„Hohe Affinität zu Waffen“

„Reichsbürger sind dem Verfassungsschutz zufolge „oftmals gewaltorientiert“. Auch in diesem Jahr wurden in der in sich zersplitterten und verfeindeten „Reichsbürger“-Szene bereits zahlreiche Waffen sichergestellt.

 

Montag, 10. Juli 2017
Anton Maegerle

Vergangene Woche haben Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und der Präsdident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen den Bundesverfassungsschutzbericht 2016 vorgestellt. Erstmals wurden so genannte „Reichsbürger“ als eigenständiger Phänomenbereich in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen.

Aktuell zählen deutschlandweit etwa 12 800 Personen zur „Reichsbürger“-Szene, davon sind etwa 800 Rechtsextremisten. „Reichsbürger“ weisen nach Erkenntnis des Verfassungsschutzes eine „hohe Affinität zu Waffen“ auf und sind „oftmals gewaltorientiert“. Ende 2016 verfügten rund 700 „Reichsbürger“ über Waffenerlaubnisse. Bis Anfang Juni 2017 konnten an die 100 waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen werden.

Auch in diesem Jahr wurden bei „Reichsbürgern“ zahlreiche Waffen sichergestellt. Nachstehend dokumentiert bnr.de ausgewählte Waffenfunde in der in sich zersplitterten und verfeindeten „Reichsbürger“-Szene im ersten Halbjahr 2017 in den Bundesländern.

Länderübergreifend

Am Morgen des 25. Januar durchsuchte die Polizei in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt  zwölf Wohnungen und Objekte. An dem Einsatz waren rund 200 Polizeibeamte beteiligt. Im Zentrum der Ermittlungen stand der zuletzt im baden-württembergischen Schwetzingen angemeldete 62-jährige Burghard Bangert (alias „Burgos von Buchonia“), ein selbst ernannter „Druide“ und „Reichsbürger“.  Bangert soll eine terroristische Vereinigung gebildet haben, die sich Waffen und Munition beschafft haben soll. Die Ermittlungen richten sich gegen sieben Beschuldigte im Alter zwischen 35 und 66 Jahren, die über soziale Netzwerke intensiven Kontakt pflegten.

Nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft sollen die Rechtsextremisten Anschläge auf Juden, Asylbewerber und Polizisten in Deutschland geplant haben. Sichergestellt wurden scharfe Schusswaffen, Schießkugelschreiber und erhebliche Mengen Munition. Außerdem habe man rund zwei Kilogramm Schwarzpulver, einen aus Grillanzündern gefertigten Brandsatz sowie vorbereitete Brandflaschen gefunden. In einem Objekt in Baden-Württemberg wurde auch instabiler Initialsprengstoff gefunden, der von Experten vor Ort kontrolliert gesprengt wurde.
(www.morgenweb.de vom 27. Januar 2017)

Bei einer bundesweiten Razzia am 24. Januar stellten Polizeibeamte 42 Waffen aus elf Bundesländern, die illegal im Internet beim Online-Shop „Migrantenschreck“ gekauft wurden, sicher. Durchsucht wurden 33 Wohnungen, Hotelzimmer und Geschäftsräume. Unter den 29 Verdächtigen im Alter von 25 bis 72 Jahren  waren auch Personen aus der extrem rechten Szene und den „Reichsbürgern“. (www.berliner-zeitung vom 24. Januar)

Am 29. März fand gegen gegen die „Reichsbürger“-Gruppierung „Zweites Deutsches Reich“ eine große Durchsuchungsaktion statt. 14 Objekte in Bayern  Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rumänien wurden durchsucht. Mehre Waffen wurden beschlagnahmt, darunter ein Gewehr der Marke „Winchester“ mit dazugehöriger Munition. (Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29. März)

Baden-Württemberg

SEK-Beamte verhafteten einen mutmaßlichen 43-jährigen „Reichsbürger“ in seiner Wohnung bei Pforzheim. Der Kampfsportler war mit einem Messer und einer scharfen Pistole bewaffnet. Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden die Beamten eine Pumpgun, eine Armbrust und mehrere Hieb- und Stichwaffen sowie etwa 150 Schuss Munition. (www.spiegel.de vom 27. Januar)

Bei der Durchsuchung der Wohnung eines 55-jährigen „Reichsbürgers“ im Zolllernalbkreis  wurde ein Kleinkalibergewehr samt Munition sichergestellt. (www.swp.de vom 17. Februar)

Bayern

In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz fanden am 7. Februar Durchsuchungsmaßnahmen gegen Anhänger der „Reichsbürger“-Gruppierung „Bundesstaat Bayern“ statt. Sichergestellt wurden unter anderem Waffen, Munition und Betäubungsmittel. (BfV-Newsletter, 1/2017)

Bei Hausdurchsuchungen bei „Reichsbürgern“ in Rottach und Otterfing, die im Besitz von Waffenerlaubnissen sind, wurden am 8. März Waffen sichergestellt. (tegernseerstimme.de vom 9. März)

Bei Durchsuchungen im Umfeld der „Reichsbürger“-Gruppierung „Bundesstaat Bayern“ bei 45 Beschuldigten in 36 Objekten in Bayern und Rheinland-Pfalz am 21. März wurden Waffen, Munition und nach dem Waffengesetz verbotene Gegenstände, unter anderem ein Totschläger und ein Wurfstern, sichergestellt. (www.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de vom April)

Anfang April stieß die Polizei bei einer Hausdurchsuchung bei einem 33-jährigen „Reichsbürger“ in einer Gemeinde im Landkreis Neu-Ulm auf ein Waffenarsenal mit Messern, Dolchen, Schwertern, Macheten, Armbrüsten, einem Luftgewehr und großen Mengen Pfeilen und Munition. Neben Drogen wurden auch NS-Devotionalien gefunden. (www.schwaebische.de vom 12. April)

In Garching bei München erschoss sich am 30. Mai ein 43-jähriger „Reichsbürger“ selbst. Zuvor war er mehrfach von der Stadtverwaltung aufgefordert worden, seine Waffen samt Munition und Waffenschein abzugeben. (www.merkur.de vom 1. Juni)

Im niederbayerischen Landkreis Landshut wurden am Abend des 3. Juli zwei Polizeibeamte von einem 53-jährigen Mann verletzt, als sie ihn wegen eines Haftbefehls in seiner Wohnung aufsuchten. Der „Reichsbürger“ und dessen Lebensgefährtin widersetzten sich der Festnahme des Mannes durch die Polizeibeamten und schlugen auf diese tätlich ein. Verletzt wurde bei der Auseinandersetzung auch der „Reichsbürger“, der nach seiner Behandlung im Krankenhaus in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert wurde. (www.idowa.de vom 5. Juli)

Brandenburg

In Cottbus wurde am 8. Februar bei einem „Reichsbürger“ eine Razzia durchgeführt. Der 55-Jährige soll illegal mit Waffen (unter anderem Gewehre von 6mm bis 45mm, Schwerter, Armbrüste, Rambo-Messer) gehandelt haben. Die Waffen waren zwar nicht erlaubnispflichtig, aber der Beschuldigte hatte keine entsprechende Erlaubnis. (www.berliner-zeitung.de vom 8. Februar)

Die Polizei beschlagnahmte am Morgen des 20. März bei einem 57-jährigen „Reichsbürger“ in Fürstenberg, Ortsteil Tornow,  neun Waffen und Munition und sprach ein Waffenbesitzverbot aus. (www.rbb-online.de vom 20. März)

Niedersachsen

Die Polizei durchsuchte am 3. Februar die Wohnung eines „Reichsbürgers“  im Kreis Osnabrück und stellte dabei Waffen und Munition sicher.  Zuvor hatte der Kreis die Erlaubnis für den Mann aus Glansdorf zurückgezogen, dass dieser Waffen besitzen darf. (www.focus.de vom 5. Februar)

Nordrhein-Westfalen

Der 45-jährige „Reichsbürger“ Guido D., zugleich Mitglied der „Hells Angels“, wurde am 2. Februar in Kleve verhaftet. Der Tätowierer hatte eine Pistole der Marke Heckler & Koch sowie ein Springmesser und Kokain im Wert des Straßenpreises von 100 000 Euro bei sich. (www.ikz-online.de vom 10. Februar)

Am Morgen des 8. März stürmte die Polizei ein Haus in Essener Stadtteil Dellwig und nahm einen 53-Jährigen und dessen 52-jährige Ehefrau fest. Ein Dobermann wurde erschossen. Drei Schusswaffen, darunter eine Schrotflinte, die griffbereit neben der Eingangstür lag, wurden sichergestellt. Das mit den „Reichsbürgern“ sympathisierende Paar wurde soll sich im Umfeld des Vereins für bioenergetisches Leben e.V. in Hünxe bewegen. In Hünxe wurden selbst gebaute Schussapparate, Schwarzpulver und Munition beschlagnahmt. (www.waz.de vom 8. März)

Bei zeitgleichen Hausdurchsuchungen bei „Reichsbürgern“, die einer Sportschießgemeinschaft angehören, in Krefeld, Gerfrath und Nettetal (Kreis Viersen) am 28. März wurden Waffen und Munition sichergestellt. (www1.wdr.de vom 28. März)

Der 53-jährige „Reichsbürger“ Axel B. wurde bei einem Einsatz am 10. Mai in Drevenack, einem Ortsteil von Hünxe, festgenommen. B. gehört der „Reichsbürger“-Gruppierung Verein für bioenergetisches Leben e.V. an. Die Polizei stellte nachgebaute Waffen sicher. (www.rp-online.de vom 12. Mai)

Dutzende Waffen, Munition und Schwarzpulver fand die Polizei bei der Hausdurchsuchung eines 67-jährigen „Reichsbürgers“ am 14. Juni in Stemwede. (www.radiowestfalica.de vom 14. Juni)

Ein Spezialeinsatzkommando nahm am 21. Juni in Duisburg einen 48-jährigen „Reichsbürger“ fest. In den Wohnungen des Mannes wurden verschiedene Messer sichergestellt. Außerdem zogen die Beamten seinen kleinen Waffenschein ein. (www1.wdr.de vom 21. Juni)

Rheinland-Pfalz

Ein mehrfach vorbestrafter „Reichsbürger“ wurde von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Der 46-Jährigen „Reichsbürger“ schoss im März in der Innenstadt von Trier mit einer Softairpistole herum und soll mehrere Menschen bedroht haben. Bei seiner Festnahme hatte der Mann den Hitlergruß gezeigt. (www.welt.de vom 21. Juni)

Saarland

Am 23. Mai durchsuchte die Polizei in Saarbrücken die Wohnung eines 49-jährigen „Reichsbürgers“ („Königreich Preußen“). Neben einer Pistole wurde Munition sichergestellt. (www.saarland-fernsehen.de vom 23. Mai)

Schleswig-Holstein

Bei einem 62-jährigen „Reichsbürger“  in Pinneberg beschlagnahmte die Polizei am 16. Februar 114 scharfe Waffen, 71 000 Schuss Munition und kiloweise Chemikalien zur Sprengstoffherstellung. (mobil.mopo.de vom 18. Februar)

Thüringen

In der Wohnung eines 31-jährigen „Reichsbürgers“ und dessen Mutter in Sondershausen entdeckte die Polizei verschiedene Substanzen und Chemikalien, aus denen Sprengsätze hergestellt werden können. Außerdem wurden elektrische und elektronische Bauteile für den Bau von Zündeinrichtungen sichergestellt. (www.mdr.de vom 16. März)

Am 28. März fand die Polizei bei einem 64-jährigen „Reichsbürger“ und Sportschützen in Nohra (Landkreis Nordhausen) ein umfangreiches Waffenarsenal. Neben 13 Langwaffen und vier Kurzwaffen, zwei Pistolen, zwei Revolvern und viel Munition wurden auch eine Böllerkanone und Granatenköpfe beschlagnahmt. (www.thueringer-allgemeine.de vom 28. März)

In Gefell (Saale-Orla-Kreis) zog die Polizei am 6. April den Revolver eines 43-jährigen Sportschützen und „Reichsbürgers“ ein. (www.mdr.de vom 6. April)

Das Thüringer Landeskriminalamt durchsuchte am 23. Juni 14 Objekte in der Region Meiningen, Erfurt und Göttingen im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Gera wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ermittelt wird gegen 13 Beschuldigte aus dem Umfeld der „Reichsbürger“-Gruppierung Europäische Aktion (EA). Die Beschuldigten sollen in Südthüringen an paramilitärischen Zeltlagern teilgenommen haben. Bei den Durchsuchungen wurden mehrere Kurz- und Langwaffen, Munition, Waffenteile und andere Waffen sichergestellt. (www.mdr.de vom 23. Juni, www.bnr.de)

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