Hooligan-Chic und Nadelstreifen
Erste europäische Anti-Islam-Kundgebung im dänischen Aarhus – dabei waren auch Vertreter der „German Defence League“ und der bayerische Landeschef der „Freiheit“, Michael Stürzenberger mit Anhängern.
Sie waren pünktlich. Kurz vor 14.00 Uhr standen die deutschen Teilnehmer der ersten europäischen „Anti-Dschihad“-Kundgebung auf dem Veranstaltungsplatz. Bis der erste Redner im dänischen Aarhus sprach, musste aber lange gewartet werden. Schlechte Stimmung kam an dem Samstag bei der Reisegruppe um den bayrischen Landesvorsitzenden der Partei „Die Freiheit“, Michael Stürzenberger, jedoch nicht auf. Im Gegenteil: Im Mollenparken mitten in der zweitgrößten Stadt Dänemarks störte es die gut und bieder Gekleideten auch nicht, mit Männern im Hooligan-Chic zusammen zu stehen. Achtzehn Stunden seien sie aus München mit dem Bus gefahren, sagte Stürzenberger, was sei gerne taten, „um gemeinsam für ein Europa ohne Islam und Moscheen stehen zu können“.
Diese Botschaft konnte bei der Veranstaltung, die von „Danish Defence League“ (DDL) ausgerichtet wurde, immer wieder gehört werden. Niemand von den elf Rednerinnen und Redner von verschiedenen Anti-Islam-Bewegungen und -Initiativen aus neun Ländern, der oder die nicht den Islam als „politisches Programm des Angriffs auf europäische Wert- und Lebensvorstellungen“ brandmarkte. Nach über einer Stunde des Wartens, da die Lautsprecheranlage nicht ansprang, eröfnete Freja Lindgren von der DDL vor der Treppe der Bibliothek am Park die Kundgebung. Von einem eiligst herbei geholten Abschleppwagen aus und durch ein Megaphon erklärte sie kurz, ihr Land nicht den Islamisten zu überlassen. Die knappe Begrüßung – bei strahlendem Sonnenschein und kaltem Wind – kam bei den mittlerweile rund 200 Teilnehmern gut an. Lindgren, mit Basecape, Sonnenbrille, Pelzjacke und Kapuzenpullover gekleidet, wusste, wer der Star diese Szene ist: Tommy Robinson, Chef der „English Defence League" (EDL), der Vorbildorganisation für viele der anwesenden Gruppen.
„Im Krieg gegen den Islamismus“
Als Robinson auf die Ladefläche des Abschleppwagen stieg, skandierten die Anwesenden sogleich „Tommy, Tommy, Tommy“ sowie „EDL, EDL, EDL“. Auch Stürzenberger stimmte da lautstark mit ein. Dass die 2009 initiierte EDL aus dem rechtsaffinen Hooligan-Milieu kommt, löste bei der Reisegruppe um ihn keine Berührungsängste aus. Selbst, dass viele der EDL- und DDL-Anhänger fast vollständig vermummt waren, nicht. Zur EDL meinte ein über 50-Jähriger aus der Reisegruppe: „Die haben da eine andere Situation. Halb London ist in der Hand von Islamisten.“
Lässig winkte Robinson derweil den lautstarken Zuspruch ab. Die Anführer der Leagues, ließ er gleich durch Megaphon wissen, müssen kämpferisch und hart sein. Dieser 31. März wäre allerdings „ein historischer Tag“. Denn, so Robinson, der ein T-Shirt „EDL hate Nazis & Islamists“ trug und auf dessen Basecape das EDL-Logo, ein geschweiftes Georgskreuz, prangte: „Die Bewegung wächst. Wir sind im Krieg gegen den Islamismus. Wir werden siegen“. „Never surrender“ (niemals aufgeben), skandierten die Teilnehmer, die auch aus Norwegen, Finnland und Frankreich angereist waren. Das Shirt-Bekenntnis der EDL verklärt allerdings, wer sich bei ihren Aufmärschen einreiht, bei denen oft die militante Konfrontation gesucht wird. Ein Redner aus Dänemark kommt denn auch aus dem Neonazi-Milieu: Lars Grønbæk Larsen war früher im Umfeld der neonazistischen Dansk Front aktiv.
Warum fand das erste europäische Treffen überhaupt in Aarhus statt? In England ist die EDL wesentlich besser aufgestellt. „Aarhus war für alle Beteiligten am günstigsten zu erreichen“, antwortete Lindgren und schob hinterher: „Mein Vater war im Widerstand gegen die deutschen Besatzer, ich bin es gegen die neuen Besatzer“. In der Stadt hat die DDL aber zudem eine größere Anhängerschaft, die wie in England stark aus der Hooligan-Szene kommt. Zufrieden blickte Lindgren zu den Teilnehmern mit Landes- und Gruppenfahnen, Transparenten gegen den Islam sowie Westen mit „Freiheit statt Scharia“. Große Aktionen kann die DDL aber nicht ausrichten. Noch nicht, schien auch Robinson zu hoffen. „Wir sind auch hier, um euch zu unterstützen“, sagte er unter erneut großem Applaus.
„Linksfaschisten“ und „Antidemokraten“
Für den Kampf gegen die Islamisierung Europas, so versprach Andre Sachsen von der „German Defence League“ (GDL), werde er überall hinfahren. „Maximalen Widerstand gegen den Islam“ bekräftigte er. „Maximal resistenz“ prangte auf den Kapuzenjacken der GDL-Demonstranten. Die GDL hätte schon zehn „Divisonen“ mit rund 50 Anhängern, sagte Sachsen. Zwei von ihnen sprachen mit Michael Mannheimer. Der Blogger und Referent gegen den Islam, dessen Name ein Pseudonym ist, hatte zuvor gewettert, dass jede Moschee ein Stützpunkt zur Islamisierung Europas sei und die Islamisten „uns töten“ wollten. Die Aussage der Rede kam an, weniger der Auftritt. Denn bevor Lindgren die Eröffnung halten konnte, war Mannheimer bereits auf den Wagen gestiegen und begann seine Rede. Stürzenberger, mit Windjacke und Hemd, gefiel mit seinem Auftreten besser. Bevor er seine Ansprache begann, schwenkte er vor der Bibliothek ständig eine Israelfahne. „Israel steht in der direkten Frontlinie zum Dschihad“, erklärte der Ex-CSUler und schimpfte dann per Megaphon über die „Linksfaschisten“ und „Antidemokraten“. „Da hinten stehen sie“, sagte er und zeigte auf die Gegendemonstranten.
Schon eine Stunde vor der antiislamischen Kundgebung an der Bibliothek im Park versammelten sich an die 5000 Demonstranten unter dem Motto „Vielfalt für Aarhus“. Ein breites Bündnis hatte zu der Gegenaktion beim Rathaus aufgerufen. Keine zehn Minuten Fußweg von der Bibliothek entfernt. Nach einer Demonstration waren denn auch viele Gegner in den Park gekommen. Die Polizei hatte das Gelände nicht abgesperrt. Vereinzelt flogen Flaschen und Steine. Anlass für EDL- und DDL-Anhänger, gleich loszustürmen. Beamte in Zivil stoppten sie. Als Gegendemonstranten näher an die Kundgebung herankamen, schlugen die Islamfeinde auf sie ein. Erneut schritt die Polizei schnell ein, nahm eine Person fest. Am Ende der Kundgebung, da waren Robinson & Co. schon lange weg, wollten die letzten „Anti-Dschihad“-Teilnehmer mit einen Bus wegfahren. Steine und Flaschen flogen. An die 80 Personen kamen in Gewahrsam.