Neue Rechte

„Institut für Staatspolitik“ empfiehlt weiterhin den „Kulturkampf“

Das „Institut für Staatspolitik“ veröffentlichte im „Verlag Antaios“ das Buch „Mut oder Wie man einen Kulturkampf inszeniert“. Ähnlich wie dieser Akteur der französischen Neuen Rechten will man in Schnellroda vorgehen, wobei an die alte Konzeption einer „Kulturrevolution von rechts“ angeknüpft wird.

Dienstag, 02. Mai 2023
Armin Pfahl-Traughber
„Kulturrevolution von rechts“ - ein Thema, das der neurechte Verlag immer wieder bedient.
„Kulturrevolution von rechts“ - ein Thema, das der neurechte Verlag immer wieder bedient.

Einen „Kampf um die Köpfe“, eine „Kulturrevolution von rechts“ strebt bekanntlich die intellektuelle Neue Rechte an. Man will die geistige Hegemonie erlangen, gehe diese doch der politischen Herrschaft voraus. Zumindest pocht Alain de Benoist, der als Kopf der französischen Neuen Rechten gilt, auf diese Prioritätensetzung. Sein Buch „Kulturrevolution von rechts“ erschien in deutscher Übersetzung gleich zweimal, als Erstausgabe 1985 und im Neudruck 2017. Auch die Akteure des „Instituts für Staatspolitik“ setzen auf dieses Konzept, was ein neues Buch im nahestehenden „Verlag Antaios“ erneut veranschaulicht.

Es stammt von Francois Bousquet, der für Benoist ein enger Mitstreiter ist, arbeitet er doch als Chefredakteur für „Éléments“. Dabei handelt es sich um das bedeutendste Magazin der französischen Neuen Rechten. Bousquets gemeintes Buch zum Thema trägt den Titel: „Mut oder Wie man einen Kulturkampf inszeniert“. Ihm hat Götz Kubitschek, der das „Institut für Staatspolitik“ und die „Sezession“ als Theorieorgan trotz fehlender formaler Zuständigkeit eigentlich leitet, ein Vorwort vorangestellt. Darin betont er die Priorität der Strategie:

„In Systemwechseln … zu denken“

Bedeutsam sei der „Aufbau rechter, nationaler Gegeninstitutionen, die Schaffung eines kulturellen, politischen und ökonomischen Netzwerks, die Beackerung eines nicht von Wahlerfolgen abhängigen, weltanschaulich stabilen Vorfelds“. Als ein solches sieht er verständlicherweise Institut, Verlag und Zeitschrift an. Hier müsse man keine Anpassungen betreiben und Rücksichten vornehmen: „Jede kulturelle Revolte wird durch ihre politische Übersetzung vernutzt, verflacht, beschädigt, ihrer Stoßkraft und Unerbittlichkeit, ihrer Anziehungskraft und ihres Anspruchs beraubt – es sei denn, wir begännen in Systemwechseln zu denken“. Genau dies ist aber das eigentliche Anliegen der Neuen Rechten und deren Projekte.
 
Bousquets Buch wird dazu als Leitfaden angeboten, erfüllt aber diesen Anspruch aus formaler Sicht nicht. Denn der Autor beschwört zunächst den „Mut“ über weite Strecken, sei er doch Atmung und Hebel, Heimat und Schwingung. Dazu wird auf die griechische Antike geblickt und mehrfach Nietzsche zitiert. Nicht selten überschreitet Bousquet hierbei die Grenze zum Polit-Kitsch.

„Overtons Fenster“: Grenzen des Sagbaren verschieben

Er will sich so aber auch von dem „Konformismus“ und der „Mimikry“ befreien, was aus deutscher Blickrichtung als versteckte Einwände gegen die „Junge Freiheit“ gelesen werden kann. Bekanntlich gibt es strategische Differenzen zwischen dem Institut und der Wochenzeitung, die sich auch auf die Klarheit der vorgetragenen Positionen beziehen. Bousquet plädiert für die deutlicheren Konsequenzen: „Nicht die ins System eindringen, werden die Dinge verändern, sondern die aus ihm heraustreten, wenn möglich mit Pauken und Trompeten durch das  Haupttor“.

Darüber hinaus reiht er Betrachtungen und Bezüge aneinander, ohne zu seinem eigentlich angedachten zentralen Thema zu kommen. Erst nach gut 140 Seiten geht es um die gemeinte Strategie, wobei der Ansatz von „Overtons Fenster“ vorgetragen wird. Dabei geht es um akzeptable Auffassungen in der öffentlichen Meinung, welche aber durch einschlägiges Agieren von der Kategorie „undenkbar“ bis zur Kategorie „mehrheitsfähig“ verschoben werden könnten. Genau diese Absicht ist dem Konzept der „Kulturrevolution von rechts“ der Neuen Rechten eigen.

Besetzung von Kulturbereichen als Strategie

Bousquet wird bei seinen Reflexionen danach aber auch nicht konkreter, ergeht er sich doch in etwas schiefen Deutungen von Gramscis Hegemoniekonzeption, wobei der italienische Marxist instrumentalisierend bezogen auf die eigene Strategie vereinnahmt werden soll. Dabei plädiert der Autor für eine „Kulturguerilla“, welche gegen eine angebliche linksliberale Dominanz einen „asymmetrischen Krieg“ führen müsse: „Es sind dies alles Kulturbereiche, die wir besetzen müssen. Kulturkrieg ist ‚permanente Überzeugungsarbeit‘, durch die eine kulturelle Gegen-Macht aufgebaut werden soll, welche die Gesamtgesellschaft und nicht bloß die Bildungsschicht einbezieht“.
 
Dazu dienten heute auch Comics und Internetseiten.  Ziel sei es: „Ein intellektueller Vorposten zu werden, eine Drehscheibe mitten im Herzen der kulturellen Machtausübung“. Genauer wird Bousquet mit seinen Forderungen nicht. Deutlich wird aber seine Kompromisslosigkeit gegenüber bestehenden Systemen, die als inhaltliche und strategische Grundausrichtung ebenso beim „Institut für Staatspolitik“ vorhanden ist. So erklärt sich wohl auch die bei „Antaios“ erschienene Übersetzung.

 

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