Juden in Deutschland: Angst vor Übergriffen steigt

Juden in Deutschland fühlen sich zunehmend unsicher; Foto: LWYang, CC BY 2.0
Durchgeführt wurde die Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zwischen Mai und Juni dieses Jahres. Die über 16.000 Befragten kommen aus insgesamt zwölf EU-Staaten, in denen 96 Prozent der jüdischen Bevölkerung leben sollen. Es ist die zweite Umfrage nach 2013 und sei nach Angaben der Organisation die größte der Art weltweit.
Es sei erschütternd festzustellen, dass „Antisemitismus in der EU Jahrzehnte nach dem Holocaust weiter zunimmt“, erklärt Michael O’Flaherty, Direktor der Agentur. O’Flaherty zufolge müssten die Mitgliedstaaten „diese Entwicklung zur Kenntnis nehmen und sich intensiver bemühen, der Judenfeindlichkeit vorzubeugen und sie zu bekämpfen.“


Hass im Internet
Fast neun von zehn Befragten gaben der Umfrage zufolge an, dass Antisemitismus gegenüber der letzten Studie von 2013 zugenommen hätte. 85 Prozent betrachten dies als ein großes bzw. relativ großes Problem. Die in Deutschland lebenden Menschen jüdischen Glaubens sehen Antisemitismus aus ihrer Sicht als drängendstes Problem an, gefolgt von Rassismus und Migration. Die Rezeption des Hasses erfolgt vor allem über das Internet, 89 Prozent der befragten Juden in Deutschland betrachten dies mit Sorge, gefolgt von Anfeindungen in der Öffentlichkeit (80%) und in den Medien (68%). „Besonders auf Facebook gibt es viele antisemitische und anti-israelische Kommentare mit antisemitischen Zügen. Wenn man diese Facebook meldet, bekommt man fast immer die Antwort, dass sie nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen würden“, zitiert die Studie einen Mann aus Deutschland.
85 Prozent der Befragten nennen Antisemitismus ein großes bzw. relativ großes Problem in Deutschland; Foto: Screenshot
Viele Vorfälle werden nicht gemeldet
Befragt nach den Tätern gaben die in Deutschland befragten Personen an, dass 41 Prozent extremistische Muslime seien, gefolgt von Personen, die sie nicht einordnen könnten (22%), Arbeitskollegen (20%) und Rechtsextremisten (20%). Viele dieser Vorfälle würde jedoch gar nicht gemeldet, so die Studie. Fast jede zweite Person gibt als Grund an, dass sich dadurch ohnehin nichts ändern würde.
Vor allem im Internet würden die Bedrohungen laut Studie zunehmen; Foto: Screenshot
Die Agentur der Europäischen Union rät den entsprechenden Staaten, sofort wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Dabei müssten sie eng mit einem breiten Spektrum an Interessensgruppen zusammenarbeiten, insbesondere jüdischen Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um Antisemitismus effektiver vorzubeugen und zu bekämpfen. Die Aufklärung über den Holocaust müsse intensiviert werden und das Bewusstsein darüber geschärft werden. Hassdelikte gegen Juden müssten regelmäßig überwacht werden. Erhebungen über Kriminalitätsopfer würden helfen, zu beurteilen, wie wirksam Gesetze und politische Strategien sind.Kategorien