„Konservative Revolution“
„Junge Freiheit“ hofiert Oswald Spengler
Die „Junge Freiheit“ beruft sich weiterhin auf die „Konservative Revolution“ der Weimarer Republik, wovon ein hofierender Artikel über Oswald Spengler zeugt. Er hatte seinerzeit für eine „cäsaristische“ Diktatur durch „starke Persönlichkeiten“ gegen die erste deutsche Republik plädiert.
In den 1990er Jahren warb die „Junge Freiheit“ noch für sich mit „eine konservative Revolution“ als Slogan. Die Anspielung auf eine geistige Strömung in der Weimarer Republik war unverkennbar, zumal es immer wieder positive Bezüge in der damaligen Monatszeitung gab. Danach gingen die direkten Bekenntnisse auf das Gedankengut etwa von Arthur Moeller van den Bruck oder Edgar Julius Jung zurück, repräsentierten diese doch mit das „antidemokratische Denken in der Weimarer Republik“ (Kurt Sontheimer). Insofern belegte deren politische Ausrichtung auch eine extremistische Prägung.
Gegenüber anderen Denkern gab es keine so scheinbare Distanz, galten doch etwa Ernst Jünger und Carl Schmitt weiterhin als geistige Vorbilder. Ihre pro-diktatorischen Auffassungen ignorierte die „Junge Freiheit“ in den Kommentaren, hob man doch einseitig angebliche literarische Brillanz oder behauptetes politisches Problembewusstsein hervor. Ähnlich verhält es sich mit den Bezügen auf den Kulturphilosophen Oswald Spengler (1880-1936) („Untergang des Abendlandes“).
Spenglers Schrift „Neubau des deutschen Reiches“
In einer jüngeren Ausgabe (Nr. 2 vom 6. Januar 2023, S. 16) findet sich ein Beitrag von Thorsten Hinz, seit Jahren ein Stammautor der jetzigen Wochenzeitung. Überschrieben ist er mit „Spenglers Sumpf“ und hat den Teaser „Warum es sich lohnt, Oswald Spenglers Schrift ‚Neubau des deutschen Reiches‘ heute wieder zu lesen“. Bezug genommen wird darin auf das genannte Buch von 1924 und dessen Neudruck von 2016. Der Autor beklagte dort die politische Entwicklung in und die Systemstruktur der Weimarer Republik. In dem Artikel geht es bei der Darstellung des Inhaltes erkennbar darum, Gemeinsamkeiten und Parallelen mit der gegenwärtigen politischen Situation zu betonen.
Da wird von den Folgen der Kriegsniederlage gesprochen, wobei eine „Erbärmlichkeit“ und „Selbstzerfleischung“ von Spengler beklagt wurde. Eine „Kaste unfähiger Parteipolitiker“ habe sich den Staat angeeignet. Bezogen auf den Sozialstaat sei ein „Steuerbolschewismus“ entstanden. Und von „persönlichen Entschlüssen“ „einzelner Männer“ sei die Rettung abhängig.
Parlamentarismus als „Unsinn“ oder „Verrat“
Durchaus berechtigt wurde auf einzelne Defizite bei der Funktionsfähigkeit der Weimarer Republik verwiesen, es ging indessen bei Spengler nicht gegenüber dem politischen System um konstruktive Verbesserungen. Hinz bemerkt in der „Jungen Freiheit“ zu Spengler: „Seine Ablehnung des Parteienwesens und des Parlamentarismus galt nicht grundsätzlich; dem englischen Parlamentarismus im 19. Jahrhundert zollte er höchstes Lob.“ Diese Aussage biegt aber die eigentliche Position schon sehr. Denn für Deutschland wurden eben grundsätzlich der Parlamentarismus und das Parteiensystem abgelehnt.
In anderen Buchpublikationen sprach Spengler davon, dass die Ausrichtung an beidem letztendlich für „Unsinn oder Verrat“ stehe (Preußentum und Sozialismus, München 1922, S. 54). Lediglich für Großbritannien sei dies ein dem Nationalcharakter entsprechendes politisches System. Dies bedeutete aber auch die grundlegende Ablehnung einer parlamentarischen Demokratie für das Deutschland der Weimarer Republik.
Cäsaristisch-elitäre Diktatur als Ziel
Ignoriert wird in dem Beitrag auch, welche „starke Persönlichkeiten“ die Rettung bringen sollten. Denn es ging um einen „Cäsarismus der Zukunft“, eben als „Diktatur … eines Mannes gegen alle Parteien“ (Jahre der Entscheidung, München 1933, S. 134f.). Berechtigt wird in dem Artikel der „Jungen Freiheit“ darauf verwiesen, dass hiermit nicht die nationalsozialistische Diktatur von Hitler gemeint war. Aufgrund seiner elitären Grundhaltung verachtete Spengler deren „Sturmabteilungen“, sprach er doch von einer „Organisation der Arbeitslosen durch die Arbeitsscheuen“.
Dies machte ihn aber nicht zu einem Anhänger der Demokratie oder Republik, sollte doch eher eine cäsaristisch-elitäre Diktatur als politisches System etabliert werden. Wenn demnach die Einwände gegen die Grundlagen und Praxis der Republik bei Spengler verworfen wurden, dann ging diese Auffassung eben mit der Bejahung einer cäsaristischen Diktatur einher. Genau dieser Gesichtspunkt wird dann aber in der „Jungen Freiheit“ gegenüber einem geistigen Vorbild verschwiegen.