Landtagswahl

Hessen-Wahl: AfD-Höhenflug im Westen

Der Zuspruch für die AfD hat in Hessen eine für ein West-Bundesland bisher nicht erreichte Größenordnung erreicht. Mit 18,4 Prozent und einem Zugewinn von 5,3 Prozent landete die Rechtsaußenpartei hinter dem Wahlsieger CDU auf dem zweiten Platz, was ihr 28 Sitze im Wiesbadener Landtag beschert.

Montag, 09. Oktober 2023
Horst Freires
Mit 18,4 Prozent wurde die AfD in Hessen zweitstärkste Kraft hinter der CDU.
Mit 18,4 Prozent wurde die AfD in Hessen zweitstärkste Kraft hinter der CDU.

Bei der Bundestagswahl 2021 kam die AfD noch auf 8,8 Prozent. Weder interne Querelen und daraus resultierende Abgänge aus der bisherigen Fraktion, die von ursprünglich 19 Mandatsträgern auf 14 zusammengeschrumpft war, noch wiederholt eindeutige Hinweise des Verfassungsschutzes über die rechtsextreme Ausrichtung großer Teile der AfD dämpften die Sympathie für die Partei.

Weidel zeigt sich euphorisch

Der Co-Landessprecher Andreas Lichert, der Neuen Rechten-Kaderschmiede „Institut für Staatspolitik“ entsprungen, verharmlost die Fraktionsabgänge als eine Trennung von „schwierigen Charakteren“. Bundessprecherin Alice Weidel sprach unterdessen am Wahlabend von einem Denkzettel für die „Ampel“-Regierung in Berlin und fügte euphorisch hinzu „Wir sind auf dem richtigen Weg!“

Der bisherige AfD-Fraktionschef und -Landesvorsitzende Robert Lambrou, der seine Partei in Endlosschleife als bürgerlich, konservativ und freiheitlich bezeichnet, bot sich dem bisherigen und künftigen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) für eine Zusammenarbeit an und verwies auf inhaltliche Schnittmengen.

AfD mobilisiert 46.000 Nichtwähler

Trotz leicht rückläufiger Wahlbeteiligung von 66 Prozent gelang es der AfD ihr Wählerpotenzial umfänglich auszuschöpfen. Das zeigt auch ein Blick auf die Wählerwanderungen, von denen man profitierte. So mobilisierte die AfD beachtliche 46.000 Nichtwähler, zog 29.000 Stimmen von der SPD zu sich herüber, „eroberte“ 24.000 FDP-Stimmen, 17.000 von der CDU, 14.000 von Die Linke sowie 9.000, die 2018 noch bei den Grünen gelandet waren.

Mittig auf dem Foto zu sehen ist Sascha Herr, der sich auf Listenplatz 27 wiederfindet und somit in den Landtag einzieht

 

Laut Forschungsgruppe Wahlen erzielte man unter den Berufsgruppen allein bei 27 Prozent der Arbeiter Zuspruch. Bei den Unter-30-Jährigen heimste man 17 Prozent ein und ließ dabei sogar eher untypisch die Grünen hinter sich. Sammelte man 21 Prozent an Männer-Stimmen, votierten nur 13 Prozent der Frauen für die AfD. Im neuen Landtag spiegelt sich dies auch beim Blick auf die Geschlechterfrage wider, denn von den 28 zu besetzenden Listenplätzen sind lediglich zwei Frauen vorgesehen.

In AfD-Hochburgen über 20 Prozent

Ein Blick auf die Ergebnisse der 55 Wahlkreise zeigt, dass die AfD In ihren Hochburgen sogar über 22 Prozent eingefahren hat. Das trifft auf die Wahlkreise Bergstraße I (22,1 Prozent), Fulda I (24,2), Hersfeld (24,7), Lahn-Dill I (26,9), Main-Kinzig III (25,5), Marburg-Biedenkopf I (22,2), Odenwald (22,2), Rotenburg (23,6), Schwalm-Eder II (26,2), Vogelsberg (23,9), Waldeck-Frankenberg II (22,7) und Wetterau II (27,2).
Einen Dämpfer erfuhr die mit der Covid-19-Pandemie aufgekommene, verschwörungsideologie-offene Partei Die Basis um Spitzenkandidat André Kruschke. Sie findet sich im Wahlergebnis mit gerade einmal 0,5 Prozent unter den in den TV-Grafiken als „Andere“ titulierten zusammengefassten Kleinstparteien wieder – das reicht nicht einmal für die Teilnahme an der staatlichen Parteienfinanzierung.             

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