International vernetzter „III. Weg“

Bayerische Neonazis unterhalten gute Kontakte ins Ausland auch in den Libanon und nach Syrien. Das geht aus einer Anfrage der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag hervor.

Dienstag, 20. Juni 2017
Johannes Hartl

Die bayerische Neonazi-Szene ist international vernetzt. Bereits unter der Ägide des verbotenen „Freien Netzes Süd“ (FNS) bestanden jahrelang enge Verbindungen in mehrere europäische Staaten, die durch einen politischen Austausch und die gegenseitige Teilnahme an Aktionen geprägt waren. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Ländern Tschechien und Ungarn sowie Griechenland, das mit dem Aufstieg der rechtsextremen „Goldenen Morgenröte“ zunehmend auf Interesse gestoßen war. So besuchten Delegationen aus diesen Staaten wiederholt braune Aktionen in Deutschland oder hielten gemeinsame Veranstaltungen ab, die als Zeichen der Zusammenarbeit dienen sollten. Umgekehrt reisten Aktivisten des FNS regelmäßig dorthin und beteiligten sich an Aufmärschen.

Auch nach dem FNS-Verbot im Juli 2014 sind diese Kooperationen nicht zum Erliegen gekommen. Die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ hat mit den Strukturen des FNS auch dessen Auslandskontakte übernommen und diese weiter gepflegt. (bnr.de berichtete) Aus einer Anfrage des SPD-Abgeordneten Florian Ritter geht hervor, dass die innereuropäischen Beziehungen nahtlos fortgeführt und neue Kontakte geknüpft wurden. Ähnlich wie einst beim FNS lag der Schwerpunkt dieser Bestrebungen zunächst auf den drei Staaten Tschechien, Ungarn und Griechenland.

Griechische Neonazis bei Aktion in München

Mit den hiesigen Neonazi-Gruppierungen setzte „Der III. Weg“ im Wesentlichen die bestehenden Kooperationen fort. Dazu zählten die Demonstrationen unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“ im tschechischen Karlsbad (2014) und in Wunsiedel (2015), drei Besuche beim „Imia-Marsch“ in Athen zwischen 2015 und 2017 sowie eine Reise zum „Day of Honour“ nach Ungarn in den Jahren 2016 und 2017. An der Aktion in Ungarn nahmen der Anfrage zufolge in beiden Jahren Aktivisten des „Stützpunktes Nürnberg/Fürth“ teil, die den „III. Weg“ in der Region Mittelfranken repräsentieren. Die Vertreter von ungarischen und griechischen Neonazi-Organisationen waren zudem mehrmals nach Deutschland gereist, um an Aktionen der örtlichen Szene teilzunehmen.

Laut Auskunft des Innenministeriums beteiligte sich unter anderem am Heldengedenken im November 2015 in Wunsiedel und beim Aufmarsch am 1. Mai dieses Jahres in Gera jeweils eine Delegation von Rechtsextremisten aus Ungarn. Darüber hinaus liegen Informationen vor, wonach „Der III. Weg“ am 30. März 2017 eine „nationale Streife“ in München veranstaltet hat. Bei diesem Auftritt waren insgesamt sechs Personen zugegen, von denen sich zwei der „Goldenen Morgenröte“ zuordnen ließen. Sie trugen im Rahmen der selbst ernannten Streife die charakteristischen Jacken mit dem Schriftzug „Chrysi Avgi“, dem griechischen Parteinamen der einschlägigen neonazistischen Organisation.

Ritter: Auslandskontakte eine „besorgniserregende Entwicklung“

Doch die Kontakte des „III. Weg“ sollten sich bald nicht mehr auf das europäische Ausland beschränken. Im Mai 2016 reiste erstmals ein Aktivist aus München nach Syrien, traf dort Vertreter des Militärs und des Assad-Regimes. Die Reise wurde durch die „European Solidarity Front for Syria“ (ESFS) ermöglicht — eine europaweit tätige Organisation, die „sich die propagandistische Unterstützung der syrischen Regierung zum Ziel gesetzt hat“. Nach Angaben des Innenministeriums verfügt die ESFS offenbar über eine enge „Verzahnung“ mit der italienischen Casa-Pound-Bewegung, die laut den Behörden als rechtsextrem einzuschätzen ist.

Zehn Monate später hielt sich der Leiter des Gebietsverband Süd des „III. Wegs“ offenbar mit einer ähnlichen Intention im Libanon auf. Der Neonazi führte bei seinem Besuch ein Interview mit Hassan Sakr, dem Auslandsbeauftragten der Syrisch-Sozial-Nationalistischen-Partei. Die Organisation gilt als enger Verbündeter des Diktators Assad. Ihre Symbolik und ihr Auftreten erinnern laut einem Beitrag der „taz“ deutlich an den historischen Nationalsozialismus. Eine geplante Reise nach Syrien – das eigentliche Ziel der Tour – konnte jedoch nicht realisiert werden.

Für Florian Ritter sind die Auslandskontakte eine „besorgniserregende Entwicklung“. Der SPD-Politiker hat die Anfrage gestellt, nachdem der schwedische Neonazi Simon Lindberg im Februar 2017 in Würzburg bei einer Demonstration aufgetreten war. Lindberg ist Mitglied der Nordischen Widerstandsbewegung, die von Beobachtern als terroristische Vereinigung eingestuft wird. (bnr.de berichtete) Ritter befürchtet angesichts der guten internationalen Verbindungen, dass diese die Gefahr einer „sich aufschaukelnden Radikalisierung“ bergen würden und mahnt die Behörden zu erhöhter Wachsamkeit — insbesondere wegen der Kontakte, die zum syrischen Regime bestünden.

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