Rezension

„Höcke – Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht“ – eine journalistische Darstellung

Eine kritische Biographie über Björn Höcke legt Frederik Schindler vor, der über die AfD für die Tageszeitung „Die Welt“ schreibt. Er hat viele Detailinformationen – auch zu den frühen Jahren des rechtsextremistischen Politikers – zusammengetragen, leider ohne seine Belege dann auch genauer in den Fußnoten anzugeben. 

Montag, 06. Oktober 2025
Armin Pfahl-Traughber
Der "Welt"-Journalist Frederik Schindler hat ein Buch über Björn Höckes Weg zur Macht in der AfD veröffentlicht.
Der "Welt"-Journalist Frederik Schindler hat ein Buch über Björn Höckes Weg zur Macht in der AfD veröffentlicht.

In der AfD wurde immer mal wieder versucht, Björn Höcke zu stoppen. Denn dieser hatte sich häufig in einem eindeutig rechtsextremistischen Sinne geäußert. Zunächst bemühte sich Bernd Lucke und scheiterte, dann bemühte sich Frauke Petry und scheiterte, und schließlich bemühte sich Jörg Meuten und scheiterte. Alle drei Genannten hatten daraufhin die Partei verlassen. Übrig blieb Björn Höcke, der sich daher als Sieger sehen kann. Insofern kommt seiner Person große Relevanz zu, will man ein differenziertes Bild von der Partei zeichnen. 

Denn scheinbar ist Höcke nur ein Landesfraktions- und Landesparteivorsitzender, tatsächlich übt er aber großen Einfluss aus dem scheinbaren Hintergrund auf die Partei aus. Diese Einsicht ist auch einem Journalisten der Tageszeitung „Die Welt“ eigen, der ebendort seit Jahren über die Partei und deren Positionierungen berichtet: Frederik Schindler. Jetzt hat er ein ganzes Buch über Höcke vorgelegt, das eben auch bezeichnenderweise „Höcke. Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht“ im Titel trägt. 

Höckes familiär-politische Prägungen 

Es handelt sich dabei um keine klassische Biographie, wenngleich auch der chronologische Lebensweg häufig thematisiert wird. Gleich das erste große Kapitel ist mit „Höcke als Sohn, Vater und Lehrer“ überschrieben. Deutlich wird hierbei schon die Abkunft aus einer hochpolitischen Familie, die sich jahrzehntelang traditionellen rechtsextremistischen Positionen verbunden fühlte, was offenkundig mit zu einer tiefgründig ideologisch-politischen Prägung bei ihm führte. Auch Höckes frühere Lehrertätigkeit ist ein Thema, folgen doch Berichte über seine Politisierungsversuche im Unterricht. Schindler sprach mit ehemaligen Schülern und veranschaulicht damit sein damaliges Wirken. 

Anschließend fällt der Blick auf sein Engagement in der Partei, das mit einem kometenhaften inneren Aufstieg gegen alle Widerstände verbunden war. Aufschlussreich wird diese Entwicklung nachgezeichnet, wobei aber auch die ideologischen Positionierungen ausführlicher hätten Thema sein können. Bezogen auf den „Antikapitalismus“ Höckes gelingt dies indessen Schindler überzeugend.

Der „Beschützer“ Gauland und die „Opportunistin“ Weidel

Und dann geht es auch noch um sein persönliches politisches Umfeld, wobei jeweilige engere und fernere Mitstreiter thematisiert werden. Dazu gehören Götz Kubitschek von der Neuen Rechten, aber auch Thorsten Heise als neonazistischer Protagonist. Besondere Beachtung verdienen dabei die Ausführungen zu Alexander Gauland und Alice Weidel. Als „Der Beschützer“ wird der Erstgenannte thematisiert, hatte der doch als bürgerlich gemäßigt geltende Gauland immer wieder seine Hand über Höcke gehalten. 

Er kannte dessen Auffassungen und deckte ihn in der Partei. Demgegenüber verhielt es sich im zweiten Fall etwas anders, wurde doch ein Parteiausschlussverfahren von Alice Weidel zeitweise mit gefordert. Indessen kannte sie die Entwicklung ihrer früheren „Kollegen“ und entwickele sich zur „Opportunistin“. Heute zeigt sie sich offen Arm in Arm mit Höcke. Diese Anpassungsleistung erklärt wohl, warum sie ihre führenden Ämter behalten konnte. Auch diese gut veranschaulichte Einsicht sagt viel über die Entwicklung der Partei aus. 

„Keine normale Rechtspartei“

Der Autor legt sehr viele Detailinformationen vor und kann damit viele Einordnungen gut belegen. Leider erscheint das Buch ohne Fußnoten, insofern gibt es keine genauen Belege für die jeweiligen Darstellungen. Zumindest auf einer Internetseite hätte man solche einstellen können, wenn dafür entsprechende Druckseiten nicht genutzt werden sollten. Denn die Recherche von Schindler ist überaus genau, er arbeitet auch als Journalist hauptsächlich über die Partei. Dadurch ist er zu einem kenntnisreichen Experten geworden, der auch hier zur AfD eine kritische Einschätzung vornimmt. 

Dies gilt ebenso für Robin Alexander, der das Vorwort schrieb. Der bekannte Journalist bemerkt auch eindeutig, dass das Buch angesichts der dortigen Darstellungen belege: Die AfD sei keine normale Rechtspartei. Ein Entgegenkommen wäre eine falsche Strategie. Derartige Auffassungen findet man nicht gar so häufig in „Die Welt“. Umso erfreulicher sind daher die klaren Einordnungen und Kommentierungen, die gegenüber der Höcke-Partei hier vorgenommen wurden. 

Frederik Schindler, Höcke. Ein Rechtsextremist auf dem Weg zur Macht, Freiburg 2025 (Herder-Verlag), 271 Seiten, 22 Euro

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