Internetstar der Neuen Rechten

Ein Trierer Rechtsextremist schuf vor einem Jahr die Kunstfigur „Outdoor Illner“ und betreibt seitdem einen gleichnamigen YouTube-Kanal. Lange Zeit fristete die Mischung aus Blödelei und Menschenverachtung ein Nischendasein. Seit Kurzem ist „Outdoor Illner“ jedoch der neue Liebling der „Identitären Bewegung“. Aber auch zur „alten Rechten“ hat der YouTuber keine Berührungsängste.

Dienstag, 05. Februar 2019
Fabian Jellonek

„Ich gehe davon aus, dass nach einer politischen Umgestaltung unseres Landes, dieser junge ‚Satiriker‘ eine eigene Fernsehsendung bekommen wird.“ schreibt der Ex-NPDler Sascha Max W. auf seiner Facebook-Seite. Der angesprochene Satiriker bekommt das Lob für seinen Auftritt bei einem Julfest, veranstaltet von W., bei dem auch des verstorbenen SS-Manns Leo Glados gedacht wurde. 

Im Nachgang einer Veranstaltung im Januar 2019, die auf Fotos wie ein klassischer Kameradschaftsabend der 90er Jahre wirkt, schreibt W. über die Anwesenheit eines „Eifeler Outdoor Mannes“. Anwesend war auch der saarländische NPD-Vorsitzende Peter Marx. Welche politische Umgestaltung Sascha W. im Sinn hat, kann man sich bei solchen Veranstaltungen vorstellen.

Eine Vorahnung davon bekommt man auf YouTube. Spoiler: Es wird in erster Linie nervtötend sein. Seit über einem Jahr erscheinen dort Videos unter dem Namen „Outdoor Illner“.  Die zeigen den YouTuber beispielsweise dabei, wie er minutenlang im Wald mit einem Pizzaschneider auf Holzstücke einschlägt. Das ist so unterhaltsam, wie sich diese Beschreibung liest. In der Selbstwahrnehmung des rechtsextremen Künstlers soll das alles witzig sein und Outdoor-Themen mit einer an Heidegger angelehnten Philosophie verbinden. Der „Humor“ von „Outdoor Illner“ besteht unter anderem darin, Hitlergrüße anzudeuten, „spaßeshalber“ zu Gewalt gegen Migrantinnen und Migranten (O-Ton: „Das würde ich niemals sagen, hö, hö, hö“) aufzurufen oder den Politikwissenschaftler und Rechtsextremismusexperten Hajo Funke in einer antisemitisch konnotierten Vampir-Karikatur darzustellen. Am Ende seiner Videos schreit „Outdoor Illner“ stets „Überlebt oder sterbt“.

„Outdoor Illner“ beim Institut für Staatspolitik

Lange Zeit blieben diese Rufe um Aufmerksamkeit in den Wald hinein weitgehend unerhört. Seit einigen Tagen ist das anders. Martin Sellner, Führungsfigur der „Identitären Bewegung“ im deutschsprachigen Raum, bewirbt den Trierer YouTuber I. massiv. In der rechtsextremen Social-Media-Blase nimmt man seitdem „Outdoor Illner“ begeistert auf. Die Verbindung zur „Identitären Bewegung“ dürfte nicht ganz so zufällig zustande gekommen sein, wie Sellner glauben machen will. Der Macher des „Outdoor Illners“ hat noch ein Nebenprojekt auf YouTube. Dieses nennt sich „Haßßkommune“ und besteht aus Sofa-Unterhaltungen mit Johannes Konstantin P., der in einem Interview mit einem rechten Medium als Ortsgruppenleiter der Trierer „Identitären“ geführt wird.

Beobachter/innen der Szene vor Ort zählen auch I. selbst zur „Identitären Bewegung“. Gemeinsam mit P. und dem dritten Mitglied der „Haßßkommune“ machte sich „Outdoor Illner“ unlängst auf den Weg nach Schnellroda. Dort hausen nicht nur Deutschlands meistfotografierte Ziegen, sondern dort befindet sich auch das Institut für Staatspolitik von Götz Kubitschek, das sich gerne als intellektuelles Epizentrum der Neuen Rechten in Deutschland gibt. Anlass der Reise: Die „Winterakademie“ des Instituts, Hauptredner: Alexander Gauland, dessen Rede: ähnlich intellektuell wie das Publikum. Vor Ort drehte Martin Sellner ein Video mit seinem neuen Internetstar.

Videos für die AfD produziert

Nicht der erste Kontakt vom Macher des „Outdoor Illners“ mit der „Alternative für Deutschland“. Fotos auf Facebook zeigen ihn mit AfD-Flagge bei einer AfD-Demo in Trier gegen die Errichtung eines Karl-Marx-Denkmals. I. soll auch bei einer Demonstration im September 2018 in Hermeskeil als Ordner mitgewirkt haben. Die Demo schlug Wellen in der rheinland-pfälzischen AfD, da sie vom AfD-Landtagsabgeordneten Jens Ahnemüller durchgeführt wurde. Der Landesverband nahm den Aufmarsch mit rechtsextremer Beteiligung zum Anlass, Ahnemüller aus der Fraktion auszuschließen. Ahnemüller verteidigte sich, angesprochen auf I.s Beteiligung an seiner Demo, damit, dass I. in der Vergangenheit Videos für die AfD produziert habe.

Der aktuelle Hype in rechtsextremen Kreisen um seine Videos scheint grenzenlos. Über 65.000 Mal wurde ein Video des „Outdoor Illners“ mit dem Namen Martin Sellner im Titel angeklickt. Im aktuellen „Arcadi-Magazin“, das der „Identitären Bewegung“ nahe steht und vom Leverkusener AfD-Politiker Yannick Noé verantwortet wird, gibt es eine Comic-Strecke über den „Outdoor Illner“. Die Zeichnungen wirken ähnlich zu einem Illner-Comic, den ein leidenschaftlicher Fan des YouTubers bereits vor einigen Wochen an sein Idol adressierte. Der Urheber dieses Comics: Gerhard S., der in München mit einer Partnerin zusammen ein Illustrations-Büro betreibt. Glaubt man den Referenzen auf der Webseite des Büros, dann ist S. im Comic-Geschäft keine ganz unbedeutende Nummer. Zu seinen Kunden zählen demnach international agierende Großkonzerne und Fernsehanstalten des Öffentlichen Rundfunks.

Spendenaufruf von „Einprozent“

S. scheint nicht nur dem „Outdoor Illner“ verfallen, sondern insgesamt ein Anhänger neurechten Gedankenguts zu sein. Er unterzeichnete die „Erklärung 2018“ unter der sich allerhand Persönlichkeiten der Neuen Rechten sammelten. Auch auf der Spendensammel-Plattform der Neuen Rechten, „Einprozent“, zeigt man sich begeistert vom „Outdoor Illner“. Für sein Seitenprojekt „Haßßkommune“ postete „Einprozent“ einen Spendenaufruf.

Die „Neue Rechte“ legt großen Wert darauf, nichts mit der „alten“ Rechten zu schaffen zu haben. Beim Thema „Humor“ scheint man sich dagegen mit NPD-Anhängern sehr einig zu sein. Dabei gehört zu Satire und Ironie ein Mindestmaß an Distanz zu den dargestellten Themen. Witzeleien über eigene Vernichtungsphantasien sind dagegen gar nicht witzig, sondern einfach nur menschenverachtender Zynismus.

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