Jahrestagung der Geschichtsverdreher

Im Juni findet der diesjährige Kongress der rechtsextremen kulturpolitischen „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) statt. Getagt wird unter konspirativen Umständen.

Freitag, 17. Mai 2013
Anton Maegerle

Unter dem Motto „Von Versailles nach Brüssel - Deutschland zahlt immer!“ wird vom 14. bis 16. Juni der 54. Kongress der „Gesellschaft für freie Publizistik“ veranstaltet. Tagungsort ist an einem geheim gehaltenen Ort „im Herzen Deutschlands“. Geworben wird für die Veranstaltung unter anderem in einschlägig bekannten Blättern wie „Der Schlesier“ und die „National-Zeitung“.

Die 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründete GfP gilt als mitgliederstärkste rechtsextreme Kulturvereinigung. Ihr gehören rund 500 extrem rechte Publizisten, Redakteure, Buchhändler und Verleger an. Eines der Ziele der GfP ist „Aufklärungsarbeit“ zu leisten, um die angeblich verzerrte Darstellung der Zeitgeschichte zu korrigieren. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Niedersachsen wird die GfP als „die einzige sich theoretisch betätigende Organisation“ eingestuft, „der Einfluss auf den rechtsextremistischen Theoriediskurs zugesprochen werden kann“.

Geladen als Referenten des Kongresses sind Baal Müller, Ewald Stadler, Hannes Kaschkat, Manuel Ochsenreiter, Richard Melisch und Alfred Mechtersheimer.

Die „Kameraden über den „Gesinnungsprozess“ informiert

Müller, Inhaber des Telesma-Verlags im brandenburgischen Treuenbrietzen, greift unter anderem für das extrem rechte Monatsmagazin „Zuerst!“ und die rechtslastige Wochenzeitung „Junge Freiheit“ zur Feder. Der Österreicher Stadler, vormals Mitglied des FPÖ-Bundesparteivorstands, ist fraktionsloses Mitglied des Europäischen Parlaments. Kaschkat, im vergangenen Jahr bereits Referent beim GfP-Kongress, gehört den Burschenschaften Arminia Berlin und Normannia Heidelberg an. Ochsenreiter, Chefredakteur von „Zuerst!“, attackierte in einem Interview mit der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ im Februar 2008 die „derzeitige Islamfeindlichkeit“. Ochsenreiter zufolge „kämpften im Zweiten Weltkrieg zahlreiche muslimische Freiwillige Seite an Seite mit deutschen Soldaten.“ Der in NPD-Kreisen beliebte Österreicher Melisch erklärte beim Parteitag der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) im November 2008, dass das Ziel der „Internationalisten“ die „Auslöschung der Völker“ und die Schaffung eines „Schmelztiegels der Rassen“ sei. Mechtersheimer galt vor Jahren als wichtiger Protagonist rechtsextremer Bestrebungen. Zuletzt wurde Mechtersheimer namentlich im Verfassungsschutzbericht 2011 des Freistaates Thüringen erwähnt.

An der Spitze der GfP amtiert seit dem Juni 2010 der aus Franken stammende Burschenschafter Martin Pfeiffer. Der „Schriftleiter“ der FPÖ-nahen Monatszeitschrift „Die Aula“ (Graz) steht zugleich dem revisionistischen „Kulturwerk Österreich - Landesgruppe Kärnten“ als vor. Im Juli 2012 war Pfeiffer Referent bei einer gemeinsamen Saalveranstaltung von Freien Nationalisten und dem NPD-Kreisverband Unna/Hamm in Dortmund. Pfeiffer informierte die anwesenden „Kameraden“ unter anderem über den „Gesinnungsprozess“ gegen den einschlägig vorurteilten und knasterfahrenen Neonazi  Gottfried Küssel. Gern gesehen war Pfeiffer auch beim gemeinsamen Neujahrsempfang der NPD-Fraktionen von Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Treptow-Köpenick im Januar 2011 in Berlin.

Anmeldungen für die GfP-Tagung nimmt deren Vorstandsmitglied Margret Nickel im hessischen Lippoldsberg (Gemeinde Wahlsburg) entgegen. Nickel war jahrzehntelang Bürochefin der 2009 verstorbenen Holle Grimm, vormals Gründungsmitglied  und spätere Ehrenvorsitzende der „Gesellschaft für freie Publizistik“. Nickel verwaltet und verbreitet nach dem Tod von Holle Grimm als selbständige Verlegerin der Klosterhaus Versandbuchhandlung das publizistische Erbe von Hans Grimm (1875 - 1959). Grimms 1926 veröffentlichtes Hauptwerk „Volk ohne Raum“ war in der Weimarer Republik ein Bestseller. Mit dem Werk lieferte Grimm die propagandistische Formel und Rechtfertigung für die Eroberungs- und Vernichtungspolitik der NS-Diktatur.

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