„Heil Führer – Es lebe Russland“

„Der Russismus lehrt uns: Das 20. Jahrhundert statuierten zwei arische Helden. Das war zum einen der Zar Nikolaj II. – Held der Aufopferung, zum anderen Adolf Hitler – Held des Handelns. [...] Hitler trug das Hakenkreuz in das von Juden versklavte Russland“, verkündete Aleksej Širopajev im Propagandablatt seiner Völkischen Nationalen Partei (NNP) „Ich bin ein Russe“.1) Der Bandleader der namhaften Rockgruppe „Korrozija Metalla“, die nicht nur in der neonazistischen Sphäre ein exklusives Renommee genießt, Sergej Troickij führte vollen Enthusiasmus und seitens der Sicherheitsorgane absolut unbehindert das Lied „Heil Führer – Es lebe Russland“ auf.2)
In öffentlichen Debatten kehrt leitmotivisch das Argument wieder, Russland könne gar nicht faschistische Züge annehmen, weil es im Großen Vaterländischen Krieg den Faschismus bekämpft und Europa von dieser Geißel befreit habe. Doch während das Land jährlich am 9. Mai den Tag des Sieges über Nazideutschland mit beschwörendem Pomp begeht, hängt über dem Horizont schwerer denn je die Gewitterwolke des auf der nationalsozialistischen Ideologie fußenden rassistischen Hasses. Obwohl die Angehörigen rechtsextremistischer Bewegungen das „Heilige Datum“ - den 9. Mai 1945 – ebenfalls würdigen, zeigen sie sich äußerst unzufrieden mit der Ausgestaltung des extraordinären Gedenktages. Auf den lediglich auf die Unterhaltung der Massen ausgerichteten Volksfesten erinnere sich niemand wirklich an die Schrecken des Krieges, den hohen Preis des Sieges, die Gefallenen und als Invaliden heimgekehrten Soldaten. Stattdessen amüsieren sich die Russländer auf den stimmungsvollen Popkonzerten, bestaunen von Alkohol berauscht das kostspielige Feuerwerk und vergessen gleich am nächsten Morgen, worum es eigentlich ging, konstatiert der sich als Petr18 vorstellende siebzehnjährige Moskauer:
Die Kriegsveteranen bekommen 500 Rubel geschenkt, im Fernseher laufen einige Kriegsfilme, der Präsident erwähnt ein paar Worte über das multiethnische Volk der Russländischen Föderation und ruft zum Kampf gegen den russischen Faschismus auf. Doch wenn die wenigen noch lebenden Kriegsteilnehmer von uns gehen, die Russen sich um eine Million verkleinern und aufgrund mangelnder Bildung sich zu wurzellosen Ivanen entwickeln, der nächste jüdische Oligarch sich noch eine luxuriösere Villa kauft, werden die antirussischen Kräfte noch intensiver den Sieg der russischen Nation gegen die selbigen Russen einsetzen, mit der übertriebenen Erklärung, alle Völker der UdSSR hätten gekämpft und müssen deswegen geehrt werden..3)
Vertreter eines solchen Meinungsbildes erkennen zwar die Beteiligung des gesamten multiethnischen Sowjetvolks an der Verteidigung des Landes an, betonen jedoch die Tatsache, dass über 80 Prozent der Frontsoldaten Russen sowie die mit ihnen eng verwandten Ukrainer und Weißrussen ausmachten. Darüber hinaus weisen sie ungestüm darauf hin, dass genau diese „Völker der UdSSR“ nur einige Jahrzehnte später die damalige Solidarisierung der Nationalitäten vergaßen und dem russischen Ethnos einen unmissverständlichen Kampf in Form separatistischer Bestrebungen in Tschetschenien oder des direkten georgischen Militärangriffs auf Russland im August 2008 ansagten.4)
Die russischen Skinheads stehen ihrer eigenen Überzeugung nach den Veteranen des Großen Vaterländischen Kriegs wesentlich näher, als die antifaschistischen Internationalisten, welche die globalen russophoben Kräfte bei ihren arglistigen Versuchen, Russland vollends zu kolonisieren, unterstützen. Obgleich sich die Kahlköpfigen nicht immer angemessen, manchmal sogar recht rabiat verhalten – aber auch in den Krieg zogen nicht nur manierliche Intellektuelle –, halten sie sich strengst an die Maxime, bedingungslos für das Wohl ihres Volkes in jeder denkbaren Lebenslage einzustehen, erläutert das Mitglied der gegen die „illegalen Einwanderer“ vorgehenden ultrarechten DPNE Sergej Vasil'ev. Außerdem orientierten sich auch zahlreiche Kriegsteilnehmer an der neuen, nach der Oktoberrevolution 1917 proklamierten sozialistischen Ideologie, glaubten innig an die Erhabenheit Lenins und die Finsternis des Zarismus, was ihre an anderen Idealen haftenden Vorfahren verzweifeln ließ, ihre außergewöhnlichen Heldentaten jedoch nicht verdüsterte.5)
Wer als Deutscher in die Russländische Föderation reist, den irritiert die geradezu liebevolle Bewunderung, die auch viele neonazistischer Sympathien völlig unverdächtige Zeitgenossen für Uniformen, Abzeichen und Militärtechnik der Nationalsozialisten an den Tag legen. Ausgerechnet in dem Land, das Hitler-Deutschland in die Knie zwang, wissen die Menschen über die Wesensmerkmale des Nazi-Regime am schlechtesten Bescheid, attestiert der Historiker Daniil Mel'nikov, der die erste russischsprachige Biographie des deutschen Diktators mit dem Titel „Verbrecher Nummer eins“ verfasste. Denn sowohl für die Frontveteranen als auch für die heutige Feiertagsmythologie verkörpert der Sieg über den Faschismus vor allem die erfolgreiche Zerschlagung des äußeren Feindes, während die „innere“ Faschismusbekämpfung als Engagement gegen Fremdenhass, Unterdrückung und Rechtszynismus ausgespart bleibt.6)
Daran anknüpfend entwarfen die russischen Neonazisten ihr eigenes Bild des Großen Vaterländischen Kriegs: Die Vaterlandsverteidiger interessierten sich weniger für die ideologische Überzeugung des deutschen Aggressors, sondern hatten die Rettung ihrer Familien, ihrer Heimat und ihres Volkes im Visier. Das Faktum, dass Hitler gerade die UdSSR als zentralen Gegner erkor, demonstriere seine Hochachtung vor den Russen, die er als ebenbürtigen und ehrenwerten Kontrahenten ansah, behauptet die bekennende Verehrerin der nationalsozialistischen Weltanschauung Viktorija Vanjuškina und konkretisiert: „Es war ein Krieg der Titanen, den wir gewonnen haben.“7) Resümierend aus dem Reservoir der Geschichtsinterpretation postsowjetischer ultranationalistischer Strömungen lässt sich Folgendes bilanzieren: Der Große Vaterländische Krieg zielte auf die Befreiung des russischen Volkes, die Verteidigung des politischen Systems der Sowjetunion, der Kommunistischen Partei sowie Josef Stalins und die Erhaltung der russischen Kultur ab, was die physische Vernichtung des Feindes bedingte.
Da die bahnbrechenden Einfälle Adolf Hitlers durchaus legitime und auch für das zeitgenössische Russland signifikante Absichten – die „Endlösung“ der jüdischen Frage, Konsolidierung eines rassisch-reinen Staates, Formierung einer einheitlichen ethnischen Nation, massive Unterdrückung sämtlicher von nationalen Minderheiten ausgehender separatistischer Bestrebungen – implizieren, achten zahlreiche Angehörige der rechten Skinhead-Szene den deutschen Diktator.8) Eine omnipotente Vergötterung des „Ewigen Führers der Weißen Spezies“ bleibt allerdings aus, weil Hitler zwei schwerwiegende Fehler beging, die ihn letztlich zu seinem elenden Untergang führten – den Überfall auf die UdSSR und die Degradierung der Slawen zur niedersten Rasse.9)
Zusammenfassend ergibt sich ein relativ besorgniserregendes Resultat: In den programmatischen Aussagen unterscheiden sich die rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen Russlands inhaltlich nicht wesentlich voneinander, sondern nur hinsichtlich ihrer Radikalität. Allen gemeinsam lassen sich folgende Kernsequenzen konstatieren: Schaffung eines nationalen Einheitsstaats mit einer rein administrativen Aufteilung in den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion unter Vorherrschaft der Russen, Ablehnung der westlichen Demokratie und statt dessen Errichtung eines autoritären bis diktatorischen Regimes, Begrenzung bis Aufhebung der Privatisierung und in unterschiedlichem Maß staatliche Planung sowie administrative Lenkung der Wirtschaft, Förderung des militärisch-industriellen Komplexes, Aufbau einer starken Armee sowie die Wiederherstellung des Großmachtstatus.10) Die sich an diesem Ideenvorrat stark orientierenden rechten Skinheads präzisierten und optimierten die darin enthaltenen Sequenzen, um ihre xenophoben, oftmals rassistisch motivierten Handlungsweisen zu legitimieren mit der Hervorhebung der weißen Rasse, der Beschützung des monoethnischen russischen Staates vor fremdländischen Eindringlingen, der Forcierung schonungsloser Straßenkämpfe gegen unerwünschte Migranten und innere Feinde – Menschenrechtsaktivisten, Antifaschisten, Punks, Demokraten und Kommunisten.11)
Fußnoten:
1) Širopajev, Aleksej: Rusism. [Russismus], in: Ja – Russkij 9 / 1998, S. 7.
2) Fedulov, V.: Nacional-radikaly v sovremennoj Rossii. [Nationalradikale im modernen Russland]. Moskva, S. 28.
3) Petr18: Mitglied einer rechtsextremistischen Gruppierung in Moskau. Die in seinem Pseudonym enthaltene Zahl „18“ steht für den ersten und achten Buchstaben im deutschen Alphabet, was dechiffriert „Adolf Hitler“ heißt. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
4) Dmitrij Nesterov / Pseudonym: Mitglied der russischen rechtsextremen Szene und Autor des 2003 in Moskau publizierten Romans „Skiny. Rus' probuždajetsja“ [Skins. Rus' erwacht]. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
5) Sergej Vasil'ev: Mitglied der Organisation „Dvienije protiv nelegal'noj immigracii“ („Bewegung gegen die illegale Immigration“ /DPNI). Interview in Moskau am 3.05.2008.
6) Vgl. hierzu Mel'nikov, Daniil: Prestupnik Nr. 1. [Verbrecher Nr. 1]. Moskva 1991; Daniil Mel'nikov: Russländischer Historiker und Publizist. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
7) Viktorija Vanjuškina: „Faschismus-Theoretikerin“ und Ideologin rechtsextremer Bewegungen Russlands. Interview am 13.06.2008 in Moskau.
8) Vgl. hierzu Tarasov, Aleksandr: Poroždenije reform – brigotolovyje, oni že skinhedy. [Folgen der Reformen – Kahlköpfige, oder auch Skinheads], in: Svobodnaja mysl' 5 / 2000;
9) Petr18: Mitglied einer rechtsextremistischen Gruppierung in Moskau. Die in seinem Pseudonym enthaltene Zahl „18“ steht für den ersten und achten Buchstaben im deutschen Alphabet, was dechiffriert „Adolf Hitler“ heißt. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
10) Vgl. hierzu Parland, Thomas: The Extreme Nationalist Threat in Russia. The Growing Influence of Western Rightist Ideas. London 2005; Šnirel'man, V.: O?erki sovremennogo rasizma. [Abhandlungen über modernen Rassismus]. Petrozavodsk 2006.
11) Sokolov, Michail: Teatr prevraš?enij. Analiz transformacii russkogo radikal'no nacionalisti?eskogo dviženija. [Verwandlungstheater. Analyse der Transformation der russischen radikal-nationalistischen Bewegung], in: Vasil'eva, S. / Hrsg.: Aktual'nye problemy transformacii social'nogo prostranstva. [Aktuelle Probleme der Transformation der sozialen Sphäre]. St. Petersburg 2003, S. 295 ff.
In öffentlichen Debatten kehrt leitmotivisch das Argument wieder, Russland könne gar nicht faschistische Züge annehmen, weil es im Großen Vaterländischen Krieg den Faschismus bekämpft und Europa von dieser Geißel befreit habe. Doch während das Land jährlich am 9. Mai den Tag des Sieges über Nazideutschland mit beschwörendem Pomp begeht, hängt über dem Horizont schwerer denn je die Gewitterwolke des auf der nationalsozialistischen Ideologie fußenden rassistischen Hasses. Obwohl die Angehörigen rechtsextremistischer Bewegungen das „Heilige Datum“ - den 9. Mai 1945 – ebenfalls würdigen, zeigen sie sich äußerst unzufrieden mit der Ausgestaltung des extraordinären Gedenktages. Auf den lediglich auf die Unterhaltung der Massen ausgerichteten Volksfesten erinnere sich niemand wirklich an die Schrecken des Krieges, den hohen Preis des Sieges, die Gefallenen und als Invaliden heimgekehrten Soldaten. Stattdessen amüsieren sich die Russländer auf den stimmungsvollen Popkonzerten, bestaunen von Alkohol berauscht das kostspielige Feuerwerk und vergessen gleich am nächsten Morgen, worum es eigentlich ging, konstatiert der sich als Petr18 vorstellende siebzehnjährige Moskauer:
Die Kriegsveteranen bekommen 500 Rubel geschenkt, im Fernseher laufen einige Kriegsfilme, der Präsident erwähnt ein paar Worte über das multiethnische Volk der Russländischen Föderation und ruft zum Kampf gegen den russischen Faschismus auf. Doch wenn die wenigen noch lebenden Kriegsteilnehmer von uns gehen, die Russen sich um eine Million verkleinern und aufgrund mangelnder Bildung sich zu wurzellosen Ivanen entwickeln, der nächste jüdische Oligarch sich noch eine luxuriösere Villa kauft, werden die antirussischen Kräfte noch intensiver den Sieg der russischen Nation gegen die selbigen Russen einsetzen, mit der übertriebenen Erklärung, alle Völker der UdSSR hätten gekämpft und müssen deswegen geehrt werden..3)
Vertreter eines solchen Meinungsbildes erkennen zwar die Beteiligung des gesamten multiethnischen Sowjetvolks an der Verteidigung des Landes an, betonen jedoch die Tatsache, dass über 80 Prozent der Frontsoldaten Russen sowie die mit ihnen eng verwandten Ukrainer und Weißrussen ausmachten. Darüber hinaus weisen sie ungestüm darauf hin, dass genau diese „Völker der UdSSR“ nur einige Jahrzehnte später die damalige Solidarisierung der Nationalitäten vergaßen und dem russischen Ethnos einen unmissverständlichen Kampf in Form separatistischer Bestrebungen in Tschetschenien oder des direkten georgischen Militärangriffs auf Russland im August 2008 ansagten.4)
Die russischen Skinheads stehen ihrer eigenen Überzeugung nach den Veteranen des Großen Vaterländischen Kriegs wesentlich näher, als die antifaschistischen Internationalisten, welche die globalen russophoben Kräfte bei ihren arglistigen Versuchen, Russland vollends zu kolonisieren, unterstützen. Obgleich sich die Kahlköpfigen nicht immer angemessen, manchmal sogar recht rabiat verhalten – aber auch in den Krieg zogen nicht nur manierliche Intellektuelle –, halten sie sich strengst an die Maxime, bedingungslos für das Wohl ihres Volkes in jeder denkbaren Lebenslage einzustehen, erläutert das Mitglied der gegen die „illegalen Einwanderer“ vorgehenden ultrarechten DPNE Sergej Vasil'ev. Außerdem orientierten sich auch zahlreiche Kriegsteilnehmer an der neuen, nach der Oktoberrevolution 1917 proklamierten sozialistischen Ideologie, glaubten innig an die Erhabenheit Lenins und die Finsternis des Zarismus, was ihre an anderen Idealen haftenden Vorfahren verzweifeln ließ, ihre außergewöhnlichen Heldentaten jedoch nicht verdüsterte.5)
Wer als Deutscher in die Russländische Föderation reist, den irritiert die geradezu liebevolle Bewunderung, die auch viele neonazistischer Sympathien völlig unverdächtige Zeitgenossen für Uniformen, Abzeichen und Militärtechnik der Nationalsozialisten an den Tag legen. Ausgerechnet in dem Land, das Hitler-Deutschland in die Knie zwang, wissen die Menschen über die Wesensmerkmale des Nazi-Regime am schlechtesten Bescheid, attestiert der Historiker Daniil Mel'nikov, der die erste russischsprachige Biographie des deutschen Diktators mit dem Titel „Verbrecher Nummer eins“ verfasste. Denn sowohl für die Frontveteranen als auch für die heutige Feiertagsmythologie verkörpert der Sieg über den Faschismus vor allem die erfolgreiche Zerschlagung des äußeren Feindes, während die „innere“ Faschismusbekämpfung als Engagement gegen Fremdenhass, Unterdrückung und Rechtszynismus ausgespart bleibt.6)
Daran anknüpfend entwarfen die russischen Neonazisten ihr eigenes Bild des Großen Vaterländischen Kriegs: Die Vaterlandsverteidiger interessierten sich weniger für die ideologische Überzeugung des deutschen Aggressors, sondern hatten die Rettung ihrer Familien, ihrer Heimat und ihres Volkes im Visier. Das Faktum, dass Hitler gerade die UdSSR als zentralen Gegner erkor, demonstriere seine Hochachtung vor den Russen, die er als ebenbürtigen und ehrenwerten Kontrahenten ansah, behauptet die bekennende Verehrerin der nationalsozialistischen Weltanschauung Viktorija Vanjuškina und konkretisiert: „Es war ein Krieg der Titanen, den wir gewonnen haben.“7) Resümierend aus dem Reservoir der Geschichtsinterpretation postsowjetischer ultranationalistischer Strömungen lässt sich Folgendes bilanzieren: Der Große Vaterländische Krieg zielte auf die Befreiung des russischen Volkes, die Verteidigung des politischen Systems der Sowjetunion, der Kommunistischen Partei sowie Josef Stalins und die Erhaltung der russischen Kultur ab, was die physische Vernichtung des Feindes bedingte.
Da die bahnbrechenden Einfälle Adolf Hitlers durchaus legitime und auch für das zeitgenössische Russland signifikante Absichten – die „Endlösung“ der jüdischen Frage, Konsolidierung eines rassisch-reinen Staates, Formierung einer einheitlichen ethnischen Nation, massive Unterdrückung sämtlicher von nationalen Minderheiten ausgehender separatistischer Bestrebungen – implizieren, achten zahlreiche Angehörige der rechten Skinhead-Szene den deutschen Diktator.8) Eine omnipotente Vergötterung des „Ewigen Führers der Weißen Spezies“ bleibt allerdings aus, weil Hitler zwei schwerwiegende Fehler beging, die ihn letztlich zu seinem elenden Untergang führten – den Überfall auf die UdSSR und die Degradierung der Slawen zur niedersten Rasse.9)
Zusammenfassend ergibt sich ein relativ besorgniserregendes Resultat: In den programmatischen Aussagen unterscheiden sich die rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen Russlands inhaltlich nicht wesentlich voneinander, sondern nur hinsichtlich ihrer Radikalität. Allen gemeinsam lassen sich folgende Kernsequenzen konstatieren: Schaffung eines nationalen Einheitsstaats mit einer rein administrativen Aufteilung in den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion unter Vorherrschaft der Russen, Ablehnung der westlichen Demokratie und statt dessen Errichtung eines autoritären bis diktatorischen Regimes, Begrenzung bis Aufhebung der Privatisierung und in unterschiedlichem Maß staatliche Planung sowie administrative Lenkung der Wirtschaft, Förderung des militärisch-industriellen Komplexes, Aufbau einer starken Armee sowie die Wiederherstellung des Großmachtstatus.10) Die sich an diesem Ideenvorrat stark orientierenden rechten Skinheads präzisierten und optimierten die darin enthaltenen Sequenzen, um ihre xenophoben, oftmals rassistisch motivierten Handlungsweisen zu legitimieren mit der Hervorhebung der weißen Rasse, der Beschützung des monoethnischen russischen Staates vor fremdländischen Eindringlingen, der Forcierung schonungsloser Straßenkämpfe gegen unerwünschte Migranten und innere Feinde – Menschenrechtsaktivisten, Antifaschisten, Punks, Demokraten und Kommunisten.11)
Fußnoten:
1) Širopajev, Aleksej: Rusism. [Russismus], in: Ja – Russkij 9 / 1998, S. 7.
2) Fedulov, V.: Nacional-radikaly v sovremennoj Rossii. [Nationalradikale im modernen Russland]. Moskva, S. 28.
3) Petr18: Mitglied einer rechtsextremistischen Gruppierung in Moskau. Die in seinem Pseudonym enthaltene Zahl „18“ steht für den ersten und achten Buchstaben im deutschen Alphabet, was dechiffriert „Adolf Hitler“ heißt. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
4) Dmitrij Nesterov / Pseudonym: Mitglied der russischen rechtsextremen Szene und Autor des 2003 in Moskau publizierten Romans „Skiny. Rus' probuždajetsja“ [Skins. Rus' erwacht]. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
5) Sergej Vasil'ev: Mitglied der Organisation „Dvienije protiv nelegal'noj immigracii“ („Bewegung gegen die illegale Immigration“ /DPNI). Interview in Moskau am 3.05.2008.
6) Vgl. hierzu Mel'nikov, Daniil: Prestupnik Nr. 1. [Verbrecher Nr. 1]. Moskva 1991; Daniil Mel'nikov: Russländischer Historiker und Publizist. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
7) Viktorija Vanjuškina: „Faschismus-Theoretikerin“ und Ideologin rechtsextremer Bewegungen Russlands. Interview am 13.06.2008 in Moskau.
8) Vgl. hierzu Tarasov, Aleksandr: Poroždenije reform – brigotolovyje, oni že skinhedy. [Folgen der Reformen – Kahlköpfige, oder auch Skinheads], in: Svobodnaja mysl' 5 / 2000;
9) Petr18: Mitglied einer rechtsextremistischen Gruppierung in Moskau. Die in seinem Pseudonym enthaltene Zahl „18“ steht für den ersten und achten Buchstaben im deutschen Alphabet, was dechiffriert „Adolf Hitler“ heißt. Interview am 7.06.2008 in Moskau.
10) Vgl. hierzu Parland, Thomas: The Extreme Nationalist Threat in Russia. The Growing Influence of Western Rightist Ideas. London 2005; Šnirel'man, V.: O?erki sovremennogo rasizma. [Abhandlungen über modernen Rassismus]. Petrozavodsk 2006.
11) Sokolov, Michail: Teatr prevraš?enij. Analiz transformacii russkogo radikal'no nacionalisti?eskogo dviženija. [Verwandlungstheater. Analyse der Transformation der russischen radikal-nationalistischen Bewegung], in: Vasil'eva, S. / Hrsg.: Aktual'nye problemy transformacii social'nogo prostranstva. [Aktuelle Probleme der Transformation der sozialen Sphäre]. St. Petersburg 2003, S. 295 ff.