Demonstration
Junge Alternative macht gegen angebliche „Pädo-Kita“ mobil
Die AfD-Jugend „Junge Alternative“ mobilisiert zu einer Versammlung in Berlin gegen eine vermeintliche „Pädo-Kita“ unter Trägerschaft der Schwulenberatung.
„Die JA möchte […] ein klares Zeichen gegen die fortschreitende Normalisierung von Pädophilie und die Indoktrination an Schulen und Kitas setzen“, meldete der „Heimatkurier“. Das den „Identitären“ nahestehende rechts-„alternative“ Portal aus Österreich verbreitete ferner, in einer Kita in Berlin würden dereinst „Kinder ab 3 Jahren gemäß der Gender-Ideologie indoktriniert“. Die JA selbst überschrieb ihren Aufruf zum Protest am Samstag mit: „Pädo-Kita verhindern!“ Die AfD-Jugend stört sich daran, dass dort „unter dem Motto LSBTI* – also lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intergeschlechtliche Personen“ – aktiv seien.
Das Thema Homosexualität wird seit jeher in der rechten bis rechtsextremen Szene ambivalent angesehen. Obschon Schwule und Lesben sich teils an höchster Stelle in Gruppen und Parteien engagieren, wird das nur geduldet, wenn politische Mitstreiterinnen und Mitstreiter sonst eher „normal“ leben. Hingegen sind „Gender-Gaga“ oder die LGBTQ-Szene absolute Feindbilder. Es kam zu Angriffen von Rechtsextremen auf Menschen, zudem gibt es seit vielen Jahren Proteste etwa gegen CSD-Veranstaltungen. Frühere NPD-Kampagnen gegen „Kinderschänder“ werden nicht selten damit verwoben. Auch die JA agitiert nicht nur gegen eine LGBTQ-Kita, sie agitiert gegen eine „Pädo-Kita“.
Vom Boulevard in die extreme Rechte
Hintergrund ist eine geplante Kita der Schwulenberatung Berlin, die im Frühjahr eröffnen soll. Das Projekt ist Teil des „Lebensortes Vielfalt“, einem Mehrgenerationenhaus für Angehörige der LGBTQ-Community. Daran wird gebaut, kommendes Frühjahr soll das große Bauprojekt fertig sein. Die angeschlossene Kita respektive zwei Kita-Gruppen soll fast 100 Kindern Platz bieten. Es soll nach einem Bericht der „taz“ das erste Projekt „dieser Art deutschlandweit“ werden mit Personal, das „überwiegend selbst Teil der Community [ist]. Die Kinder sollen so andere Lebensweisen kennenlernen, auch dadurch, dass verwendete Materialien mehr als konservative Rollenbilder transportieren.“
Empörung gab es vor Wochen schon in mehreren Medienberichten, unter anderem in der Boulevardpresse. Auch der ehemalige „Bild“-Chef Julian Reichelt – der seinen Job u.a. deswegen verlor, weil Medien darüber berichteten, dass er private Beziehungen und seine berufliche Stellung nicht immer sauber trennte – publizierte ein Video über die Kita in Berlin-Schöneberg. Ein „Pädophilen-“ respektive „Kinderschänder-Versteher“ sei in diese involviert, hieß es.
JA sieht „Pädo-Kita“
Medien, Reichelt und JA wiesen dabei darauf hin, dass im Vorstand des Trägervereins der Schwulenberatung Rüdiger Lautmann aktiv war. Der Mann hatte vor über 40 Jahren gefordert, Kindesmissbrauch aus dem Strafrecht zu streichen. Vor fast 30 Jahren publizierte er das umstrittene Buch „Die Lust am Kind. Portrait des Pädophilen“. Nachdem Medien über Lautmanns Vergangenheit berichteten, legte der 86-jährige Jurist und Soziologe sein Vorstandsamt im Trägerverein nieder. In die Kita-Planung selbst soll er gar nicht involviert gewesen sein.
Zwar erwähnt die JA in ihrem Demonstrationsaufruf für Samstag, dass Lautmann nur „bis vor kurzem [als] einschlägig bekannte[r] Pädophilen-Versteher“ dem Vorstand angehörte. Gleichwohl bezeichnet sie das Projekt weiterhin als „Pädo-Kita“, die es zu „verhindern“ gelte. Man wolle „gegen die Normalisierung von Pädophilie“, für Kinderschutz und „gegen die Indoktrination“ demonstrieren. Auf einer Homepage inszeniert die AfD-Jugend sich sogar als Nachbarschaftsinitiative: „Pädophile versuchen, die gesellschaftliche Akzeptanz für Schwule, Lesben und Transgender auszunutzen, um sich Zugang zu Kindern zu verschaffen! So eine Kita wollen wir nicht in unserer Nachbarschaft!“