Hetze bei Pegida: Hört die Polizei nicht richtig hin?

Polizeibeamte im Freistaat Bayern haben offenbar Schwierigkeiten beim Erkennen rechter Hetze.

Freitag, 29. September 2017
Sebastian Lipp

Am 16. September marschierte der Kopf der Münchner Pegida in Augsburg mit der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ und fiel mit einer Referenz auf den NSU und krassen Äußerungen auf. (bnr.de berichtete) „Wenn Pegida drei Monate jeden Tag in Augsburg demonstriert, gibt es hier keinen linken Protest mehr“, drohte er beispielsweise. Politischen Gegnern wünschte er, vergewaltigt zu werden und legte mit offener Homophobie noch einen drauf: „Auch die Schwuchteln sollen Button tragen“, um sich für Vergewaltigungen zu kennzeichnen, hetzte Meyer.

Als „widerliche Hetze“ empfindet das der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion für die Bekämpfung des Rechtsextremismus, Christoph Rabenstein.  Der Landtagsabgeordnete war über den Bericht von bnr.de und ein Video bei YouTube auf den Fall gestoßen. Im Videomitschnitt des rechten Aufmarsches vor rund zwei Wochen bezeichnete der Münchner Pegida-Chef Heinz Meyer in seiner Rede Vergewaltigungen eines Teils der Bevölkerung öffentlich als „recht und billig“. „Der Tonus, den Meyer in seiner Rede angeschlagen hat, strotzte vor widerlichen Äußerungen gegen politische Gegner und Bevölkerungsgruppen wie beispielweise Homosexuelle“, erklärt Rabenstein. Nach Ansicht Meyers könnten die weiblichen „Bahnhofsklatscher“ Sexdienste in Asylantenheimen anbieten.

Rabenstein hatte daraufhin in einer Anfrage ans Plenum abgefragt, wie es strafrechtlich zu bewerten sei, wenn Vergewaltigungen öffentlich als „recht und billig“ bezeichnet werden, ob solche Äußerungen zuletzt bei bayerischen Pegida-Auftritten von Seiten der Polizei wahrgenommen, und wenn ja, strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden.

„Es kann nicht sein, dass solche Reden folgenlos bleiben“

In der Antwort des bayerischen Innenministers Joachim Hermann heißt es wörtlich: „Hinsichtlich polizeilicher Feststellungen zu entsprechenden Äußerungen wurden die Präsidien der Bayerischen Polizei abgefragt. Für das laufende Jahr 2017 (Abfragezeitraum 01.01.2017 - 24.09.2017) liegen keine polizeilichen Erkenntnisse im Sinne der Anfrage vor.“

Die Antwort ist in Rabensteins Augen alarmierend, denn diese Aussagen wurden von der Polizei offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, obwohl das Video im Internet kursiert und am Demonstrationstag ein Großaufgebot an Polizeikräften im Einsatz war. Rabenstein fordert: „Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass die Sicherheitsbehörden bei Pegida nicht mehr richtig hinhören. Es kann nicht sein, dass solche Reden nicht wahrgenommen werden und folgenlos bleiben.“

„Dachau, Buchenwald san zwoa Ortschaften“

Auch Freitag vor einer Woche zeigte sich die bayerische Polizei äußerst unsensibel bei der Wahrnehmung rechter Hetze. Nach dem Bericht eines AfD-Gegners soll ein Wahlkampfhelfer ihn und seine Begleiter am Rande eines Infostandes der rechtspopulistischen Partei in der Landshuter Altstadt verbal heftig angegangen haben: „Ihr linkes Pack, ich hau dich [gerichtet an das Mitglied unserer Gruppe] zusammen, bis das Blut aus den Ohren rauscht! Bald kommt ihr nach Dachau oder Buchenwald…(kurze Pause) das sind zwei schöne Orte für euch!“ Der anwesende AfD-Direktkandidat soll nicht reagiert haben.

Die AfD-Gegner riefen die Polizei, um eine Anzeige aufzugeben. Der Wahlkampfhelfer soll den später eintreffenden Beamten gegenüber die Aussage zugegeben haben. Die beiden Polizisten wollten allerdings einen Anfangsverdacht auf Bedrohung und Volksverhetzung nicht erkennen. „Dachau, Buchenwald san zwoa Ortschaften“, sagte einer der beiden. Tatsächlich ist Buchenwald ein Konzentrationslager und nur das.

Die Aussage des Polizisten ist auf einem Video dokumentiert, das im Internet kursiert. Auf eine entsprechende Anfrage will die Polizei erst in der nächsten Woche antworten.

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