Illustre Schar
Mehrere NPD-Bewerber für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am kommenden Sonntag mussten sich bereits vor Gericht verantworten und/oder haben Verbindungen zur Neonazi-Szene.
Mit 42 Kandidaten, darunter sieben Frauen, tritt die NPD bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am nächsten Sonntag an. Das Durchschnittsalter der NPD-Bewerber/innen liegt –ähnlich wie auch 2006 – bei 45 Jahren. Zehn der NPD-Kandidaten sind 61 Jahre und älter, darunter Hartmut Schirmer (71) und Helga Karl (71). Die jüngsten sind Pascal Steinke (21) und Daniel Haberzettl (22). Aktuellen Prognosen zufolge könnte die NPD bei der Wahl am 20. März fünf Prozent der Stimmen erzielen.
An der Spitze der sachsen-anhaltinischen NPD-Liste steht Matthias Heyder (1972), seit 2009 NPD-Landesvorsitzender. Im Zusammenhang mit dem 22. Todesstag von Rudolf Heß wurden im August 2009 Rechtsextremisten im Bereich des Brockens von der Polizei kontrolliert. Unter ihnen war auch Heyder.
„‘Getarnte‘ Unrechtsherrschaft“
Platz zwei hat Matthias Gärtner (1984), seit 2007 JN-Schulungsleiter, seit 2009 Stadtrat in Magdeburg und NPD-Landesvize, Chef der NPD-Programmkommission sowie Autor des JN-Strategiepapiers „Vorpolitischer Raum“ (2010). Darin spricht Gärtner von der „bestehenden ‘getarnte‘ Unrechtsherrschaft“ in der Bundesrepublik und fordert von der NPD, „der JN einen eigenständigen Politikbereich zu überlassen, wie in etwa den ‘Kampf um die Straße‘“. Gärtner musste sich im Juli 2010 vor dem Landgericht Magdeburg wegen übler Nachrede verantworten.
Kreisrat Michael Schäfer (1982), seit 2007 JN-Bundesvorsitzender, war einer der Köpfe der „Wernigeröder Aktionsfront“, die einem Verbot durch Selbstauflösung zuvorkam. Bei einer JN-Demo am 17. Oktober 2009 in Leipzig heizte Schäfer die Demonstrationsteilnehmer an: „Kameraden, in Leipzig ist schon einmal ein Staat zu Grunde gegangen. Warum soll es nicht wieder so sein? Warum soll heute nicht der Anfang vom Ende des Projektes BRD sein?“ Im Februar 2010 war Schäfer einer der Redner des JLO-Trauermarsches in Dresden.
In die Mitte der Gesellschaft drängen
Auf Platz vier kandidiert der unter anderem wegen Körperverletzung verurteilte Kreisrat Philipp Valenta (1981), JN-Landesorganisationsleiter, Ex-JN-Bundesgeschäftsführer und Ex-JN-Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz. Heidrun Walde (1948), seit 2009 NPD-Landesvorstandsmitglied, ist Bundesschatzmeisterin und Geschäftsführerin der NPD-Frauenorganisation Ring Nationaler Frauen (RNF). Den Listenplatz sechs hat der vormalige NPD-Landesvorsitzende Andreas Karl (1963) inne.
Zu den Kandidaten gehört auch Lutz Battke, parteilose Stadt- und Kreisrat für die NPD in Laucha. „Wenn es ein Beispiel dafür gibt, wie Rechtsextremisten in die Mitte der Gesellschaft drängen, dann ist es Lutz Battke“ (1958), sagte Rüdiger Erben, Staatssekretär im Innenministerium von Sachsen-Anhalt, im Februar dieses Jahres. Bei der Bürgermeisterwahl im November 2010 erzielte Battke in Laucha 24 Prozent (435 Wähler).
Erfahrener Aktivist in der JN-Führungsriege
Judith Rothe (1979), NPD-Kreisrätin, stellvertretende Bundessprecherin der NPD-Frauenorganisation Ring Nationaler Frauen (RNF), ist mehrfach in Verfassungsschutzberichten erwähnt. Sie ist die Lebensgefährtin des Neonazis Enrico Marx. Rothe, bereits wegen Körperverletzung verurteilt, stand im Januar 2010 wegen Volksverhetzung und Gewaltdarstellung vor dem Sangerhäuser Amtsgericht. Den braunen Internethandel hatte Rothe von Marx übernommen, nachdem die Behörden dem das Gewerbe entzogen hatten.
Auf Listenplatz neun kandidiert der JN-Bundesvize Andy Knape (1986), seit 2008 JN-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt. In einem internen Papier des Verfassungsschutzes wurde die Wahl von Knape zum JN-Bundesvize mit den Worten kommentiert, dass damit ein „erfahrener Aktivist mit Verbindungen zur neonazistischen Szene in die JN-Führungsriege“ nachrücke. Ex-NPD-Stadtrat Heiko Krause (1969), vormals Führer der „Kameradschaft Tangerhütte“ und Teilnehmer der „Hetendorfer Tagungswoche“ von Jürgen Rieger, war einst Unterstützer der „Revolutionären Plattform“ der NPD.
Peter Walde (1945), Listenplatz 11, vormals SED-Mitglied und später REP-Landesvorsitzender, verkündete 2006, dass er mit der NPD „nichts zu tun haben“ wolle, da diese in Deutschland „den Nationalsozialismus“ errichten wolle. Unter der Kreiswahlvorschlägen der NPD finden sich unter anderem noch Steffen Bösener (1979), Eigentümer des Neonazi-Internetversands „Odinseye“ sowie Christel Kasprzyk (1955), Unterzeichnerin des Appells „Freiheit für Horst Mahler (...)!“