Hetzer und Geschichtsrevisionist

Sächsischer Rechtsextremist bekennt sich zu der Verbreitung von „Protestmitteln und Schlafmichel-Aufweckern“. Anfang Oktober will der braune Kameradenkreis um „Vergißmeinnicht“ zum Ulrichsberg bei Klagenfurt in Kärnten aufbrechen.

Dienstag, 08. September 2020
Anton Maegerle

Aufkleber, Plakate und Transparente mit dem Aufdruck „Merkel muss weg“ sind vielerorts bei rechten Demonstrationen zu sehen. In häufigen Fällen steckt hinter der Agitation der Rechtsextremist Jürgen Hösl-Daum aus dem sächsischen Zittau.

„Seit Jahren verbreiten wir dank zahlreicher Helfer und Spender zehntausendfach Aufkleber. ... Man sieht unsere Protestmittel und Schlafmichel-Aufwecker mittlerweile an Zeitungskiosken, Zeitungskästen, Tankzapfsäulen, Bushaltestellen, in Bussen, Zügen, U-Bahnen kleben und als 120cm langes Plakat, aber auch als 2m langes Transparent auf verschiedenen Demos oder an Autobahnbrücken hängen“, wird stolz in der rechtsextremen Postille „Vergißmeinnicht“ mitgeteilt. Ein Foto zeigt ein großes Anti-Merkel-Plakat bei Demonstrationen im rheinland-pfälzischen Kandel. Presserechtlich verantwortlich für „Vergißmeinnicht“ zeichnet Jürgen Hösl-Daum (Jg. 1978).

„Der Kampf wird nicht nur am Schreibtisch ausgetragen“

Hösl-Daum und Kameraden betreiben in Zittau seit dem 8. Mai 2011, dem 66. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, eine so genannte „Bildungs- und Begegnungsstätte“. Neben Büroräumen, einer Bibliothek und einem „Kameradschaftszimmer“ befindet sich dort auch ein Kraftsport- und Boxraum, Unterrichtet wird Kickboxen zur „Stärkung“ der „Wehrkraft“: „Denn leider wird der Kampf nicht nur am Schreibtisch ausgetragen!“, heißt es bei „Vergißmeinnicht“.

Selbst ernanntes Ziel der Kameraden um Hösl-Daum ist es, „geschichtspolitische Aufklärungsarbeit zu leisten“ und „Denkmalpflege in den Gebieten jenseits der Oder-Neiße“ zu betreiben und zu „verhindern, dass Gras über die Geschichte der deutschen Heimatvertriebenen wächst.“ Finanzielle Sponsoren werden als „ein Rädchen im Gegen-System“ gewürdigt, „das es geschafft hat, den stählernen Panzer der politischen Korrektheit zu brechen“.

Geplante Teilnahme am Ulrichsberg-Gedenken

Der „Bekenntnis-Schlesier“ (Eigenbezeichnung) Hösl-Daum, wurde 2006 in Polen wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“ verurteilt. Ende 2000 fungierte er zeitweilig als Bundesvorsitzender der „Schlesischen Jugend“. Hösl: „Wenn man sich umfassend für Deutschland, seine Kultur und Geschichte interessiert, dann gehören Schlesien, Ostpreußen oder Pommern einfach dazu.“ 2004 zog Hösl-Daum für die „Deutsche Soziale Union“ (DSU) in den Stadtrat von Görlitz ein. 2006 stand er der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ als Interviewpartner zur Verfügung. Im Jahr 2013 war Hösl-Daum Referent bei der neonazistischen österreichischen „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP).

Als nächste Aktivitäten der Kameraden um „Vergißmeinnicht“ sind am 2. Oktober eine Wanderung auf den Ulrichsberg bei Klagenfurt in Kärnten und anschließend eine Liederrunde am Gedenkreuz geplant. Abgerundet wird der Tag mit einer Rundfahrt über den Wörthersee. Am Sonntag wollen die deutschen Kameraden am traditionellen Ulrichsberg-Gedenken teilnehmen. Dort sind über Jahrzehnte hinweg unter anderem aus der Bundesrepublik die „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“ (OdR), die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS“ (HIAG), das „Kameradenwerk Korps Steiner“ sowie die 2018 verstorbene Nazi-Ikone Gudrun Burwitz, Tochter von Reichsführer-SS Heinrich Himmler und einst graue Eminenz der rechtsextremen „Stillen Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte“, aufmarschiert.

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