Demonstration zum Nürnberger Kodex

Impfgegner verharmlosen den Holocaust

Damals seien es die Juden gewesen, heute würden Impfgegner genauso entrechtet. Ziel einiger weniger sei ein neuer, weltweiter Holocaust. Impfstoffe würden dabei das Giftgas Zyklon B ersetzen. Mit diesen kaum steigerbaren Verharmlosungen des NS-Regimes und seiner Vernichtungspolitik begann am Samstag ausgerechnet in Nürnberg eine zentrale Veranstaltung der bundesweiten Impfgegner- und Coronaleugnerszene.

Sonntag, 21. August 2022
Thomas Witzgall
Vera Sharav bei ihrer Rede in der sie Impfstoffe mit Zyklon B verglich
Vera Sharav bei ihrer Rede in der sie Impfstoffe mit Zyklon B verglich

Monatelang wurde in den entsprechenden Kanälen für den Termin geworben. Veranstalter war eine „Aktionsgemeinschaft 75 Jahre Nürnberger Kodex“.Am 20. August 1947 fiel im Nürnberger Ärzteprozess das Urteil gegen führendes medizinisches Personal u.a. für die bei den Menschenversuchen in den Konzentrationslagern begangenen Verbrechen. Ärztekammern, Medizinethiker und Historiker weisen Vergleiche mit der Entwicklung und Verabreichung der Corona-Impfstoffe scharf zurück, den Impfgegnern kommt es aber genau darauf an.

Shoahüberlebende als Kronzeugin und Rammbock gegen Strafverfolgung

Für diese kruden und eventuell auch strafbaren NS-Vergleiche hatten sich die Organisatoren die Aktivistin Vera Sharav eingeladen. Sharav überlebte als Kleinkind die Shoah und ist damit in der Vorstellungswelt der Szene eine Kronzeugin für die angebliche Richtigkeit ihrer Anschuldigungen. Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) hatte bei früheren Aussagen Sharavs allerdings schon klargestellt: "Die eigene Identität immunisiert nicht davor, diskriminierende Vorstellungen und Ideologien, die eigentlich auch die eigene Person betreffen, selbst zu reproduzieren“.

Das Publikum nahm gerade diese Vergleiche euphorisch auf und verbreitete sie anschließend online. Die Moderatorin bedankte sich für die klaren Worte und auch spätere Redner wie Rolf Kron bezogen sich positiv auf die Ausführungen.

Nicht eingeschritten ist die anwesende Polizei, obwohl die Aussagen mindestens auf einer Ebene liegen wie angeklebte „gelbe Sterne“ oder umgestaltete KZ-Tore. Der Vergleich des Biontech-Impfstoffes mit Zyklon B brachte etwa dem Streamer Stefan Bauer ein Strafverfahren in Österreich ein und den Rauswurf aus der AfD.

Mit rund 3.000 Teilnehmern bliebt das Event weit hinter Demos wie in Kassel oder Stuttgart zurück.

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