweis statt des Personalausweises ausstellen solle. Derlei jedoch, so die Kammer, komme bei ihm nicht in Frage, weil er als Kläger nicht dargelegt habe, dass in seinem Fall überhaupt Zweifel an seiner deutschen Staatsangehörigkeit bestehen. Auch sei nicht der Ausnahmefall gegeben, dass eine inländische oder ausländische Behörde einen förmlichen Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit zwingend eingefordert habe. Ein Bürger habe keinen Anspruch auf eine behördliche Sachentscheidung, wenn diese ohne jeden erkennbaren Sinn, für den Bürger objektiv nutzlos wäre und eine Behörde durch diesen in eine „sinnlose Verwaltungstätigkeit“ gezwungen werde, so das Gericht.
Petitionen und Strafanzeigen gegen Politiker
Am selben Tag entschied das Verwaltungsgericht Aachen über Klagen von „Reichsbürgern“, die Kammer verhandelte sie deswegen unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen im selben Saal. S. selbst argumentierte zwar ähnlich wie diese, will indes laut Lokalpresse kein „Reichsbürger“ sein. Gleichwohl hat er etwa auf seiner Homepage und in einem Buch Texte publiziert, die die Souveränität der Bundesrepublik in Frage stellen. Zudem tat sich der Jurist hervor durch Petitionen und Strafanzeigen unter anderem gegen Politiker, die zuerst argumentativ-inhaltlich solchen aus der Friedensbewegung glichen, nun indes eher inhaltlich Versatzstücke aus der rechtsextremen Szene transportieren.
Im Mai 2019 erstattete er nach eigenen Angaben etwa bei der Generalbundesanwaltschaft Strafanzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel „wegen Beteiligung am Völkermord zum Nachteil der deutschen Völker“.
In rechten Medienportalen gefeiert
S. setzte die Strafanzeige in einen Kontext mit dem Zuzug von Flüchtlingen und Migranten. An den Deutschen werde durch die „Populationsbombe [zwecks] Züchtung einer hellbraunen Mischrasse“ und die „inszenierte Massenmigration“ der „wahrscheinlich abscheulichste Rassismus des 21. Jahrhunderts verbrochen“, schrieb er in der Anzeige. Seiner Meinung nach drohe ein „schleichender Genozid“. Nachdem er die Strafanzeige selbst auf seiner Homepage publiziert hatte feierten ihn rechte bis rechtsextreme Medienportale als „renommierte[n] deutsche[n] Anwalt“ („Compact Online“), als „Top-Anwalt“ („Alles für die AfD“; „Wochenblick“) und „Spitzenanwalt“ („Unser Mitteleuropa)“.
Wählerisch war der Jurist in seinen Kontakten in der Vergangenheit nicht unbedingt. Zwei Bücher erschienen offenbar in einem Druckkostenzuschussverlag. Anfang 2018 gab er dem Portal „Muslim Markt“ ein Interview zu seiner damaligen Strafanzeige gegen die Bundesregierung wegen dem Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Der niedersächsische Verfassungsschutz bestätigte im Oktober 2018 gegenüber dem NDR, bei dem Portal handele es sich um „ein bundesweit bedeutsames schiitisches Internetportal“, dieses sei „dem schiitischen Islamismus zuzurechnen“. In dem NDR-Bericht wurde zudem darauf hingewiesen, dass „Muslim Markt“ Propaganda für das iranische Mullah-Regime verbreite, darunter auch solche, die sich gegen Israel richte. (mik)