Hornbrille und Hakenkreuz
Eines der in Chemnitz geklebten Motive
In den letzten Wochen tauchten im Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg zunehmend Schriftzüge und Aufkleber mit eindeutig nationalsozialistischem Bezug auf. Szenekenner sind von der Massivität und den „Begleiterscheinungen“ in Sozialen Netzwerken erschrocken.
Die Aufkleber, die massenweise an Laternenmasten oder Parkbänke geklebt wurden, nehmen u. a. Bezug zur „New Society“ oder sie tragen Schriftzüge wie „I love NS“. An eine Kirchenmauer wurde großflächig „Wir wollen leben. NS jetzt“ gesprüht. An anderen Orten finden sich ähnliche Slogans. Experten der „AG Rechtsextremismus“ sprechen von einer ganz „klaren Besetzungsstrategie“, die den Stadtteil als „rechten Kiez markieren“ soll. Zwischenzeitlich wurden viele der Aufkleber entfernt, überklebt, Schriftzüge übermalt.
Aus dem Netz - auf die Straße
Im sozialen Netzwerk Facebook ist parallel eine Gruppe namens „Kopfsteinpflaster“ aufgetaucht, über die die großflächigen „I love NS“-Aufkleber bestellt werden konnten. Aktive der Zivilgesellschaft fragen sich, wer für die Herstellungskosten aufkommt. Letzte Woche meldete ein Facebook-Nutzer „wegen Hassbotschaften oder -symbolen“ diese Seite, welche daraufhin entfernt wurde. Inzwischen gibt es wieder eine neue Seite der Gruppe, die als Titelbild das schräggestellte, schwarze Kreuz des „Rechten Plenums“ – eines weiteren, mit „Kopfsteinpflaster“ offenbar eng verbundenen Facebook-Profils der rechten Szene – trägt. Auf beiden Seiten werden Bilder von mit Sturmhauben vermummten Menschen gepostet – auf der inzwischen gelöschten mit Sprüchen wie „Bildet euch, bildet andere, bildet Banden“.Entlarvender Facebook-Eintrag (Foto: Screenshot Facebook)
Viele der Posts kommen in einem vermeintlich intellektuell-coolen Lifestyle daher, der offensichtlich bei jungen Menschen verfangen soll – und das auch tut. So berichten Szenebeobachter von Mädchen, die durch den Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg laufen, und sich an die Schläfe ein schräggestelltes Kreuz gemalt haben.Verbindungen an allen Ecken
Ein Name taucht in diesem Zusammenhang immer wieder auf: Patrick K. Der mutmaßliche Erfinder des „Abschie-Bär“ kommt ursprünglich aus Hannover und war dort nach Erkenntnissen der Behörden Teil der mittlerweile verbotenen Gruppe „Besseres Hannover“. Die Polizei ermittelt gegen ihn wegen einer Reihe von Anschlägen auf Parteibüros. K. sei inzwischen nach Chemnitz gezogen, sagen Beobachter. Der Seite „Rechtes Plenum“ gefällt seine youtube-Kochsendung „Balaclava“ (zu Deutsch: Sturmhaube). Die Hobbyköche, die – so meldete die Welt – mit „identitärem Gruß“ ihre Zuschauer begrüßen, kochen vegan und trinken gern Club Mate. Ein Getränk dieser Marke steht auf einem Bild auch inmitten der Vermummten des „Rechten Plenums“; die Gemeinschaft „Kopfsteinpflaster“ posiert mit einem Nudelholz. Der Sonnenberg mag bereits in der Vergangenheit ein gutes „Pflaster“ für Rechtsextreme gewesen sein. Die aktuellen Entwicklungen können mit Sicherheit darauf aufbauen, dass es wenig zivilgesellschaftliche Gegenwehr in diesem Stadtviertel gibt – auch wenn Stadtteilbüros, Kirchen und Vereine hier aktiv sind.Kategorien