Hausdurchsuchung bei AfD-Waffenfan

Der Unternehmer Philip Steinbeck gilt seit Jahren als ebenso dubioser wie einflussreicher rechtsextremer Drahtzieher. Die Kontakte des mecklenburgischen AfD-Politikers reichen bis weit zurück ins Neonazi-Spektrum. Jetzt kam es zu Hausdurchsuchungen bei Steinbeck, mehrere scharfe Waffen seien gefunden worden.

Donnerstag, 07. August 2025
Andrea Röpke
Philip Steinbeck (blaues Hemd) auf einer Demonstration der AfD, organisiert vom Rechtsaußen-Spektrum der Partei
Philip Steinbeck (blaues Hemd) auf einer Demonstration der AfD, organisiert vom Rechtsaußen-Spektrum der Partei

Ein altes Foto zeigt ihn im grauen Anzug mit blauer Krawatte stolz in der Wüste stehend, umrahmt von muslimischen Männern mit Turban und einem Dolmetscher. Auf einem weiteren Foto kniet Philip Steinbeck dann in karger Landschaft und schießt mit einem Schnellfeuergewehr. 

Steinbecks Faible für Waffen scheint ihm jetzt zum Verhängnis geworden zu sein. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei stellte am Mittwoch bei dem AfD-Politiker im Schloss Jessenitz bei Lübtheen scharfe Schusswaffen und größere Mengen Sprengstoff sicher. Hintergrund seien Ermittlungen wegen möglicher Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz, heißt es seitens des Polizeipräsidiums Rostock. Ein Haftbefehl gegen den verdächtigen Kreistagsabgeordneten der AfD wurde nicht beantragt. 

Kontakte ins Hamburger NPD-Spektrum

Der 1964 geborene Unternehmer mit Neonazi-Hintergrund besaß legal in Hamburg zugelassene Waffen, ein Gewehr von Manu Arm und einen Karabiner. Im April 2025 rief er wegen eines angeblichen Einbruchs die Polizei, die fand jedoch nur ihn mit einer Pistole bewaffnet vor. Steinbeck stammt aus dem norddeutschen Neonazi-Milieu um den Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger und Kameradschaftsaktivist Thomas „Steiner“ Wulff. Nach dem Abbruch seines Jurastudiums arbeitete Steinbeck Anfang der 1990er Jahre in der Fraktion der extrem rechten Deutschen Liga für Volk und Heimat im Kieler Landtag. Die Burschenschaft Hansea-Alemannia in Hamburg führte ihn in ihren Listen. Er hatte Kontakt zu Neonazi Christian Worch und zeigte Interesse an der DVU. 

Mit dem Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern änderte sich auch Philip Steinbecks Auftreten. Nach dem Kauf der Schlossruine Bernstorff trat der Export-Kaufmann selbstbewusst vor die Kameras und wies Medien gegenüber darauf hin, weitere Schlösser in Mecklenburg zu besitzen. Entsprechend dem neuen Image gefiel es ihm wenig, als er 2007 vor dem Haus von Neonazi Jürgen Rieger bei einer NPD-Kundgebung von Fotografen abgelichtet wurde. Steinbeck verschwand eilig in das Haus seines Freundes in Blankenese. Eigenen Angaben zufolge handelte er u.a. mit ausgemusterten Tankstellensäulen nach Russland, hatte mehrere Firmen gegründet. Als er 2005 gegenüber dem NDR bestätigen musste, dass sein Freund und Kamerad Thomas „Steiner“ Wulff als Lastwagenfahrer bei ihm beschäftigt war, wurde der entlassen. Anteile an einer Bauberatungsfirma verkaufte Philip Steinbeck an Udo Pastörs, den späteren NPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. An seinem neuen Wohnort Lübtheen gehörte Steinbeck zu den Gründungsmitgliedern der Bürgerinitiative „Braunkohle Nein“, in deren Reihen jahrelang NPD-Kader wie Udo Pastörs mitmischten. 

Politische Herrenrunden im Schloss 

Die Freundschaft zu Pastörs hielt wohl, solange die NPD im Landtag vertreten war. Nach der Gründung der AfD 2013 wandte sich Steinbeck gemeinsam mit dem dubiosen ehemaligen NPDler und Hamburger Geschäftsmann Björn E. Neumann der neuen Partei zu. Beide stehen 2016 stolz auf dem Portal vor Schloss Jessenitz zwischen lokalen AfD-Politikern und dem damaligen Bundesvorsitzenden Alexander Gauland als Hauptgast. Bei dem dreistündigen Treffen in feudalem Ambiente habe es sich um einen „Charityabend mit Leistungsträgern und Unterstützern der AfD“ gehandelt, ließ Teilnehmer Thomas de Jesus Fernandes die Medien später wissen. Fernandes ist heute stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag.

2023 richtete der Kreisverband der AfD Südwestmecklenburg seinen Neujahrsempfang im Schloss von Steinbeck aus. Der Bundestagsabgeordnete Enrico Komning bedankte sich bei den Gastgebern, den Eheleuten Steinbeck „für die Gastfreundlichkeit und die Anrichtung des hervorragenden Buffets“. Steinbecks politische Vergangenheit und sein Interesse an Waffen waren kein Geheimnis und doch hinterließ auch AfD-Landeschef Leif-Erik Holm eine Grußbotschaft. Steinbeck soll sich Insiderberichten zufolge anfangs dem früheren AfD-Widerständler Dennis Augustin, der 2019 aus der Partei ausgeschlossen wurde, zugewandt haben. Doch schnell brachen die beiden Männer miteinander und Augustin ließ keine Möglichkeit aus, seinen früheren Weggefährten verbal zu attackieren.

Augustin, der ebenfalls aus der traditionellen Neonazi-Szene stammt, hatte 2020 die mittlerweile aufgelöste Fraktion „Heimat und Identität“ gegründet, er nahm den früheren NPD-Landtagsabgeordneten Stefan Köster (NPD/Heimat) in die Fraktion auf. Mitarbeiterin der AfD-Fraktion im Kreistag war Philip Steinbecks Ehefrau, die aus Russland stammt und sich lange als begeisterter Putin-Fan bei Facebook präsentierte. 

Razzia und Waffenfunde gestern spielte Steinbeck laut NDR herunter, es handele sich nicht um Kriegswaffen. Nach NDR Informationen haben die Ermittler allerdings auch Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg sichergestellt. Der AfD-Landesverband sei wegen der Causa Steinbeck „“höchst alarmiert“.

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